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Ines Anioli über Übergriffe: "Ich habe mir oft selbst die Schuld gegeben"


Toxische Beziehung
Ines Anioli über Übergriffe: "Ich habe mir oft selbst die Schuld gegeben"

InterviewVon Sebastian Berning

Aktualisiert am 09.10.2020Lesedauer: 5 Min.
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Ines Anioli: Die Journalistin scheiterte mit ihrer Anzeige.Vergrößern des Bildes
Ines Anioli: In ihrem neuen Podcast spricht sie über eine toxische Beziehung zu einem Mann. (Quelle: Lina Tesch)

Mit "Besser als Sex" hatte sie einen der erfolgreichsten Podcasts Deutschlands. Jetzt zeigt sich Komikerin Ines Anioli von ihrer verletzlichen Seite und spricht im t-online-Interview über eine toxische Beziehung.

In ihrem neuen Spotify-Podcast "Me-Time mit Ines Anioli" spricht Ines, die durch den Talk "Besser als Sex" mit Leila Lowfire bekannt wurde, über weniger lustige Themen. Das in Berlin lebende Ruhrpott-Mädel klagt über einen übergriffigen Freund und musste eine lange, teilweise spirituelle Reise begehen, um über die Trennung hinwegzukommen und mit sich selbst im Reinen zu sein.

t-online: Kommen Sie mit sich selbst gut alleine aus? Können Sie die "Me-Time" genießen?

Ines Anioli: Ich bin mehr allein als unter anderen Menschen. Ich habe gerade eine Phase, wo ich mich hin und wieder mit Freunden treffe und dadurch Energie tanke. Aber ich bin gerne allein, arbeite zudem viel und mache mir viele Gedanken. Ich brauche immer mal wieder Zeit für mich. Das bedeutet ja nicht direkt, dass ich einsam bin.

Ihr neuer Podcast "Me-Time" hat einen recht tragischen Hintergrund und ist schon anders, als man es von Ihnen vielleicht erwarten würde.

Ich glaube auch, dass es nicht das ist, was man unbedingt erwartet, wenn man den Titel hört. Ich habe das Gefühl, dass ich diese "Me-Time" auch immer für mich definieren muss.

Wie definieren Sie das für sich?

Grundsätzlich sieht "Me-Time" ja jeder etwas anders. Das kann auch einfach mal die pflegende Beautymaske sein, aber der Podcast ist viel tiefgründiger. Ich hatte eine toxische und übergriffige Beziehung und die verarbeite ich in diesem Podcast. Es sind viele Traumata entstanden und ich versuche vieles zu verarbeiten. Damit befolge ich den Rat meiner Psychologin, die sagte, ich solle Dinge machen, die mir selbst einfach gut tun. Was Leckeres zu essen oder mir eine Wanne einlaufen zu lassen, würde allerdings nicht meine Probleme lösen.

Was haben Sie dann gemacht?

Ich habe versucht, neue Dinge auszuprobieren. Ich war etwa bei einem Schamanen. Ich habe nach der Trennung auch vieles gemacht, wo ich denke, dass es mir gut getan hat, dennoch muss ich gewisse Aktionen, die ich in dem Podcast erlebe, nicht wiederholen.

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Man kennt Sie durch den Podcast mit Leila Lowfire, "Besser als Sex", und Ihr Bühnenprogramm "Cumedy". Fällt es Ihnen schwer, sich jetzt mit einer eher ernsten Thematik an die Öffentlichkeit zu wenden?

Ja, schon. Es war nie mein Plan in diese Richtung zu gehen, aber es ist ein großer Teil meines Lebens. Bei "Besser als Sex" habe ich in den letzten Folgen schon über diese Beziehung gesprochen, weil ich immer zu allen ehrlich sein wollte. Ich kann schlecht eine Maske aufsetzen und vorspielen, dass alles okay wäre. Gegen Ende von "Besser als Sex", als ich über persönlichere Themen gesprochen habe, habe ich gemerkt, dass bei vielen Zuhörern ein großes Interesse an Hilfe besteht.

Inwiefern?

Ich kriege bis heute Nachrichten von Leuten, die mir von ihren toxischen Beziehungen erzählen und davon, was sie empfinden. Ich hoffe, dass dieser Podcast einigen Menschen helfen kann. Klar, ich finde es schön, dass jetzt ein neues Projekt von mir erscheint, aber in erster Linie hoffe ich, dass andere Leute davon profitieren können und etwas Positives für sich mitnehmen. Im besten Fall dient das für einige auch als Vorsorge.

An einer Stelle in der ersten Folge sagen Sie "Ich hätte besser aufpassen müssen". Haben Sie in Ihrer Beziehung den Fehler bei sich selbst gesucht, anstatt im Verhalten Ihres Partners oder in der Beziehung selbst?

Ja, ich habe mir oft die Schuld gegeben. Leute aus meinem Umfeld, die die Geschichte kennen, sagen immer "Das ist so krass, was dir passiert ist!" Ich selbst empfinde das, was mir angetan wurde, auch als schlimm und ekelhaft und furchtbar. Aber es steht immer die Frage im Vordergrund, warum ich es überhaupt so weit habe kommen lassen. Warum bin ich nicht früher gegangen? Es gab die Versuche meinerseits, aber das wurde ignoriert und somit lief es irgendwie weiter. Ich bin noch immer sauer auf mich selbst, weil ich nicht genug aufgepasst habe.

Ist die Wut noch immer da? Oder musste man erst die Wut begraben, um sich Sachen wie einem Schamamen, Reisen und neuen Hobbys zu widmen?

Ich weiß gar nicht, ob ich diese Wut jemals ablegen kann. Der Schmerz hat so tiefe Wunden hinterlassen, dass ich das für immer mit mir tragen werde. Im besten Fall lerne ich damit zu leben und mache in Zukunft alles besser. Ich kann meinen Seelenschmerz nicht durch die Welt tragen und andere damit verletzen. Ich muss lernen diese frühere Beziehung zu verarbeiten. Das heißt allerdings nicht, dass ich das vergessen muss oder kann.

Klappt es mit dem Verarbeiten?

Das ist natürlich oft hart, aber ich habe ganz neue Erkenntnisse über mich gesammelt, weil ich mit den Emotionen ins Gericht gegangen bin. Wenn jemand zu mir sagt, dass die Zeit alle Wunden heilt, dann denke ich mir einfach "Fick dich". Wenn man jedoch aktiv Zeit nutzt und die Veränderung will, dann kann es schon allmählich besser werden. Man darf nicht in der Opferrolle verweilen.

Sie waren bei einem Schamanen. Nun, Sie kommen ursprünglich aus Duisburg, ich aus Mülheim an der Ruhr. Wir im Ruhrgebiet kennen so etwas wie einen Schamanen ja nicht wirklich. Wie kamen denn Sie auf diese Idee?

Ich war in Tulum zum Urlaub machen. Ich habe mich informiert, was ich dort erleben kann und kam dann auf diese Zeremonie bei einem Schamanen. Ich bin für so etwas offen, auch wenn ich Angst hatte, mich meinen Dämonen zu stellen. In dieser Schwitzhütte bei dem Schamanen war es so heiß, dass man eigentlich gar keine andere Wahl hat, außer sich mit seinen eigenen Gedanken zu beschäftigen.

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Man kennt Sie auch für Ihren derb-lustigen Humor. Bei "Me-Time" rückt das schon sehr in den Hintergrund. Haben Sie Bedenken, dass das nicht die komplette Fan-Base abholen könnte?

Schon bei dem Podcast, den ich mit Leila zusammen gemacht habe, hatte ich oft Angst, ob ich nicht zu ernst werde, weil ich mich immer mehr von meiner verletzlichen Seite gezeigt habe. Ich habe mit einem immer noch derberen Spruch aber eine Mauer um mich herum aufgebaut. Leute, die mich privat kennen, wissen, dass ich sehr ehrlich bin und bei "Besser als Sex" oder auf der Bühne dennoch nicht alles von mir zeige. Ich finde, dass man auch als Comedian traurig sein kann. Ich find’s nicht cool, dass ich so eine Beziehung hinter mir habe – aber es ist ein Teil von mir. US-Komiker reden auch oft über private und ernste Themen. Das finde ich interessant. Das Leben ist halt nicht nur lustig.

Hat Humor Ihnen denn auch in dieser schwierigen Zeit geholfen?

Mir hat Lachen schon immer geholfen. Auch beim Verarbeiten. Zum Beispiel hat eine Freundin einen richtig krassen Spruch über meine Vergangenheit abgelassen und ich musste mich so kaputtlachen. Sie hat sich direkt entschuldigt, aber ich war so froh, dass ich lachen konnte. Humor ist immer auch Selbstreflexion.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Ines Anioli
  • Instagram-Profil von Ines Anioli
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