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Ewiges Widerspruchsrecht bei der Lebensversicherung: So nutzen Sie es


Der "ewige" Widerspruch
Lebensversicherung: So holen Sie noch Jahre später Ihr Geld zurück

Von t-online, llb

07.05.2025 - 09:53 UhrLesedauer: 3 Min.
Junges Paar schließt per Handschlag einen Vertrag mit einem Makler ab.Vergrößern des Bildes
Vertragsabschluss per Handschlag: Ein Widerspruch bei alten Lebensversicherungen kann sich lohnen. (Quelle: AndreyPopov)
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Wer seine Lebensversicherung zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen hat, kann unter Umständen auch heute noch widersprechen. Das lohnt sich aber nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Eine Lebensversicherung abschließen und Jahre später noch widersprechen? Was auf den ersten Blick absurd klingt, ist in der Praxis möglich – und zwar unter Berufung auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Wer zwischen 1994 und 2007 eine Versicherung nach dem sogenannten Policenmodell abgeschlossen hat, könnte Anspruch auf Rückzahlung seiner Beiträge haben. Voraussetzung: Die damalige Widerspruchsbelehrung war fehlerhaft. Viele Versicherte wissen gar nicht, dass ihnen dieses Recht zusteht. Und wer davon gehört hat, fragt sich: Gilt das "ewige" Widerspruchsrecht wirklich für immer?

Was meint das "ewige" Widerspruchsrecht?

Im Jahr 2014 hat der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil gefällt (Az. IV ZR 76/11), das die Versicherungsbranche bis heute beschäftigt. Darin stellte das Gericht klar: Wurde ein Lebensversicherungsvertrag zwischen 1994 und Ende 2007 nach dem Policenmodell abgeschlossen und der Versicherte dabei nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt, besteht dieses Recht auch viele Jahre später noch. Es beginnt nämlich erst, wenn alle Unterlagen vollständig vorliegen und die Belehrung korrekt, deutlich und verständlich ist.

Wann ist die Belehrung fehlerhaft?

Nicht jede fehlende Information macht eine Widerspruchsbelehrung unwirksam. Entscheidend ist, ob sie in "drucktechnisch deutlicher Form" gestaltet war und alle gesetzlich vorgeschriebenen Hinweise enthielt. Seit dem 1. August 2001 musste sie auch den Hinweis enthalten, dass der Widerspruch in Textform erfolgen kann – also auch per E-Mail. Ob fettgedruckt, eingerahmt oder farblich hervorgehoben: Der Bundesgerichtshof hat mehrfach klargestellt, dass die Belehrung optisch hervorstechen muss (Az. IV ZR 41/13, IV ZR 35/14).

Fehlt diese Deutlichkeit oder sind wichtige Hinweise unvollständig, bleibt das Widerspruchsrecht bestehen.

Was bekommen Versicherte zurück?

Wer wirksam widerspricht, kann grundsätzlich die gezahlten Beiträge zurückfordern. Allerdings darf der Versicherer bestimmte Beträge abziehen, etwa den Anteil für den genossenen Versicherungsschutz. Auch die Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag behält der Versicherer ein, wenn er sie bereits an das Finanzamt abgeführt hat. Bei fondsgebundenen Verträgen können Verluste aus den Fonds ebenfalls gegengerechnet werden.

Positiv für Verbraucher: Abschluss- und Verwaltungskosten sowie Ratenzuschläge müssen immer vollständig erstattet werden. Und auch Nutzungszinsen stehen den Versicherten grundsätzlich zu – sofern sie nachweisen können, dass der Versicherer mit ihren Beiträgen Gewinne erzielt hat (Az. IV ZR 384/14, IV ZR 448/14).

Grenzen: Verwirkung und Verjährung

Nicht jeder Widerspruch ist automatisch erfolgreich. Wer seinen Vertrag über Jahre hinweg genutzt, sogar abgetreten oder reaktiviert hat, könnte sich laut Rechtsprechung treuwidrig verhalten. Dieser Grundsatz, der in § 242 BGB verankert ist, besagt, dass alle Parteien in einem Rechtsverhältnis fair und redlich handeln müssen. Treuwidriges Handeln bedeutet also, dass jemand seine Rechte oder Pflichten in einer Weise ausübt, die für den anderen Teil unzumutbar oder unfair ist.

In solchen Fällen kann der Widerspruch als "verwirkt" gelten – etwa wenn der Vertrag aktiv zur Kreditsicherung diente (Az. IV ZR 130/15) oder der Versicherte den Vertrag selbst nach Kündigung wieder in Kraft setzen ließ (Az. IV ZR 117/15).

Ein weiteres Hindernis ist die Verjährung. Zwar verjährt das Widerspruchsrecht selbst nicht, wohl aber der Rückzahlungsanspruch. Der BGH hat 2015 entschieden (Az. IV ZR 103/15): Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Widerspruch erklärt wurde.

Beispiel: So wirkt sich die Verjährung aus

Herr Müller hat 1998 eine Lebensversicherung abgeschlossen und sie 2009 gekündigt. Erst sechs Jahre später hat er erfahren, dass die Widerspruchsbelehrung fehlerhaft war – und widersprach dem Vertrag im August 2014.
Laut BGH (Az. IV ZR 103/15) beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst Ende des Jahres, in dem der Widerspruch erklärt wurde – also hier Ende 2014. Herr Müller hätte seine Rückforderung daher bis Ende 2017 geltend machen müssen. Kam sie später, wäre sie verjährt.
Fazit: Der Widerspruch selbst bleibt möglich – der Rückzahlungsanspruch aber kann verjähren. Wer widerspricht, sollte zügig handeln.

Widerspruch bei Altverträgen prüfen

Das "ewige" Widerspruchsrecht ist kein Mythos – aber auch kein Freifahrtschein. Nur wer zwischen 1994 und 2007 eine Lebensversicherung abgeschlossen hat und keine korrekte Widerspruchsbelehrung erhalten hat, kann davon profitieren. Dabei kommt es auf viele Details an: von der Gestaltung der Belehrung bis zum eigenen Verhalten im Laufe der Jahre. Wer glaubt, betroffen zu sein, sollte den Vertrag prüfen lassen. Ein erfolgreicher Widerspruch kann sich lohnen – selbst viele Jahre nach Vertragsende.

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