Electro-Ikone Schiller im Interview: "Das Leben bietet keine B-Probe"

Um Inspiration für seine Musik zu finden, begibt sich Electro-Ikone Schiller gerne auf Reisen. Aktuell ist das nicht möglich. Wie der Klangkünstler in Zeiten von Corona kreativ und offen bleibt, verrät er im t-online-Interview.

Mit seinem zurückhaltenden Electro-Sound konnte Christopher von Deylen, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Schiller, Millionen Alben verkaufen. Doch statt in vollen Konzerthallen oder bei bestem Wetter bei Open Airs aufzutreten, musste auch der Musiker 2020 etwas kürzer treten.

"Keine Blaupause für das, was wir gerade erleben"

"2020 war schon eine echte Stilübung in Sachen Flexibilität und Fantasie", resümiert der Musiker, der mit "Summer in Berlin" gerade ein neues Album veröffentlicht hat. "Auch wenn ich glücklicherweise ein extrem abwechslungsreiches Leben führen darf, so gibt es doch gewisse Prozesse, die man trotz ihrer Komplexität als Routine bezeichnen kann. Das ist nun alles durcheinandergewirbelt worden. Man kann das natürlich frustrierend finden. Man kann aber auch Chancen darin entdecken. Das versuche ich Tag für Tag. Das ist natürlich eine Suche im Unbekannten, denn es gibt ja keine Blaupause für das, was wir gerade erleben."

"Der Situation mit Gelassenheit begegnen"

Von Deylen ist dafür bekannt, dass er auf Reisen neue Eindrücke sammelt und dabei auch die Konzepte seiner Alben reifen lässt. Nach Sibirien möchte er gerne reisen, wenn es wieder sicher ist. Auch über die Prä-Corona-Probleme würde sich der Musiker zu freuen wissen.

Doch auch als Musiker, der nicht auftreten kann, leidet er etwas. Dennoch ist seine Sicht auf die Corona-Pandemie ungewöhnlich relaxt. "Natürlich haben wir uns das nicht ausgesucht, und man muss immer wieder die Nerven behalten. Solange wir noch mittendrin sind, lässt sich schwer orakeln, wie denn das Leben ohne Pandemie verlaufen wäre. Ich versuche, der Situation mit Gelassenheit zu begegnen."

Gelassenheit statt Panik? Für ihn offensichtlich ein vielversprechendes Konzept in der aktuellen Zeit. Schiller: "Alles andere bringt nichts, und man klaut sich selber kostbare Zeit und Energie. Das Leben bietet uns ja keine B-Probe an. Also versuche ich, mich mit den Dingen zu arrangieren. Natürlich ist das Wichtigste die Gesundheit. Sowohl die eigene als auch die meiner Mitmenschen. Dafür tue ich auf jeden Fall alles, was möglich ist"

Trotzdem nutzte der gebürtige Hamburger den Lockdown und nahm mit "Summer in Berlin" ein neues Album auf. Doch wie stellt er sich den Sommer in der Hauptstadt (oder anderswo) in Zeiten von Corona überhaupt vor?

Für ihn ist der sonnige Augustabend eh noch weit entfernt, wie er preisgibt. "Das ist ja noch eine ganze Weile hin. Ich versuche eigentlich immer, sehr spontan auf Situationen zu reagieren. Ein wenig Sonne wäre sicherlich hilfreich, um wieder mehr Zeit unter freiem Himmel verbringen zu können." Und dann vielleicht auch bald wieder auf Open Airs mit Musik die Seele baumeln zu lassen.