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Peter Schilling im Interview: "Mit 'Major Tom' habe ich den perfekten Song"


Peter Schilling über Burnout
So hat sich der "Major Tom"-Star zurückgekämpft

Von Sebastian Berning

13.01.2021Lesedauer: 7 Min.
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Peter Schilling: 1989 erlitt der "Major Tom"-Star einen Burnout – heute blickt er darauf sogar positiv zurück.Vergrößern des Bildes
Peter Schilling: 1989 erlitt der "Major Tom"-Star einen Burnout – heute blickt er darauf sogar positiv zurück. (Quelle: imago/Future Image)

Peter Schilling war noch nie "völlig losgelöst" von der Musik. Der Sänger meldet sich nun zurück. Mit t-online spricht er über "Major Tom", alte NDW-Hits, neue Musik und seinen 65. Geburtstag.

"Völlig losgelöst von der Erde", da bekommt jeder sofort einen Ohrwurm. Peter Schilling hat den Welthit "Major Tom" 1983 veröffentlicht. 2021 kommt nach einigen Jahren Albumpause eine neue LP, "Vis Visa". Darauf schlägt er sogar den Bogen in die 80er und widmet sich erneut dem Klassiker "Die Wüste lebt".

Im Interview mit t-online schlägt der NDW-Star auch einen Bogen von heute in die Vergangenheit. Am 28. Januar wird Peter Schilling 65 Jahre alt. Zeit für einen Blick nach vorne und nach hinten.

t-online: Der Albumopener heißt "Willkommen in der Zukunft". Wie blicken Sie in die Zukunft?

Peter Schilling: Tatsächlich blicke ich recht positiv in die Zukunft. Wenn mir jemand vor 45 Jahren gesagt hätte, dass ich 2021 noch ein neues Album veröffentlichen würde, dann hätte ich das erst einmal nicht geglaubt. Das ist schon nicht schlecht.

Trotzdem heißt es in einer Zeile "Ich höre von früher die Musik". War denn früher wirklich alles besser? Zumindest was die Musik angeht?

Nicht unbedingt. Jede Zeit hat ihre Vor- und Nachteile. Damals war nicht alles gut und heute ist nicht alles schlecht. Es gibt immer tolle Songs. Die 80er etwa waren eine unheimlich prägende Zeit – auch technisch. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen: Damals haben Sie ein Keyboard gekauft, eine Taste gedrückt und sind in eine völlig neue Klangwelt hinein "gefallen". Das waren Sounds, die man vorher gar nicht kannte. Das war schon sehr aufregend.

Ehrt es Sie, wenn man heute sagt, dass ein Hit wie "Major Tom" den Klang eines Jahrzehnts geprägt hat?

Alleine geprägt habe ich diese Zeit nicht, nein, aber ich würde sagen, dass ich sie mitgeprägt habe. Und das sogar weltweit. Ich erinnere mich an einen Besuch bei einem Radiosender in Texas 1984. Da waren verschiedene Künstler vor Ort, um Interviews zu geben. Einer von ihnen war Andy Summers von The Police, die ich sehr verehre. Und er erkannte mich und fragte mich nach meinem Gitarrensound. Das habe ich ihm erklärt. Das war Andy Summers von The Police! Und der wollte von mir etwas wissen! Nicht umgekehrt. Das hat mich umgehauen.

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Und heute sind Sie Co-Autor für einen Song auf dem aktuellen Album von Ava Max. So kann es gehen. Verfolgen Sie die Charts und aktuellen Musikströmungen heute noch intensiv?

Ich bin immer an Musik interessiert. Deswegen habe ich meine Karriere begonnen und das hat sich bis heute nicht geändert. "Blinding Lights" von The Weeknd etwa, das ist ein für mich ein zukünftiger Klassiker. Oder eben "Sweet but Psycho" von Ava Max. Den Song fand ich schon gut, bevor ich überhaupt ahnte, dass es mit ihr und ihrem Produzententeam einmal eine Kooperation geben könnte. Musik ist generationsübergreifend.

Ihr neues Album klingt modern, ohne jetzt irgendeinem Trend hinterherzurennen. Muss man als Musiker denn trotzdem immer auf der Höhe der Zeit bleiben? Sie könnten ja auch wie AC/DC 40 Jahre lang das Gleiche machen…

Ich habe großen Respekt vor AC/DC – auch wenn die noch 100 Jahre gleich klingen. Was sie aber haben, sind tolle Songs. Und darauf kommt es halt immer an. Ich finde nicht, dass man als Musiker immer auf der "Höhe der Zeit" bleiben muss. Mir persönlich bereitet Musik, auch aktuelle Musik, einfach Spaß.

Heute wird Musik durch Streaming ganz anders konsumiert als zu der Zeit, in der Sie durchstarteten. Finden Sie es schade, dass Musik heute "verramscht" wird?

Das ist leider die andere Seite der Medaille. Als ich in den späten 60ern meine erste Schallplatte gekauft habe, "Salisbury" von Uriah Heep, habe ich sie ausgepackt und das war ein Heiligtum. Das war ein völlig anderes Musikerlebnis als heute. Aber gute Songs werden sich immer durchsetzen. Die Jugendlichen von heute werden auch irgendwann auf ihre Klassiker zurückblicken.

Glauben Sie, dass der physische Tonträger irgendwann wieder sein großes Comeback feiern wird oder bleibt die Masse digital?

Das ist eine Frage der eigenen Leidenschaft und Vorlieben. Für mich sind Downloadportale vergleichbar mit einer Imbissbude, wo ich schnell etwas höre, wenn ich darauf Lust habe. Wenn ich mir eine Platte kaufe, dann ist es eher das Filet und ein ganz anderer Genuss.

Wie blicken Sie da der Veröffentlichung und einer Chartposition entgegen?

Ich bin froh, wenn ich meinen Fans einen neuen alten Peter Schilling zeigen kann. Ich habe den Luxus, dass ich mich nicht mehr nach einem Trend richten muss. Das ist heute ein großes Gut. Charts… nun, wenn man nicht auf Platz eins, zwei oder drei ist, nehmen es viele doch leider gar nicht mehr wahr. Ich selbst höre oft auf nach Platz 15 oder 20 zu gucken. So schade es ist, aber das ist meine Wahrnehmung. Ich bin aber froh, dass ich diese ganze Entwicklung mitverfolgen konnte.

Noch mal zur Musik von früher: Ihren alten Hit "Die Wüste lebt" haben Sie auf der neuen Platte erneut aufgenommen. Wieso gerade diesen Song?

Der Text wurde im Laufe der Zeit von der Realität eingeholt. Damals war ich damit vielleicht etwas zu früh dran. Der Song war damals auf Platz sieben der Charts und war ein schöner Erfolg. Aber das Thema dieses alten Liedes ist heute mehr als aktuell und dem wollte ich Rechnung tragen.

Gab es Überlegungen, auch "Major Tom" ein Makeover zu gönnen?

Nein, ich als Peter Schilling werde wohl keine neue "Major Tom (völlig losgelöst)"-Version aufnehmen. Man soll nie nie sagen, aber es ist nicht geplant. Das DJ-Team Hyperclap hat sich dem Song jedoch gerade aktuell mit einem Remake gewidmet. Das Original ist so einzigartig, dass man es nicht reproduzieren kann. Bei "Fehler im System" könnte das jedoch passieren.

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Ist denn so ein Welthit, den noch heute jeder mitsummen kann, eher Fluch oder Segen?

Segen! Jeder Autor, jeder Künstler will den perfekten Song. Und ich habe den perfekten Song. Es gibt im Übrigen schlimmeres als so einen Hit zu haben. (lacht)

Hat sich Ihre Wahrnehmung über die Jahre verändert? Gab es auch Phasen, in denen Sie den Song nicht gerne gespielt haben?

Wenn ich bei einem Konzert "Major Tom" nicht spielen würde, dann wäre was los. (lacht) Ich liebe diesen Song. Ich kann auf mein Repertoire schauen und bin im Großen und Ganzen sehr zufrieden.

"Major Tom" ist einer der großen deutschen Songs der 80er Jahre, neben "99 Luftballons" oder "Ich will Spaß". Wenn ich Ihnen jetzt das Stichwort NDW nenne, was geht Ihnen da durch den Kopf?

Ich habe da meine Befindlichkeiten mit diesen drei Buchstaben. "99 Luftballons" oder "Amadeus" von Falco wären auch ohne irgendeine Welle Hits geworden. Die sind qualitativ zu gut. Das waren auch internationale Erfolge.

So in den 90ern kam Ihre Karriere aber ins Stocken. Was machte das mit Ihnen?

Wenn man sich die Vitae der großen Künstler anschaut, dann ist da keiner dabei, bei dem es immer nur nach oben ging. 40 Jahre dauerhaft produktiv zu sein, das geht nicht. Es musste aus meiner Sicht schöpferische Pausen geben, in denen ich mich anderen Projekten widmen konnte, wie zum Beispiel jüngst der Kinderbuch- und Hörspielreihe "Der kleine Major Tom".

Wenn man die Chartplatzierungen von anderen bekannten deutschen Sängern betrachtet, dann waren die 90er da gnädiger mit denen und sie konnten an alte Erfolge anknüpfen. Hat Sie das irgendwie wehmütig gemacht, dass es bei denen damals weiterhin gut lief und bei Ihnen nicht?

Man muss zumindest einmal auf das Level der 80er kommen. (lacht) Jeder Künstler hat seinen eigenen musikalischen Fingerabdruck, ich kann nur über meine beruflichen Höhen und Tiefen sprechen. Und jeder Künstler hat seine Talsohlen zu durchschreiten, das ist meine Sicht der Dinge. 1989 gelang mir mit Michael Cretu als Produzent noch ein Welthit mit "The Different Story". Da ich eine nationale wie internationale Karriere hatte und ich zeitweise gewissermaßen mehr im Flugzeug als auf dem Boden unterwegs war, war es schwierig parallel dazu noch neue Musik zu erschaffen. Dieser Spagat war in der Nachbetrachtung möglicherweise zu viel.

Das führte sogar zu einem Burnout bei Ihnen…

Genau. Es wurde Ende der 80er einfach zu viel. In kreativen Tälern bilden sich hingegen Künstler. Es ist wichtig, dass man sich aus so einem Loch wieder rausholt. Dass ich das geschafft habe, macht mich stolz. Daraus habe ich viel gezogen. Ich bin in einem Alter, in dem man auch mal Zwischenbilanz ziehen kann, und ich denke, dass ich nicht alles falsch gemacht habe, was nach dem Burnout folgte.

Und irgendwann wurden auch die Hallen wieder voller. Vom Burnout zum Comeback – klopft man sich da in einer ruhigen Minute auch mal selbst auf die Schulter?

Nein, ich bin kein Schulterklopfer. (lacht) Mich macht die Tatsache stolz, dass ich das überwunden habe. Niemand konnte mir jemals die Freude an der Musik nehmen, aber ich habe wieder so viel Freude daran, wie am Anfang.

Sie werden 65 Jahre alt. Jetzt haben Sie schon das Stichwort "Zwischenbilanz" gegeben. Wie fällt Ihre aus?

Der berühmte Astrophysiker Harald Lesch hat mal gesagt, dass man sich in der Physik empor irren würde. So würde ich es für mich in Anspruch nehmen. Ich habe viel probiert, ich habe auch Fehler gemacht. Aber es ging weiter und ich habe mich empor geirrt. Jetzt stehe ich an einem Punkt in meinem Leben, wo ich sage, dass ich für mich und mein Leben weiß, wie es funktioniert.

Sie hatten einst die Wahl zwischen dem Fußball und der Musik. Könnten Sie heute auch so zufrieden sein, wären Sie damals Fußballer geworden?

Die Fußballkarriere wäre mit 35 vorbei gewesen, jetzt kann ich mit 65 noch ein neues Album veröffentlichen. Als Sportler gibt es eine physische Grenze, als Künstler gibt es die nur im eigenen Kopf. Neben der Musik bin ich wahnsinnig an Naturwissenschaften interessiert und das war immer ein großer Quell an Inspiration für mich. Leider wurden mir in der Schule Mathematik und Physik völlig falsch nähergebracht. Das Interesse kam erst später.

Es sind neue Corona-Regeln in Kraft getreten. Wie werden Sie Ihren Geburtstag feiern?

Nun, feiern kann man aktuell nicht wirklich. Wir leben in sehr schwierigen Zeiten. Mir ist da auch gar nicht groß nach einer Geburtstagsfeier zumute. Ich werde an dem Tag demütig auf mein Leben zurückschauen und zünde mir innerlich eine Kerze an. Da wird aber nicht viel passieren außer ein paar Glückwünschen.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Gespräch mit Peter Schilling
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