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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wer früh stirbt, zahlt drauf Rentenversicherungen rechnen sich erst nach 22 Jahren

Private Altersvorsorge klingt fair, doch das wahre Geschäft machen oft nur die, die sehr alt werden. Eine simple Rechnung zeigt, ob sich Ihre private Rente lohnt.
Viele Menschen zahlen jahrzehntelang in ihre private Rentenversicherung ein und vertrauen darauf, damit im Ruhestand ihren Lebensstandard zu sichern. Am Ende steht Ihnen eine lebenslange Rente zu, die sich allerdings nach komplizierten Formeln und dem Rentenfaktor berechnet.
Doch wie viele Jahre müssen Sie tatsächlich leben, damit Ihre private Rentenversicherung mehr zurückzahlt, als Sie eingezahlt haben? Oder anders gefragt: Wann lohnt sich eine private Rentenversicherung wirklich?
Rentabilität der Rentenversicherung berechnen
Wer herausfinden möchte, ob sich seine private Rentenversicherung lohnt, muss vor allem folgende einfache Rechnung kennen. Im Kern geht es bei der Frage darum, wie viele Jahre jemand Rente beziehen muss, damit er mindestens sein angespartes Kapital herausbekommt.
Angenommen, am Ende der Ansparzeit stehen Ihnen 100.000 Euro angespartes Kapital zur Verfügung. Der sogenannte Rentenfaktor legt fest, wie viel monatliche Rente die Versicherung pro 10.000 Euro Guthaben auszahlt. Liegt der Rentenfaktor bei 30, zahlt die Versicherung 300 Euro monatlich für diese 100.000 Euro Guthaben. Alles, was Sie über den Rentenfaktor wissen sollten, lesen Sie hier.
Teilen Sie das angesparte Kapital durch die jährliche Rente, zeigt sich schnell, wie lange Sie mindestens leben müssten, damit sich der Vertrag rechnet.
Zur Veranschaulichung:
- Kapital bestimmen: Wie viel haben Sie insgesamt angespart? Zum Beispiel: 100.000 Euro.
- Monatliche Rente ausrechnen: Diese hängt vom Rentenfaktor ab. Beispiel: Rentenfaktor = 30. Das heißt, Sie bekommen 30 Euro monatliche Rente pro 10.000 Euro Kapital. Bei 100.000 Euro wären das: 100.000 geteilt durch 10.000 = 10. 10 × 30 Euro = 300 Euro Rente pro Monat.
- Jahresrente berechnen: 300 Euro × 12 Monate = 3.600 Euro Jahresrente.
- Break-even-Alter ausrechnen: Ihr eingezahltes Kapital geteilt durch die Jahresrente zeigt Ihnen, wie viele Jahre Sie Rente beziehen müssen, um Ihr Kapital zurückzubekommen: 100.000 geteilt durch 3.600 = 27,78 Jahre
Bedeutet: Bei einer Rente von 3.600 Euro im Jahr (300 Euro pro Monat) dauert es etwa 27,8 Jahre, bis die 100.000 Euro vollständig ausgezahlt sind. Wer mit 67 Jahren in Rente geht, müsste also gut 95 Jahre alt werden, um auf null herauszukommen. Erst alles darüber hinaus ist ein echter Gewinn. Bei einem niedrigeren Rentenfaktor (zum Beispiel 20) verlängert sich diese Zeit erheblich.
Zinsen schön und gut: Dann haben Sie Ihr eigenes Geld zurück
In puncto Rentabilität ist die obige Rechnung unter Berücksichtigung von möglichen Zinsen und Überschüssen allerdings lediglich eine Schätzung. Denn die 100.000 Euro, die am Ende im Vertrag stehen, müssen nicht dem Betrag entsprechen, den Sie über viele Jahre hinweg tatsächlich eingezahlt haben.
Das bedeutet: Wer weniger eingezahlt hat, muss nicht unbedingt so alt werden, wie die reine Kapitalrückfluss-Rechnung vermuten lässt. Je höher die erwirtschafteten Überschüsse, desto schneller lohnt sich der Vertrag – zumindest rein rechnerisch.
Die 100.000 Euro Guthaben in Ihrem Vertrag bestehen meist aus:
- eigenen Einzahlungen (etwa monatliche Beiträge über viele Jahre),
- sowie Zinsen oder Überschussbeteiligungen (je nach Vertrag, Garantiezins etc.).
Wenn Sie also eine realistische Einschätzung haben wollen, ob sich die Versicherung rechnet, müssen Sie vergleichen:
- Wie viel habe ich insgesamt tatsächlich eingezahlt?
- Wie viel bekomme ich (voraussichtlich) insgesamt an Rente heraus?
Rechenbeispiel:
- Kapital bestimmen: Wie viel haben Sie tatsächlich eingezahlt? Zum Beispiel: 60.000 Euro – obwohl das Vertragsguthaben bei Rentenstart 100.000 Euro beträgt.
- Monatliche Rente ausrechnen: Beispiel: Rentenfaktor = 30. Das heißt, Sie bekommen 30 Euro monatliche Rente pro 10.000 Euro Kapital. Bei 100.000 Euro wären das: 100.000 geteilt durch 10.000 = 10. 10 × 30 Euro = 300 Euro Rente pro Monat.
- Jahresrente berechnen: 300 Euro × 12 Monate = 3.600 Euro Jahresrente.
- Break-even-Alter ausrechnen: Ihr eingezahltes Kapital geteilt durch die Jahresrente: 60.000 geteilt durch 3.600 = 16,67 Jahre.
Bedeutet: In dieser an die realen Verhältnisse angepassten Berechnung haben Sie bereits nach knapp 17 Jahren Ihre eigenen Einzahlungen wieder heraus. Alles, was Sie danach erhalten, ist echter Gewinn: Zinsen, Überschüsse oder schlicht ein Plus aus dem Langlebigkeitsrisiko, das die Versicherung für Sie trägt.
Hat sich "gelohnt": Eine Frage der Perspektive
Sowohl die erste als auch die zweite Beispielrechnung basiert auf einfachen mathematischen Regeln und sagt zwar etwas darüber aus, ob sich eine private Rentenversicherung rechnet, aber nicht, ob sie sich wirklich lohnt. Dabei ist "lohnen" stets eine Frage der Perspektive und die Antwort kann daher ganz unterschiedlich ausfallen.
Objektiv lohnt sich eine private Rentenversicherung, wenn der Versicherte mindestens das Kapital zurückerhält, das am Ende der Ansparphase im Vertrag steht. Wie die obigen Beispiele zeigen, müssten Sie bei einem angesparten Guthaben von 100.000 Euro so lange Rente beziehen, bis diese Summe durch die monatlichen Rentenzahlungen wieder ausgezahlt ist. Rein rechnerisch ist damit die Bilanz ausgeglichen – weder Gewinn noch Verlust.
Wirtschaftlich lohnt sich die Versicherung erst dann, wenn sie eine Rendite über die reine Kapitalrückzahlung hinaus abwirft. Hier zählt der Vergleich mit anderen Sparformen oder Kapitalanlagen. Wer weniger in die Versicherung eingezahlt hat, als am Ende herauskommt, profitiert von Zinsen und Überschüssen. Doch selbst dann kann es sein, dass andere Anlageformen eine bessere Rendite erzielt hätten.
- Hätten Sie mit denselben Beiträgen anderswo (etwa in einen ETF-Sparplan) mehr Kapital aufgebaut?
- Hätten Sie bei einer anderen Anlageform höhere Erträge oder weniger Kosten gehabt?
Wirtschaftlich lohnt sich eine private Rentenversicherung also dann, wenn sie unterm Strich mehr bringt als alternative Investitionen bei vergleichbarem Risiko.
Und dann gibt es noch eine dritte Perspektive.
Subjektiv kann sich eine private Rentenversicherung bereits lohnen, obwohl sie objektiv oder wirtschaftlich eher durchwachsen dasteht. Manche Menschen schätzen die Sicherheit, lebenslang eine garantierte Rente zu bekommen – auch wenn sie möglicherweise nicht ihr gesamtes Kapital "überleben". Für sie lohnt sich möglicherweise der Vertrag, weil er ein gutes Gefühl vermittelt und finanzielle Planbarkeit im Alter schafft. Andere legen Wert darauf, dass die Versicherung Hinterbliebene absichert, selbst wenn sie dafür Abstriche bei der Rendite in Kauf nehmen müssen.
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Fazit: Kollektiver Risikoausgleich
Am Ende ist die Antwort auf die Frage, wann sich eine private Rentenversicherung lohnt, individuell. Und ja, es hängt auch davon ab, wie alt Sie werden. Versicherer kalkulieren mit Durchschnittswerten aus Sterbetafeln.
Wer länger lebt als statistisch erwartet, profitiert. Wer früher stirbt, bekommt oft nicht einmal sein Kapital zurück. Dieses Prinzip nennt sich kollektiver Risikoausgleich: Die Beiträge aller sichern gemeinsam die lebenslangen Renten Einzelner. Genau darin liegen Chance und Risiko jeder privaten Rentenversicherung.
- hannoversche.de: "Fondsgebundene Rentenversicherung"
- finanztip.de: "So wehrst Du Dich gegen Rentenkürzungen"
- inter.de: "Rentenlücken schließen - schnell mal rechnen"
- destatis.de: "Lebenserwartung steigt nur noch langsam"
- verbraucherzentrale-bawue.de: "Kritik an Lebensversicherern"