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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nur fünf Minuten reichen Wie Werbung unser Essverhalten beeinflusst

Täglich sind wir in unserem Alltag mit Werbung konfrontiert. Oft geht es dabei um Essen. Eine Studie zeigt nun, dass dies unser Essverhalten verändert.
Egal, ob auf Social Media, im Fernsehen oder auf Plakaten – Werbung für Süßigkeiten, Chips und Fastfood ist allgegenwärtig. Sie beeinflusst unser Essverhalten und damit auf Dauer auch unser Körpergewicht und unsere Gesundheit. Eine neue Studie aus England hat nun gezeigt, dass nur fünf Minuten Werbung am Tag einen großen Effekt haben.
Dafür hat ein Forscherteam um die Psychologin und Adipositas-Forscherin Emma Boyland an der University of Liverpool ein Experiment mit 240 Kindern im Alter zwischen 7 und 15 Jahren durchgeführt. Bereits 77 dieser Kinder fielen in die medizinischen Kategorien "übergewichtig" oder "fettleibig".
Adipositas und Body-Mass-Index
Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) definiert Adipositas als eine chronische Krankheit, bei der Betroffene eine über das Normalmaß hinausgehende Menge an Körperfett haben. Die Berechnungsgrundlage für die Diagnose ist der Body-Mass-Index (BMI). Er setzt sich zusammen aus dem Körpergewicht und der Körpergröße. Der BMI gilt schon länger als umstritten. Denn er berücksichtigt weder Fett- noch Muskelmasse. Auch die Fettverteilung im Körper spielt bei der Berechnung keine Rolle. Der BMI hat daher nur eine begrenzte Aussagekraft.
- Ab wann ist man fettleibig? Experten fordern neue Definition
Fastfood-Werbung beeinflusst Kinder
Die Kinder schauten sich an zwei Testtagen vormittags einen Werbeblock von fünf Minuten an. Am ersten Tag enthielt die Werbung Bilder von fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln sowie Fastfood. Am zweiten Tag zeigten die Forscher den Kindern Werbung, die kein Essen beinhaltete oder reine Markenwerbung ohne Produkte.
Dabei nutzten sie verschiedene Formate wie Video, Radio oder statische Werbung in Form von Plakaten. Danach ermittelten die Forscher, wie viele Kilokalorien die Kinder an den zwei Tagen zu sich nahmen. Dabei berücksichtigten sie auch den BMI und den sozioökonomischen Status der Kinder und Jugendlichen.
Werbung erhöht die Kalorienzufuhr
Das Ergebnis: Sahen die Kinder zuvor Werbung für Fastfood und Süßes, nahmen sie an dem Tag im Durchschnitt 130 Kilokalorien mehr zu sich. Und das nicht nur unmittelbar nach der Werbung, sondern über den ganzen Tag hinweg. Davon waren alle Kinder und Jugendlichen betroffen – unabhängig vom sozioökonomischen Status.
Das Forscherteam fand jedoch heraus, dass Kinder mit einem höheren BMI stärker von der Werbung beeinflusst wurden. Auch reine Markenwerbung führte dazu, dass die Testpersonen zusätzliche Kilokalorien zu sich nahmen. Das Medienformat spielte dabei keine Rolle.
Auch Erwachsene sind beeinflussbar
Nicht nur Kinder sind dafür anfällig – auch Erwachsene lassen sich von Werbung für Lebensmittel und Fastfood beeinflussen. Das zeigt eine ebenfalls von Emma Boyland durchgeführte, kleiner angelegte Studie aus dem letzten Jahr. Dafür befragte das Forscherteam 54 Testpersonen zwischen 18 und 30 Jahren zu ihren Gelüsten und ihrem Hungergefühl, nachdem sie sich Werbung für Lebensmittel und Fastfood angeschaut hatten.
Dabei stellten die Forscher fest, dass vor allem Fernsehwerbung Hungergefühle und Gelüste bei Erwachsenen verstärkt. Die Gelüste der Testpersonen richteten sich insbesondere nach dem in der Werbung gezeigten Essen.
Werbung für Fastfood, Süßigkeiten und Snacks hat demnach einen großen Einfluss auf unser Hungergefühl und Essverhalten. Daher wird in einigen Ländern – unter anderem auch in Deutschland – schon länger über ein Werbeverbot für besonders fett-, zucker- und salzhaltige Lebensmittel diskutiert. In Großbritannien tritt ein solches Verbot im Oktober dieses Jahres ein.
- scinexx.de: "Junk-Food-Werbung: Schon fünf Minuten reichen"
- sciencedirect.com: "Associations between everyday exposure to food marketing and hunger and food craving in adults: An ecological momentary assessment study" (Englisch)
- adipositas-gesellschaft.de
- tagesschau.de: "Muffin- und Müsli-Werbung verschwindet aus dem TV"