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Sennheiser IE 600: Eine Versuchung für echte Soundfreaks


Test Sennheiser IE 600
Wie kann ein Kopfhörer nur so teuer sein?

  • Jan Mölleken
Von Jan Mölleken

Aktualisiert am 14.05.2022Lesedauer: 4 Min.
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Sennheiser IE 600: Perfekte Mischung aus Pragmatismus und audiophilem Wahnsinn?Vergrößern des Bildes
Sennheiser IE 600: Perfekte Mischung aus Pragmatismus und audiophilem Wahnsinn? (Quelle: Jan Mölleken)

Mit dem IE 600 bietet Sennheiser In-Ear-Kopfhörer für echte Soundfreaks. Verarbeitung und Klang sind hochwertig. Aber ist der hohe Preis wirklich noch angemessen?

Der richtige Kopfhörer-Sound – darüber lässt sich trefflich streiten: Manch einer ist mit einem soliden Paar unter 100 Euro restlos glücklich – andere rümpfen selbst bei Modellen für mehrere Hundert Euro noch die Nase.

Die IE 600 In-Ear-Kopfhörer von Sennheiser sind eindeutig eher für letztere Fraktion. Denn mit einem Listenpreis von 699 Euro dürften sie selbst vielen eingefleischten Musikfans zu teuer sein. Kann es sich wirklich lohnen, so viel Geld für Kopfhörer auszugeben? Eine allgemeingültige Antwort darauf wird es nicht geben – aber unter den vielen High-End-Kopfhörern, die in dieser Preisklasse beginnen und teilweise auch noch erheblich teurer sind, liefern die IE 600 vielleicht die besten Argumente dafür, tatsächlich das Investment wert zu sein.

Aufbau und Verarbeitungsqualität

Das hat vor allem auch damit zu tun, dass diese In-Ear-Kopfhörer große Chancen haben auch viele Jahre lang zu halten. Das beginnt mit dem Gehäuse der Ohrhörer. Das ist aus einer amorphen Metalllegierung gefertigt. Dieses Metall ist einerseits besonders haltbar – lässt sich andererseits aber im 3D-Drucker verarbeiten. Das gleiche Material wurde auch für einen Bohrkopf beim Marsrover genutzt. Aber gut – Weltraumtechnologie darf man für diesen Preis auch erwarten.

Abgesehen vom Sternenglitter hat dies aber auch den Vorteil, dass die Hörer enorm stabil sind und sich trotzdem in die perfekte, klangfördernde Form bringen lassen. Ebenfalls wichtig: Die oft noch größere Schwachstelle – die Kabel – sind hier modular ausgeführt. Über eine Steckverbindung lassen sie sich von den Hörern lösen. So kann etwa in Sekunden zwischen dem schnöden Kabel mit dreipoligem Kopfhöreranschluss für Handy und Computer hin zum ebenfalls mitgelieferten fünfpoligen, symmetrischen Kabel gewechselt werden, das man an den Kopfhörerverstärker steckt.

Diese Flexibiltät heißt auch: Ein kaputtes Kabel bedeutet nicht das Ende für die Kopfhörer – und das ist selbst bei besseren In-Ear-Hörern für 300 Euro und mehr oft der Fall. Der hohe Preis könnte sich also bereits durch hohe Lebensdauer auszahlen. Für den entsprechend hochpreisigen Klang sorgt jeweils ein 7-Millimeter-Treiber.

Insgesamt wirken die IE 600 absolut wertig, das Gehäuse wiegt spürbar schwerer, als typische Kunststoff-Geräte, stört im Ohr jedoch nicht.

Alltag und Klang

Mitgeliefert werden sechs Paar Ohraufsätze, je drei aus Silikon und drei aus Memory-Schaum. Uns gelang nur mit letzteren ein guter, dichter Sitz – und nur wenn der gegeben ist, hört man auch die Bassqualitäten der IE 600. Wie oft bei hochwertigen In-Ear-Kopfhörern ist der erste Abschnitt des Kabels an den Ohrteilen biegsam, hält aber seine Form und wird so recht fest um die Ohrmuschel gelegt.

Das sorgt für sicheren Halt der nicht ganz leichten Hörer, ist beim Einsetzen und Herausnehmen aber ziemlich fummelig. Echte Alltagshörer für jede Gelegenheit sind sie damit nicht unbedingt – aber doch so robust, dass sie problemlos den rauen Alltag in Tasche und Rucksack überstehen sollten – zumal eine passende Tasche mitgeliefert ist.

Noise-Canceling haben die IE 600 – zum Glück für den Sound – nicht. Allerdings schirmen die Hörer Außengeräusche so gut ab, dass sie auch in lauten Situationen genutzt werden können.

Kommen wir also zum Klang. Hier präsentieren sich Sennheisers Kopfhörer beim ersten Hinhören fast schon ein wenig zurückhaltend: Hier drängt sich nichts in den Vordergrund. Doch schon nach wenigen Sekunden wird hörbar, dass man einen sehr hochwertigen und teuren Klangerzeuger in den Ohren hat, denn alles klingt wirklich gut, präzise und gefällig im bestmöglichen Wortsinn.

Sennheiser erklärt in seinem Pressematerial, dass man die IE 600 auf einen neutralen, aber dennoch emotionalen Sound abgestimmt habe – und das trifft es ganz gut. Wer ewinen analytischen, etwas blutleeren Klang befürchtet, sei aber beruhigt: Musik klingt hier ganz und gar nicht blutleer – gleichzeitig muss man sich aber auch nicht über nervige Akzentuierungen bestimmter Frequenzbereiche ärgern. Die Musik klingt natürlich – und das über erstaunlich viele Genres hinweg.

Vor allem Gesangsstimmen werden enorm präzise und brillant wiedergegeben – aber es gibt durchaus auch einen druckvollen Bass. Pop, Klassik. und auch viele Rockproduktionen klingen ausgezeichnet. Was die IE 600 auszeichnet, ist die unaufgeregte Präzision, die erstaunliche räumliche Abbildung und genug Druck ohne dabei das Ohr über einen längeren Zeitraum anzustrengen.

Das hört man schön in "Fragments of Time" auf Daft Punks Megaseller "Random Access Memory" gleich zu Beginn des Songs. Die Snaredrum ist knackig und scheppert nicht, die Highhat klingt spritzig und glockenhell, ohne dabei scharf und unangenehm zu wirken und der bauchige Bass drückt satt, ohne dem Schlagzeug seine Luftigkeit und der Bassdrum ihren Kick zu nehmen. Auch wenn die Stimme von Todd Edwards einsetzt bleibt all das erhalten.

Diese unaufgeregte, exakte Wiedergabe funktioniert hervorragend bei rausgeputzten Pop-Produktionen von Dua Lipa ebenso wie beim lärmigen Hardcore-Punk von Refused oder bei knarzenden Balladen des Jazz-Trios E.S.T.

Teilweise kann aber die Musk mit der hohen Auflösung der Kopfhörer nicht umgehen: Die analog-digitale Brachialsound-Bastelei Mick Gordons im Doom-Soundtrack zerfällt unter dem Klangskalpell der IE 600 so sehr in ihre Einzelteile, dass alles etwas drucklos wirkt. Bei typischen Rockproduktionen trat der Effekt eher nicht auf.

Fazit: Pragmatischer Klangirrsinn

Kopfhörer für 700 Euro dürften der großen Mehrheit von Musikkonsumenten schlicht absurd erscheinen. Bei den IE 600 bietet Sennheiser allerdings einen so großen Gegenwert, dass die Kopfhörer im Kontext der oft völlig entgrenzten HiFi-Welt schon fast wie eine pragmatische Preis-Leistungs-Entscheidung aussehen.

Wer statt in Auto, Einrichtung oder Urlaub lieber viel Geld in einen Kopfhörer stecken möchte, bekommt hier ein sehr rundes, hochwertiges Klangpaket, das vermutlich viele Jahre lang hält.

Verwendete Quellen
  • Eigener Test
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