Gottesdienstbesucher sangen und trugen keine Masken
Der Corona-Ausbruch nach einem Gottesdienst in einer Freikirche in Frankfurt am Main hat bundesweit fĂŒr Schlagzeilen gesorgt. Nun rĂ€umt die Kirche VersĂ€umnisse beim Infektionsschutz ein.
Nach Bekanntwerden von mehr als 100 Covid-19-Infektionen nach einem Gottesdienst in einer Freikirche in Frankfurt am Main gibt es Hinweise auf VersĂ€umnisse beim Infektionsschutz. In einem am Montag auf der Webseite der Gemeinde veröffentlichten Schreiben rĂ€umt die Gemeinde ein: "Im Nachhinein betrachtet wĂ€re es fĂŒr uns angebracht, beim Gottesdienst Mund-Nasen-Schutz-Bedeckungen zu tragen und auf den gemeinsamen Gesang zu verzichten."
Die baptistische Gemeinde hatte nach dem Bekanntwerden des Ausbruchs zunĂ€chst betont, alle Schutzregeln seien eingehalten worden. Der notwendige Abstand sei gewahrt, Desinfektionsmittel bereitgehalten worden. Der hessische Sozialminister Kai Klose (GrĂŒne), auch zustĂ€ndig fĂŒr den Gesundheitsschutz, kĂŒndigte AufklĂ€rung an. "Danach kann erst bewertet werden, ob und wie gegebenenfalls konkret in dem Einzelfall Konsequenzen zu ziehen sind", sagte er. Der besagte Gottesdienst fand bereits am 10. Mai statt. Wie viele Besucher daran teilnahmen, war bis Montag nicht bekannt.
In der Stellungnahme der Gemeinde hieĂ es weiter, die Zahl der Ansteckungen in den Familien der Mitglieder könne weiter steigen, da es in der Gemeinde viele Familien mit fĂŒnf und mehr Kindern gebe. Die Betroffenen seien in hĂ€uslicher QuarantĂ€ne. "Nach Bekanntwerden der Infektion wurden die Gottesdienste sogleich in das Online-Format ĂŒberfĂŒhrt", hieĂ es weiter.
GlÀubige trugen Erreger in die Landkreise
Auf die Möglichkeit einer weiteren Ausbreitung des Virus nach dem Gottesdienst hatte am Wochenende auch der Leiter des Frankfurter Gesundheitsamtes, RenĂ© Gottschalk, aufmerksam gemacht. Er sagte, die meisten Infizierten hĂ€tten sich nicht bei sondern nach dem Gottesdienst zu Hause angesteckt. "Die weitaus meisten sind nicht sonderlich krank. Nach unserem Kenntnisstand ist auch nur eine Person in einem Krankenhaus." Die EinzelfĂ€lle wĂŒrden nachverfolgt. "Wir haben das gut im Griff."
Nach Angaben des Main-Kinzig-Kreises vom Samstag seien allein in Hanau 16 Corona-Infektionen auf den Besuch des Gottesdienstes zurĂŒckzufĂŒhren gewesen, schrieb die "Frankfurter Rundschau" (FR). Deshalb hĂ€tten der Landkreis und die Stadt ein fĂŒr Sonntag geplantes Fastengebet von Muslimen im Hanauer Herbert-Dröse-Stadion abgesagt. Die Veranstaltung wĂ€re mit Blick auf die Geschehnisse in Frankfurt unverantwortlich.
Ein nach dem Gottesdienst infiziertes Kind stammte den Angaben zufolge aus Rosbach im Wetteraukreis. Laut FR besuchte es die Notbetreuung in einem Kindergarten in Karben. Dort sei von allen Kindern und von den Erzieherinnen ein Abstrich genommen worden, wird der Landkreis zitiert. Alle Tests seien negativ ausgefallen. "Niemand hat sich bei dem Kind aus Rosbach angesteckt."
Kirche fordert zur Einhaltung der SchutzmaĂnahmen auf
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat nach Angaben ihres Sprechers Volker Rahn vor Christi Himmelfahrt und damit vor Bekanntwerden der Infektionen bei den Baptisten noch einmal alle Gemeinden zur Einhaltung der SchutzmaĂnahmen aufgefordert. So dĂŒrfe in den Gottesdiensten nicht gesungen werden, es gebe Mundschutzpflicht und es mĂŒssten Listen der Besucher mit Namen und Anschrift angefertigt werden. Es gelte ein mehrere Punkte umfassendes Schutzkonzept und alle Gemeinden seien noch einmal eindringlich auf die Umsetzung hingewiesen worden.
Gerade auch mit Blick auf Pfingsten wĂŒrden viele Gemeinden weiter bei den digitalen Angeboten oder Online-Gottesdiensten bleiben, sagte Rahn. Zudem gebe es "grĂŒne" Gottesdienste im Freien. "Die boomen tatsĂ€chlich." Auch hier gebe es SicherheitsmaĂnahmen. "Wir werden nach den VorfĂ€llen in Frankfurt nicht noch weiter verschĂ€rfen."
Sorge im Bistum Limburg
In der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) sollen Gottesdienste an Pfingsten wie geplant stattfinden: "Der Vorfall in Frankfurt hat keinerlei Auswirkungen auf das Hygienekonzept, das in der EKKW fĂŒr Gottesdienste festgelegt worden ist und akkurat umgesetzt wird", erklĂ€rte PrĂ€lat Bernd Böttner.
Das Bistum Limburg hat den Corona-Ausbruch nach eigenen Angaben mit Besorgnis wahrgenommen. Man wisse jedoch nicht, inwiefern Abstands- und Hygienevorschriften in der Baptisten-Gemeinde eingehalten worden seien, sagte Bistumssprecher Stephan Schnelle am Montag auf Anfrage. Handlungsbedarf bestehe im Bistum Limburg deswegen nicht. "Wir sehen aktuell keinen Anlass dazu, unsere Regelungen grundsĂ€tzlich zu ĂŒberarbeiten oder infrage zu stellen."