Auch bei getrennten Betten kann man guten Sex haben

Gemeinsame Erlebnisse schweiΓen zusammen und festigen die Liebe. Doch zu viel NΓ€he kann der Partnerschaft auch schaden. Wir haben einen Paartherapeuten gefragt, wann die Liebe mehr Raum braucht und warum Distanz in der Beziehung so wertvoll ist.
"In der Partnerschaft das richtige MaΓ zwischen NΓ€he und Distanz zu finden, ist eine groΓe Herausforderung, aber wichtig", sagt Robert Eckert, Experte fΓΌr Paartherapie und Eheberatung aus Hofheim am Taunus. Der Psychologe weiΓ: "Gelingt dies nur unzureichend, kann es entweder ungΓΌnstig fΓΌr die Partnerschaft oder fΓΌr die persΓΆnliche Entwicklung und Zufriedenheit der Einzelperson sein".
Jeder braucht Distanz und NΓ€he
Der Wunsch nach Distanz bedeutet dabei nicht, dass man sich nicht liebt, sondern lediglich, dass man sich etwas mehr Freiheit fΓΌr sich selbst wΓΌnscht. Jeder Mensch braucht Raum fΓΌr sich und seine Interessen. Man solle daher achtsam gegenΓΌber den eigenen BedΓΌrfnissen und denen des Partners sein, rΓ€t Eckert. Nur wenn sich beide Partner genΓΌgend FreirΓ€ume zugestehen, kΓΆnne sich die Liebe weiterentwickeln und langfristig stabil bleiben. Wie viel Distanz guttut, ist dabei nicht nur von Paar zu Paar unterschiedlich, sondern immer auch von der jeweiligen Lebenssituation abhΓ€ngig.
Distanz, in welcher AusprΓ€gung auch immer, sei vor allem dann heilsam, wenn fΓΌr einen Partner die stΓ€ndige Anwesenheit des anderen zu viel werde, etwa weil Alltagsstreitereien oder berufliche und familiΓ€re UmstΓ€nde immer wieder fΓΌr Stress sorgen.
Den Wunsch nach mehr Freiraum ansprechen
"Jede lΓ€ngerfristige Beziehung steht vor der Herausforderung, die richtige Mischung von NΓ€he und Distanz zu finden β und diesbezΓΌgliche BedΓΌrfnisse auch anzusprechen", sagt Eckert. "Wenn der Wunsch nach dem eigenen RΓΌckzugsort spΓΌrbar ist, beispielsweise in Form eines eigenen Zimmers in der gemeinsamen Wohnung, sollte man dies sehr ernst nehmen und nach MΓΆglichkeiten suchen, dies auch in die Tat umzusetzen."
Getrennte Schlafzimmer sind nicht automatisch ein Sexkiller
Laut dem Psychologen gibt Distanz der Liebe immer die MΓΆglichkeit, zu wachsen und wieder stabil zu werden. Das gelte fΓΌr getrennte Hobbys ebenso wie fΓΌr getrennte Schlafzimmer, getrennte Wohnungen oder gar eine Auszeit. "Entgegen der weitlΓ€ufigen Meinung ist es zudem keineswegs so, dass getrennte Betten zwangslΓ€ufig der Leidenschaft oder der Liebe schaden. Oft ist das Gegenteil zu beobachten", so der Psychologe.
Das liegt nicht nur daran, dass Distanz das sexuelle Interesse und die Neugier auf den Partner neu entfachen kann. Ruhige NΓ€chte ohne Schnarch-GerΓ€usche, stundenlanges Lese-Licht oder Handy-Flimmern fΓΌhren zu mehr Gelassenheit.
"Getrennte Schlafzimmer tun uns gut"
Die 50-jΓ€hrige Rita und ihr Mann leben genau dieses Modell und sind sich einig: "Es hat unsere Beziehung zueinander deutlich verbessert. Sehnen wir uns nach NΓ€he, schlafen wir in einem Bett. Aber wir haben eben auch die MΓΆglichkeit, uns zurΓΌckzuziehen, wenn uns danach ist. Das entspannt uns beide. Und wenn einer mal spΓ€ter nach Hause kommt, muss er keine Sorge haben, den anderen aufzuwecken."
Getrennte Wohnungen durchbrechen Alltagsdiskussionen
Deutlich mehr Distanz als getrennte Schlafzimmer bieten getrennte Wohnungen. Viele Paare wΓ€hlen dieses Modell ganz bewusst fΓΌr sich β und entscheiden sich so gegen die nervigen Seiten des Alltags. Diskussionen, wer den MΓΌll rausbringt, die WΓ€sche macht, abwΓ€scht und wer wann welche Freunde mitbringt, fallen weg. Man verabredet sich wieder bewusst mit dem Liebsten und verbringt die Zeit viel intensiver.
Viele Paare empfinden das als Erleichterung und Bereicherung fΓΌr ihre Beziehung. Laut dem Paartherapeuten hat die eigene Wohnung den Vorteil, einen groΓen eigenen RΓΌckzugort zu bieten, ohne dass man sich stΓ€ndig mit den BedΓΌrfnissen des Partners oder der Partnerin konfrontieren muss. Der Partner lasse sich so leichter "dosieren". Vor allem, was die Eigenheiten betrifft, die als nervig oder anstrengend empfunden werden. "Ob dieses Beziehungsmodell passt, mΓΌssen beide selbst herausfinden. Manche ziehen nach einer Testphase auch wieder zusammen", sagt Eckert.
Von "beste Freunde" wieder zu mehr Liebe
Auch die 34-jΓ€hrige Marie und ihr Partner leben seit kurzem dieses Modell. "Wir wollten raus aus dem WG-GefΓΌhl und uns wieder mehr als Paar statt als Freunde erleben. Die Distanz tut uns bisher sehr gut", erzΓ€hlt sie. "Jetzt hat jeder mehr Raum fΓΌr sich und die Alltagsstreitereien fallen weg. Wichtig war uns, dass jeder ein Basis-Kit an Kleidung und Hygieneartikeln beim anderen hat, damit wir auch mal spontan sein kΓΆnnen und keiner Sachen von A nach B schleppen muss. Und wir haben darauf geachtet, dass beide Wohnungen in der NΓ€he sind."
Auszeit: Auch die Trennung auf Zeit kann Chancen bieten
Die Trennung auf Zeit beinhaltet ebenfalls viel Distanz β und bietet dennoch Chancen. Sinnvoll ist sie dann, wenn sich die Beziehung in eine Sackgasse entwickelt hat. Sich zurΓΌckzuziehen, auf sich und die eigenen BedΓΌrfnisse zu hΓΆren und sich zu fragen, ob man mit dem Partner weiterhin zusammen bleiben mΓΆchte β die Auszeit gibt den nΓΆtigen Raum. Nach einer AffΓ€re beispielsweise braucht der Betrogene hΓ€ufig eine Auszeit, um den Vertrauensbruch verarbeiten zu kΓΆnnen und zu ΓΌberlegen, wie er mit der Situation weiter umgehen mΓΆchte.
"Als Paartherapeut mache ich immer wieder die Erfahrung, dass die Auszeit ein heilsamer Schritt sein kann. Eine Trennung auf Zeit zu vereinbaren, kann zum Beispiel dann empfehlenswert sein, wenn das Paar nicht mehr weiΓ, ob es noch gemeinsame Ziele hat oder das gegenseitige Vertrauen wirklich wieder hergestellt werden kann", sagt Eckert.
Wann zu viel Distanz schadet
Zu viel Distanz birgt allerdings auch Risiken. Schwierig wird es, wenn das BedΓΌrfnis nach NΓ€he, ZΓ€rtlichkeit und gemeinsamem Austausch dadurch soweit eingeschrΓ€nkt wird, dass entweder eine Seite oder gar beide lΓ€ngerfristig unzufrieden sind.
"Distanz ist ein ganz natΓΌrliches BedΓΌrfnis, das nun mal bei jedem Menschen etwas anders ausfΓ€llt. Daher ist die regelmΓ€Γige Kommunikation sehr wichtig. Wenn es schwer fΓ€llt, offen darΓΌber zu sprechen oder das richtige MaΓ zu finden, kann eine Paartherapie eine mΓΆgliche Hilfe sein", so Eckert.
- eigene Recherche