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"Layla" und das Verbot von Ballermann-Hits: In der moralischen Zwangsjacke


Verbot von Ballermann-Hit
Das Dümmste, was man machen kann

MeinungEin Kommentar von Christoph Coeln

Aktualisiert am 16.07.2022Lesedauer: 2 Min.
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Epizentrum kleinbürgerlicher Vergnügungssucht: Touristen feiern im "Megapark" am Ballermann. (Quelle: Sean Gallup/getty-images-bilder)

Ballermann-Hits verbannen, weil sie frauenfeindlich sind, ist wie Bier verbieten, weil es Alkohol enthält. Die Empörten haben da etwas nicht verstanden.

Aua. Ich habe einen Ohrwurm. Und zwar einen ganz üblen: "Layla". Seit Tagen pappt das musikalische Machwerk wie Sekundenkleber an meinem Hirn fest. Das mag am Refrain liegen: "Ich hab' 'nen Puff und meine Puffmama heißt Layla/Sie ist schöner, jünger, geiler/La-la-la-la-la-la-la-Layla/La-la-la-la". Und so weiter.

Bevor Sie jetzt fragen: Ich habe mir den Song nicht freiwillig reingezogen, sondern aus beruflichen Gründen. Also nüchtern. Und das ist ungefähr das Schlimmste, was Sie machen können. "Layla" zählt zum Genre der Partysongs, Subgenre: Ballermann-Hit. Hat man ihn einmal gehört, bekommt man ihn nur ganz schwer wieder weg. Selbst mit drei Promille.

Songs wie "Layla" kann man auch sturzbesoffen noch mitgrölen. Und gut finden, wenn man das unbedingt will. Obwohl sie ganz offensichtlich sexistisch sind.

Es geht um sinnfreien Spaß – und Geld

Für Menschen mit einer einigermaßen normalen musikalischen Sozialisation ist der Song das reinste Killervirus. Mir ist es jedenfalls schleierhaft wie Robin Leutner und Michael Müller, die, nun ja, Schöpfer dieses Hits, derart rücksichtslos ganze Hörerschichten mit ihrem kleinbürgerlichen Schund infizieren konnten.

Aber gut. Schließlich ist jeder selbst dafür verantwortlich, was er in sich reinstopft. Es gibt ja auch immer noch Etablissements, in denen man Alkohol konsumieren darf, obwohl der nachgewiesenermaßen schädlich ist. Und wenn eine ganze Menge Leute sich sexistische Krawalllieder à la "Layla" geben wollen, dann sei es so. Den allermeisten von ihnen darf man unterstellen, dass sie die provokante Natur des Liedguts durchaus reflektieren. Wenn schon nicht währenddessen, dann am Morgen danach.

Aber nun wird der Quatsch von immer mehr Veranstaltern untersagt. Und das ist natürlich das Dümmste, was man machen kann. Denn a) kommen Leutner und Müller gerade aus dem Lachen nicht mehr raus über die kostenlose PR für ihr Lied und b) wird es dadurch kein Jota weniger Sexismus auf der Welt geben. "Jaaa, aber!", rufen jetzt die Befürworter der Maßnahme: "Wir müssen doch für das Thema sensibilisieren." Richtig. Aber nicht, indem man das Kind gleich mit dem Bade ausschüttet.

In der moralischen Zwangsjacke

Der von Provinzbeamten verfügte Bann ist vor allem eins: provinziell. Er wird mutmaßlich nicht zu mehr Verständnis für das drängende Problem des Sexismus führen, sondern eher für weniger. Es dürften sich all jene bestätigt fühlen, die den Staat ohnehin unter Bevormundungsverdacht stellen und eine moralische Zwangsjacke wittern. Wie aufs Stichwort hat sich auch gleich der erste FDP-Mann auf die Seite der Ballermänner geschlagen, um ein paar Prozent im Beliebtheitsranking abzugreifen.

Was aber ist mit dem eigentlichen Problem, das hier bekämpft werden soll? Vielleicht sollten die Befürworter des Banns mal in Aristoteles' Poetik reinlesen. Dort würden sie erfahren, dass der beste Weg zur Läuterung die aktive Konfrontation mit dem Schrecklichen ist. Jammern und Schaudern galt Aristoteles als das beste Mittel gegen moralische Verkommenheit. Und wem das zu abstrakt ist: Einfach mal auf eine Ballermann-Party gehen. Am besten nüchtern.

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