Darf Trinkgeld auf Kreuzfahrten automatisch kassiert werden?
Auf vielen Kreuzfahrten werden Zwangstrinkgelder unaufgefordert abgebucht. Das fรผhrt zu viel Unmut bei Passagieren und dem Verbraucherschutz. Ist das รผberhaupt erlaubt?
Das Wichtigste im รberblick
Nicht auf jedem Ozeanriesen kรถnnen Reisende selbst entscheiden, ob sie ein Trinkgeld zahlen oder nicht. Einige Reiseanbieter erheben eine pauschale Gebรผhr, die dann automatisch von dem Bordkonto des Passagiers ohne dessen ausdrรผckliche Erlaubnis abgebucht wird.
Darauf sollten Gรคste achten
Das automatische Abbuchen ist laut einem Urteil des Oberlandesgerichtes Koblenz (Az.: 2 U 1260/17) unzulรคssig. Auch ein Hinweis, dass die Zahlung vom Gast nach Bedarf gekรผrzt, erhรถht oder gestrichen werden kann, reichte den Richtern des Oberlandesgerichts nicht aus.
Bereits im Dezember 2017 hatte das Landgericht Koblenz (Az.: 15 O 36/17) in dem gleichen Fall zu Gunsten des Klรคgers und gegen den Reiseveranstalter entschieden. Derartige Zusatzentgelte zum Reisepreis dรผrften nur mit ausdrรผcklicher und gesonderter Zustimmung des Urlaubers kassiert werden, erklรคrt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
Reiseanbieter buchte zehn Euro tรคglich ab
Im verhandelten Fall hatte der Reiseanbieter automatisch zehn Euro pro Person und Nacht als "Trinkgeldempfehlung" vom Bordkonto der Reisenden abgebucht. Das Unternehmen verwies auf eine entsprechende Regelung in den Geschรคftsbedingungen. Im Reiseprospekt wurde darauf hingewiesen, dass die Zahlung an der Rezeption gekรผrzt, gestrichen oder erhรถht werden kรถnne. Dagegen klagten die Verbraucherschรผtzer โ mit Erfolg. Nach Auffassung des Richters verstieร das Unternehmen gegen das Gebot der Ausdrรผcklichkeit. Diese besagt, dass die ausdrรผckliche Zustimmung des Verbrauchers nรถtig ist.
Die Verbraucherschรผtzer loben die Entscheidung der Richter. Es mรผsse dem Passagier รผberlassen bleiben, ob und in welcher Hรถhe er ein Trinkgeld zahlen wolle. Die Sitte, Beitrรคge ohne vorherige Erlaubnis einzubehalten, sei nun laut vzbv rechtswidrig. "In der Kreuzfahrtbranche ist es gรคngige Praxis, die Endpreise durch versteckte Trinkgelder zu erhรถhen. Dem wurde endlich eine Grenze gesetzt." Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskrรคftig.
Warum Sie Trinkgeld geben sollten
Hรคufig zรคhlt das Trinkgeld fรผr die Schiffsmitarbeiter zum monatlichen Einkommen. Viele Reedereien geben daher in ihren Allgemeinen Geschรคftsbedingungen eine ungefรคhre Trinkgeldempfehlung pro Gast pro Tag an. Sie gehen daher davon aus, dass Ihre Mitarbeiter mehr als den im Vertrag festgehaltenen Lohn erhalten. Die Angestellten sind daher teilweise auf die Zusatzeinnahmen angewiesen.
Die Empfehlungen der meisten Reedereien liegen dabei โ abhรคngig von der Kabinenkategorie โ zwischen acht und 15 Euro pro Gast und Tag. Anstatt diese Betrรคge einzeln zu zahlen, bieten einige Redereeien auch eine Servicegebรผhr auf alle Getrรคnke- und Essensrechnungen an. Diese liegt zwischen sieben und 20 Prozent. Der Gast muss der Erhebung der Gebรผhr jedoch ausdrรผcklich zustimmen.
So viel kostet eine Kreuzfahrt am Tag
Kreuzfahrten sind teuer. So gibt laut einer Statistik von Cruise Market Watch ein Passagier wรคhrend einer 8-tรคgigen Kreuzfahrt etwa $ 212,80 (181,60 Euro) aus. Darin enthalten sind neben den Ticketkosten ($161,26, 137,15 EUR) auch Ausgaben an Board wie beispielsweise fรผr das Casino, die Bar, fรผr Landesausflรผge, aber auch das freiwillig gegebene Trinkgeld.
- Nachrichtenagentur dpa-tmn
- Verbraucherzentrale Bundesverband
- Cruise Market Watches
- Oberlandesgericht Koblenz