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Warum Männer über 40 Sportwagen kaufen


Midlife Crisis? Nö!
Warum Männer im besten Alter Sportwagen kaufen

Uwe Kauss

26.01.2016Lesedauer: 4 Min.
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Keine Krise - manche Männer haben einfach nur Spaß.Vergrößern des Bildes
Keine Krise - manche Männer haben einfach nur Spaß. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Wenn Männer ab 40 plötzlich mit einem luxuriösen Sportwagen aufkreuzen, ist für die meisten der Fall klar: Oh je, Midlife Crisis. Ein Therapeut sieht das jedoch komplett anders und erklärt, warum Männer in den besten Jahren auch die besten Autos fahren.

Der Netzwerk-Experte Thomas Ebert hatte an einem Samstag im vergangenen Sommer viel Zeit. Seine Frau brachte die Kinder zum Sport und fuhr danach zum Einkaufen. Ebert zieht die alten Sneakers an, schnappt seine Ray Ban und geht in die Garage. Dort wartet sein Porsche 997 Cabrio. Rein in die Karre, Dach auf, Jack Whites "Lazaretto" in den CD-Player und los: Stromgitarren jaulen durch den Fahrtwind. Das Leben kann schön sein.

Auf der Suche nach dem Kick

Ebert fährt im Alltag mit dem Skoda Octavia zu seinen Kunden und die Familie zu diversen Terminen. Er besitzt ein fast abgezahltes Haus in einer ruhigen Münchner Vorort-Gemeinde, ist glücklich verheiratet und verfügt über ein gutes finanzielles Polster. "Den Porsche musste ich jetzt kaufen, für 45.00 Euro war der ein Schnäppchen", erzählt er mit Glanz in den Augen. "Manche Männer brauchen in bestimmten Lebensphasen diesen Kick. Ausnahmsweise geht es ihnen mal nicht um Rationalität, Seriosität und Zurückhaltung", erzählt der Therapeut Gerrit Grahl vom "Frankfurter Therapiezentrum". >>

"So ein Auto muss teuer, laut, wuchtig und protzig sein. Damit fährt niemand ins Büro und auch nicht zu den Schwiegereltern." Grahl führt seit vielen Jahren Gespräche mit Männern zu allen wichtigen Themen, Lebenssituationen und Krisen. "Wenn sich Männer zwischen 40 und 60 Jahren plötzlich ein total unvernünftiges Auto kaufen, ist das nicht unbedingt Ausdruck einer Lebenskrise", betont er, "es ist oft das Gegenteil. Plötzlich schaut man zum fünften Male auf den Kontostand und stellt fest: Wow, ich kann mir einen Traum erfüllen. Und dann macht man das."

Ebert fährt auf die A 93 - endlich keine Geschwindigkeitsbeschränkung. Der Tacho zeigt 240 km/h, während er den Refrain mitbrüllt. Den Porsche 997 mit 345 PS und Ledersitzen, Parkassistent, Klimaautomatik und fettem Sound Package hat er einige Monate zuvor gekauft.

Mustang statt Porsche

"Früher lautete das Klischee: Wohlhabende Männer ab 60 spielen Golf und fahren Porsche", erzählt Gerrit Grahl, "aber das stimmt nicht mehr. Den fahren heute auch 30- bis 35-Jährige." >>

Doch bei der Entscheidung, welches Auto als Zweit- oder Drittwagen gekauft wird, gebe es nach seiner Erfahrung "ein großes Stadt-Land-Gefälle". Außerhalb der Städte sei häufig ein top-gepflegter, 15 Jahre alter Ford Mustang mit breiten Reifen, fetter Anlage und penibel sauberem Innenraum die Erfüllung benzingetränkter Männerträume. "Diese Männer fahren werktags Benz, nur am Sonntag bei schönem Wetter geht’s damit raus. Im Städtchen ist man der Hingucker, auch die Frauen schauen - da geht’s ihnen gut. Aber auf den Büroparkplatz trauen sie sich damit nicht."

Bei wohlhabenden Männern ab 50 in Großstädten sei, so Grahl, derzeit dagegen der Maserati Ghibli schwer im Trend: "Sportlich-elegante Linienführung, 275 PS, sehr männlich und mit James-Bond-ähnlichem Image – das finden viele cool." Mit 21-Zoll-Rädern, Bower&Wilkins-Soundpaket, elektrischer Heckklappe und vielen Luxus-Extras kostet er rund 75.000 Euro.

Einmal im Leben alle Tabus brechen

"Viele Männer, mit denen ich über das Thema spreche, fragen sich: Wie wirkt so eine Karre bei meinen Freunden, Kollegen und Nachbarn? Und verdammt, was sagen die Sportkumpels, wenn ich damit zum Training komme?", beschreibt der Experte die Zweifel, die seine Klienten quält. Für ihn ist das "ein kontrollierter Tabubruch". Denn das Auto passt nicht zur Kleidung, zur Uhr, zum Benehmen, zur Familie, zur gesetzten Lebensführung im Mainstream. Die Farbe: Rot oder knallgelb statt silber oder weiß. Ein teures Spielzeug. Männer-Therapeut Grahl hat dazu eine andere Sicht der Dinge: "Männer haben das Gefühl: Einmal im Leben will ich nicht rational und bedacht entscheiden. Es ist scheißegal, was die anderen denken. Die Route 66 abfahren. Den Flugschein machen. Ein Auto kaufen, das ich früher nur aus dem Autoquartett kannte. Darum geht’s."

Manche Männer kaufen sich daher Porsche, Maserati, einen echten Jeep, mit dem man die Serengeti durchqueren könnte - oder eine Harley. >>

"Man kann sehen, wenn Männer am Wochenende damit herumfahren, ohne die Maschine zu beherrschen. Das sieht richtig ungelenk aus – aber es erfüllt ihnen diesen großen Traum." Gerrit Grahl macht den Zweiflern Mut, endlich mal locker zu lassen: "Wenn das Bedürfnis tief von innen kommt und das Budget ist vorhanden, frage ich nur: Worauf warten Sie noch?", erzählt der erfahrene Therapeut und lacht. Meist sei der Sportwagenkauf keine spontane Entscheidung. "Sie wurde lange und einsam abgewogen", weiß Grahl. Eine wichtige Frage laute stets: "Kann mir dieses Auto schaden?"

Midlife Crisis? Fehlanzeige!

Thomas Ebert hat seinen Porsche 997 weiter in Richtung Regensburg gejagt, am Rasthof einen Kaffee getrunken, hat an der nächsten Ausfahrt gewendet und fegt mit demselben Tempo nun Richtung München. Aus den Boxen dröhnt nun der Gitarren-Hero Joe Bonamassa. Live-CD. Vor einem Bürokomplex im menschenleeren Gewerbegebiet hält er an, steigt aus und wirft einen Brief in den Firmenbriefkasten: Die Rechnung für das kürzlich abgeschlossene Projekt. "Die muss pünktlich da sein, sonst macht die Buchhaltung Ärger. War doch ein guter Grund, um mal raus zu kommen." Midlife Crisis? Nö. Nur ein entspannter Samstag im Sommer.

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