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Carbon Mobile: Berliner Startup produziert Smartphones aus Kohlefaser statt Plastik


Carbon statt Plastik und Metall
Dieses Smartphone wiegt so viel wie eine Handyhülle

Von Laura Stresing

Aktualisiert am 26.02.2020Lesedauer: 3 Min.
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Ein Model nutzt das neue Carbon 1 MKII, ein Smartphone aus Kohlenstofffaser: Das Start-up Carbon Mobile aus Berlin will das Material als nachhaltige Alternative zu Plastik und Metall einführen.Vergrößern des Bildes
Ein Model nutzt das neue Carbon 1 MKII, ein Smartphone aus Kohlenstofffaser: Das Start-up Carbon Mobile aus Berlin will das Material als nachhaltige Alternative zu Plastik und Metall einführen. (Quelle: Carbon Mobile/Hersteller-bilder)

Die Firma Carbon Mobile entwirft Smartphones aus Kohlenstofffaser statt Plastik und Metall. Am Mittwoch wurde das erste marktreife Modell präsentiert. Dabei ist Carbon für den Mobilfunk

Kohlenstofffaser gilt als extrem leichtes und gleichzeitig robustes Material. Deshalb kommt es vor allem im Leichtbau zum Einsatz, beispielsweise in der Automobilbranche, beim Flugzeugbau oder auch in der Herstellung von Fahrradteilen. Das Start-up Carbon Mobile glaubt, dass es auch die Smartphone-Produktion revolutionieren könnte. Am Mittwoch präsentierten die Berliner ihr erstes marktreifes Gerät, das Carbon 1 MKII (ausgesprochen: Mark 2).

Es ist nicht das erste Gerät seiner Art – bereits vor zwei Jahren hatte dieselbe Firma einen Prototyp vorgestellt. Der Nachfolger soll aber das bisher leichteste und dünnste Carbon-Smartphone auf dem Markt sein. Es ist 6,3 Millimeter dick und wiegt 125 Gramm. Damit ist es 30 Prozent leichter und 25 Prozent dünner als die Flaggschiffe anderer Hersteller, die meist von einer Mischung aus Glas, Plastik und Metall ummantelt werden.

Carbon ist für die Handyherstellung eigentlich ungeeignet

Laut Carbon Mobile produziert die Smartphone-Branche jährlich 50 Millionen Tonnen Elektroschrott, von denen 80 Prozent nicht recycelt werden.

Auch beim Carbon-Smartphone kann nicht ganz auf Verbundstoffe verzichtet werden, denn dummerweise hat Kohlenstofffaser die Eigenschaft, Funksignale zu blockieren. Carbon Mobile setzt deshalb auf ein speziell für die Handyherstellung entwickeltes Hybridmaterial, für das die Kohlenstofffasern mit anderen, "funkfähigen" Verbundstoffen verwoben werden. Das Display des Carbon 1 MKII wird außerdem von einer speziellen 0,4 Millimeter dünnen Schicht Gorilla-Glas geschützt.

Trotzdem soll das Smartphone aufgrund seines Carbongemischs umweltfreundlicher und leichter zu recyceln sein als herkömmliche Geräte. Der Kunststoffanteil beträgt laut Carbon Mobile nur 5 Prozent. Außerdem soll das Smartphone leicht zu reparieren sein.

Smartphones, hergestellt aus Luft?

Das sei jedoch nur der Anfang, so Carbon-Mobile-Gründer Firas Khalifeh bei der Produktpräsentation in Berlin. In Zukunft könnte das Smartphone-Gehäuse fast gänzlich aus natürlichen und nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. In der Materialforschung wird bereits mit Carbonfasern experimentiert, die aus Algen oder konzentriertem Kohlenstoffdioxid (CO2) gewonnen werden.

Noch seien diese "grünen" Carbonfasern viel zu teuer für die Smartphone-Herstellung, so Khalifeh. "So ein Gerät würde 50.000 Euro kosten", sagt er. "Aber vielleicht werden wir in ein paar Jahren schon in der Lage sein, Smartphones aus Luft zu bauen."

So sieht es aus, so fühlt es sich an

In der Hand fühlt sich das Carbon-Handy schon jetzt federleicht an – fast wie eine Smartphone-Hülle ohne Inhalt. Abgesehen von der Rückseite mit ihrem auffälligen Logo und dem Graphit-Muster wirkt das Design sachlich und zurückgenommen. Der Fingerabdrucksensor liegt auf der rechten Seite, unter dem Ein-/Aus-Schalter. Für Linkshänder ist das eher ungünstig.

Das Carbon 1 MKII soll ab dem Sommer 2020 erhältlich sein und 799 Euro kosten. Allerdings könnte es noch zu Verzögerungen kommen, da viele Produktionsstätten in China derzeit wegen des Coronavirus nicht wie gewohnt arbeiten können, räumt Khalifeh ein.

Nachfrage ist wahrscheinlich gering

Carbon Mobile geht nach eigenen Angaben von einer Produktionsauflage im sechsstelligen Bereich aus. Zum Vergleich: Xiaomi, aktuell die Nummer vier auf dem weltweiten Smartphone-Markt, hat allein im dritten Quartal 2019 laut der Analysefirma IDC 9,1 Millionen Geräte verkauft.

Für ein Gerät der oberen Preisklasse bietet das Carbon 1 MKII keine herausragenden Leistungsmerkmale. Im Inneren arbeitet ein Achtkern-Prozessor von MediaTek. Hier wurde gespart: Diese Chips findet man für gewöhnlich in Smartphones der Einsteiger- und Mittelklasse. Mit 8 Gigabyte (GB) Arbeitsspeicher spielt das Smartphone in der Oberklasse mit. Die 128 GB Speicherplatz können mit einer Nano-SD-Karte erweitert werden.

Die Dual-Kamera auf der Rückseite löst mit 16 Megapixeln (MP) auf, die Selfie-Linse kommt auf 20 MP. Das 6 Zoll große Amoled-Display bietet eine Auflösung von 2.160 x 1.080 Pixeln. Der Akku umfasst eine Kapazität von 3.050 Milliamperestunden (mAh). Zum Aufladen und für die Datenübertragung steht eine USB-Buchse bereit. Als Betriebssystem ist das aktuelle Android 10 installiert, das Update auf Android 11 soll im nächsten Jahr folgen. NFC wird unterstützt, der neue Mobilfunkstandard 5G aber nicht.

Fazit: Ein Designerstück, kein Schnäppchen

Mit dem Carbon 1 MKII hat Carbon Mobile eine schicke Machbarkeitsstudie vorgelegt. Design und Material brechen mit der jahrelangen Gleichförmigkeit auf dem Smartphone-Markt.

Doch ob der von den Berlinern entwickelte Hybridstoff wirklich in der Branche Fuß fassen kann, bleibt fraglich. Nicht nur die hohen Materialkosten dürften große Hersteller abschrecken. Auch die Umstellung der Produktionskette von Aluminium und Plastik auf Karbon wäre viel zu umständlich und teuer.

Insofern muss Carbon Mobile schon mal keine Konkurrenz fürchten und kann es sich leisten, als kleine Technikschmiede Designer-Handys in kleiner Auflage herzustellen. Geplant ist aber noch mehr: Noch in diesem Jahr will das Start-up passende True-Wireless-Kopfhörer vorstellen. Auch ein Foldable sei bereits in Planung, also ein Hybrid aus Tablet und Smartphone mit einem faltbaren Display. Natürlich alles aus Carbon.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Pressematerial von Carbon Mobile
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