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Bundeswehr trainiert Peschmerga: "Kurden rotzen das Magazin leer"


"Kurden rotzen das Magazin leer"

von Jan Kuhlmann,dpa

Aktualisiert am 16.04.2015Lesedauer: 3 Min.
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Kurdische Peschmerga-KÀmpfer werden in Erbil von Soldaten der Bundeswehr ausgebildet.Vergrâßern des Bildes
Kurdische Peschmerga-KΓ€mpfer werden in Erbil von Soldaten der Bundeswehr ausgebildet. (Quelle: dpa-bilder)

Wie kΓ€mpft man gegen einen Feind, der Angst und Schrecken verbreitet? In vier Wochen wollen die Kurden das von der Bundeswehr lernen. Ein Blick in das "Kurdistan Training Coordination Center" (KTCC).

Der Feind lauert im Haus nebenan. Zwei Etagen, Fenster ohne Glas, auf dem Dach kΓΆnnten sich ScharfschΓΌtzen verschanzt haben. Der Auftrag des deutschen Oberfeldwebels ist klar: "Das GebΓ€ude mit zwei Sturmgruppen nehmen", befiehlt er dem kurdischen ZugfΓΌhrer Mohammed, einem Mann mit kantigem Gesicht, der etwas unschlΓΌssig schaut. Der Bundeswehr-Soldat spricht langsam, deutlich, aber mit entschiedenem Ton. Im Krieg muss jede Anweisung passen.

Wenig spÀter stürmen die kurdischen Peschmerga auf das GebÀude zu, erobern den ersten Stock, dann den zweiten. Der Angriff lÀuft schleppend, aber immerhin: Das Ziel ist erreicht. Der Oberfeldwebel ist trotzdem nicht zufrieden. "Für den ersten Durchgang nicht schlecht", sagt er. "Aber einiges muss sich noch verbessern." WÀre dies keine Übung, sondern ein echter Angriff gewesen, hÀtte so mancher der Peschmerga sein Leben verloren.

Denn der Feind der Kurden ist nicht nur gut organisiert, sondern auch unerbittlich: Seit Monaten verbreitet die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak Angst und Schrecken. Im Norden und Westen des Landes beherrschen die Extremisten riesige Gebiete. Für die Kurden, die in ihren nordirakischen Gebieten große Autonomie besitzen, geht es im Kampf gegen den IS um die eigene Existenz.

Training in Ruinen

Damit sie für diesen Krieg gerüstet sind, bilden Soldaten aus Deutschland und anderen Nationen in der kurdischen Hauptstadt Erbil Peschmerga-KÀmpfer aus. Als TrainingsgelÀnde dient das "Kurdistan Training Coordination Center", ein verlassenes Baugebiet mit leeren HÀusern, die niemals fertiggestellt wurden. Die MÀnner um Zugführer Mohammed gehâren zur zweiten Gruppe von Kurden, die die vierwâchige Ausbildung durchlaufen. Wenn die fast 500 KÀmpfer an diesem Donnerstag bei einer Zeremonie ihre Zeugnisse erhalten, sollen sie das große Einmaleins der Kriegsführung beherrschen.

An Willen mangelt es den Kurden nicht. "Die Arbeit mit ihnen ist vΓΆllig unkompliziert", sagt der Leiter der deutschen Trainingsgruppe, ein Oberleutnant aus Bayern, dessen Name wie die der anderen Bundeswehrausbilder nicht an die Γ–ffentlichkeit soll - zu groß ist die Angst vor Angriffen von IS-Extremisten. "Die Peschmerga sind hoch motiviert und sehr praktisch orientiert", sagt der 26-JΓ€hrige.

Zudem besitzen die Peschmerga große Erfahrung. Die etwa 35 MÀnner, die von den Deutschen ausgebildet werden, kommen direkt von der Front und sind gute Schützen, auch wenn viele mit geflickten Kalaschnikows in den Krieg ziehen. Doch die Kurden kennen vor allem den Kampf als Miliz in den nordirakischen Bergen. Von einer Schlacht im offenen Feld, von HÀuserkÀmpfen in engen Straßen, von einer Großoffensive, wie sie gegen den IS geplant ist, wissen sie wenig.

"Kurden rotzen das Magazin leer"

Ein Ausbilder formuliert es flapsig: "Wenn die Kurden angreifen, legen sie sich auf einem HΓΌgel in eine Reihe und rotzen das Magazin leer." Den Schutz vor dem Feuer des Feindes vernachlΓ€ssigen sie. Der Oberleutnant ist ΓΌberzeugt: "Wenn die Kurden ihren Eigenschutz stΓ€rken, kΓΆnnten sie 70 bis 80 Prozent weniger Verluste haben."

Das gilt auch fΓΌr den Umgang mit SprengsΓ€tzen, die die IS-KΓ€mpfer verstecken, wo immer sie auftauchen. Sie zu finden und zu entschΓ€rfen ist zentraler Teil der Peschmerga-Ausbildung. FΓΌr die SprengsΓ€tze nutzen die IS-KΓ€mpfer hochmoderne Technologie mit Funk- und Handy-ZΓΌndern. "Das sind richtige TΓΌftler", sagt der Oberleutnant.

Schlechte FΓΌhrung

Das grâßte Problem, das die Bundeswehrsoldaten sehen, ist jedoch ein anderes: mangelnde FührungsqualitÀten der Peschmerga. Unteroffizieren und Offizieren fehlt es an der FÀhigkeit, eine Lage zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wann wird der Feind wo mit welchen Waffen angegriffen? "Die Kurden sollen lernen, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen", sagt Oberstleutnant Jürgen Bredtmann, Sprecher der Bundeswehr in Erbil.

Die Peschmerga hΓΆren bei jeder Ausbildungseinheit aufmerksam zu, auch als der Oberfeldwebel nach dem Sturm des Hauses die Fehler anspricht. "Sehr, sehr gute" Trainer seien die Deutschen, schwΓ€rmt ein Kurde und lΓ€chelt. Die WertschΓ€tzung beruht auf Gegenseitigkeit. Der bayerische Oberleutnant will auf den Kampfeswillen und Mut der Peschmerga nichts kommen lassen: "Wenn die Kurden einen Raum erobern wollen, dann kΓΆnnen sie ihn auch zurΓΌckgewinnen."

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