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Stromversorgung in Deutschland: "Es wird lokal Engpässe geben"


Steigende Belastung der Stromnetze
Droht Deutschland ein Blackout?


Aktualisiert am 05.08.2023Lesedauer: 1 Min.
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Steigende Belastung, neue Herausforderungen: Experten verraten, wie sich unser Stromnetz verändern muss und wie wir Strom künftig nutzen sollten. (Quelle: t-online)

E-Autos und Wärmepumpen, mehr erneuerbare Energie: Auf unsere Stromnetze kommen große Belastungen zu. Das erfordert eine Veränderung unseres Verbrauchs.

Über eine Gesamtlänge von rund 37.000 Kilometer wird unser Strom in Deutschland durch große Übertragungsnetze transportiert. Verteilnetze mit einer Gesamtlänge von gut 1,9 Millionen Kilometern bringen ihn dann zu den Verbrauchern.

Wird dieses bestehende Netz ausreichen, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen? Philipp Godron von der Denkfabrik Agora Energiewende sieht aktuell noch zahlreiche Probleme.

Denn E-Autos und Wärmepumpen sorgen für einen deutlich höheren Strombedarf. Wenn der Ausbau der Netze dem nicht gerecht wird, wird es zwangsläufig zu Engpässen kommen. Für diese Situation haben Betreiber die Möglichkeit, drastische Maßnahmen zu ergreifen.

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Über eine Gesamtlänge von 37.000 Kilometern wird unser Strom in Deutschland durch große Übertragungsnetze transportiert. Aus diesem Kreislauf gelangt der Strom über Verteilnetze zu den Endkunden. Diese Verteilnetze haben eine Gesamtlänge von gut 1,9 Millionen Kilometern. Aber: reicht das aus? Ist unser Stromnetz in Deutschland bereit für die Aufgaben der Zukunft?

Philipp Godron: “Wenn wir das Stromnetz so belassen würden, wie es heute ist, dann schafft das Netz das nicht. Wir haben enorme Herausforderungen. Wir rechnen etwa bis zum Jahr 2035 mit 300 Terawattstunden mehr Strom. Also die Hälfte dessen, was wir heute verbrauchen, kommt da noch mal obendrauf. Und da müssen auch die Netze mitwachsen.”

Denn auf unser Stromnetz kommen neue Aufgaben zu. Zum einen hat sich die Zusammensetzung unseres Strommixes in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Der Anteil erneuerbarer Energieträger hat massiv zugenommen und wird das auch weiter tun – mit Konsequenzen für das Stromnetz, wie Philipp Godron von der Denkfabrik Agora Energiewende weiß.

Philipp Godron: "Zum einen, und das sehen wir heute schon sehr stark, wird der Strom vermehrt an Orten eingespeist - denken Sie an den Windstrom im Norden - wo er nicht unbedingt verbraucht wird. Das heißt, die Erzeugung und der Verbrauch liegen oft hunderte Kilometer weit entfernt. Das war früher anders. Dafür brauchen wir die großen Stromautobahnen, die von Norden nach Süden, nach Westen den Windstrom vor allem transportieren.”

Zum anderen soll Strom uns in vielen Bereichen helfen, nachhaltiger zu leben. 15 Millionen E-Autos sollen bis 2030 den CO2-Ausstoß auf den Straßen reduzieren. Und jedes Jahr sollen Hunderttausende neue Wärmepumpen unsere Häuser klimafreundlicher machen.

Wenn daneben noch private Photovoltaikanlagen und Heimspeicher die Verteilnetze beanspruchen, kann das zu einer Überlastung der Netze und somit zu Engpässen in der Stromversorgung führen, gibt Philipp Heilmaier von der Deutschen Energieagentur zu.

Philipp Heilmaier: “Da soll es jetzt Regelungen geben, die dann dem Netzbetreiber in so einer Ausnahmesituation eben auch ermöglichen, dass man sagt: Okay, jetzt nimmt man da mal für eine Stunde ein bisschen die Last runter und dann kann ich mal für eine Stunde zum Beispiel nicht mein E-Auto laden. Das ist aber tatsächlich wirklich nur für den allerschlimmsten Ausnahmefall quasi die Rückfalloption, damit das ganze Netz dann nicht zusammenbricht.”

Um drastische Maßnahmen wie diese zu vermeiden, setzen die Experten auf intelligente Messeinrichtungen, die dem Stromkunden anzeigen, wann ein Netz weniger belastet ist.

Philipp Godron: “Wenn wir 15 Millionen E-Autos Anfang der 2030er Jahre haben und die kommen alle irgendwann zwischen 17 und 19 Uhr nach Hause und laden alle gleichzeitig ihr Elektroauto, dann werden wir in der Tat in Probleme laufen. Das kann nicht die Zukunft sein. Wir müssen ein intelligentes Laden haben. Für mich als Verbraucher ist doch am Ende interessant, ob ich am nächsten Morgen ein geladenes Fahrzeug habe. Wann das nun genau geladen wurde, das spielt für mich keine Rolle.”

Zu Zeiten geringer Belastung soll der Strom dann auch günstiger werden, um hier weitere Anreize für die Verbraucher zu schaffen. Andere europäische Länder seien uns in diesen Bereichen voraus, berichtet Philipp Godron. Er mahnt daher mehr Tempo beim Ausbau an.

Philipp Godron: “Wir müssen schneller werden beim Bau. Und das gilt für die Übertragungsnetze, es gilt vor allem auch für die Verteilnetze. Das heißt, hier sind auch die lokalen Behörden gefordert, schnell einen Ausbau der Infrastruktur zu ermöglichen. Wir müssen das, was jetzt geplant ist, was die intelligenten Messeinrichtungen wie Smart Meter angeht, endlich umsetzen, bis Ende des Jahrzehnts.”

Insgesamt sehen beide Experten Deutschland aber auf einem vernünftigen Weg. Die Ziele der Bundesregierung seien realistisch, und auch bei den Betreibern der Netze sei eine Bereitschaft für die nötigen Investitionen erkennbar. Bei den Verteilnetzen sind diese in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, wie diese Grafik zeigt. Rund 6 Milliarden Euro waren es im Jahr 2022.

Philipp Heilmaier: “Ich habe gerade den Eindruck, sowohl in der Politik als auch mit den Unternehmen ist da ein sehr, sehr intensiver Dialog. Es finden gerade sehr, sehr viele Prozesse zwischen den Ministerien und anderen Ministerien, auch mit der Energiewirtschaft, statt, sodass man da eigentlich einen guten Austausch und ein gutes Gefühl dafür hat, was die jeweils andere Partei braucht, damit man da gut vorankommt. Aber ich glaube, wir müssen uns auch nichts vormachen, dass das einfach sehr, sehr umfassende Ziele sind und eine umfassende Transformation ist, wo wir unterwegs immer wieder die Situation haben werden, dass wir vor Herausforderungen stehen, die wir so vielleicht nicht antizipiert haben. Und entsprechend wichtig ist, dass wir dann die Zeit eben auch gut nutzen, um da schnell voranzukommen.“

Wie sich unser Stromnetz verändern muss, wie wir unser Nutzungsverhalten anpassen sollten und welche Maßnahmen Netzbetreiber bei Engpässen ergreifen dürfen, erfahren Sie im Video direkt hier oder oben.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Philipp Godron (Programmleiter Strom bei Agora Energiewende) vom 18.07.2023
  • Interview mit Philipp Heilmaier (Leiter "Zukunft der Energieversorgung" bei der Deutschen Energieagentur) vom 18.07.2023
  • Anfrage zum Stand und Ausbau der Stromnetze bei der Bundesnetzagentur
  • Eigene Recherche
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