Wegen versuchten Totschlags verurteilt Richter beschenkt Ex-Neonazi Kevin P. nach Prozess

Im März kommt es nach der Urteilsverkündung gegen den Alemannia-Hooligan Kevin P. zu einer ungewöhnlichen Geste des vorsitzenden Richters. Das könnte noch Folgen haben.
Der Vorsitzende Richter des Landgerichts, Markus Vogt, hat dem Alemannia-Hooligan und ehemaligen Neonazi Kevin P. (38) nach der Urteilsverkündung am 13. März ein Buch geschenkt. Das bestätigte eine Sprecherin des Aachener Landgerichts am Montag (5. Mai) auf Anfrage von t-online. Weitere Informationen könne man wegen des laufenden Revisionsverfahrens nicht erteilen. Die Aachener Zeitung hatte als Erstes darüber berichtet.
Der wegen zweifachen versuchten Totschlags zu sieben Jahren Haft verurteilte Kevin P. habe das Geschenk von Richter Vogt erhalten, als er von Justizwachtmeistern aus dem Sitzungssaal geführt worden sei, so die Sprecherin. Es handele sich dabei um ein Buch von Omri Böhm und Daniel Kehlmann mit dem Titel: "Der bestirnte Himmel über mir - Ein Gespräch über Kant".
Aachener Richter beschenkt Ex-Neonazi mit Buch: Staatsanwältin nimmt Fall in die Akten auf
Wie die Aachener Zeitung schreibt, habe die Oberstaatsanwältin Jutta Breuer, die in dem Prozess 14 Jahre für Kevin P. gefordert hatte, auf Anfrage mitgeteilt, dass sie den Vorfall in die Akten aufnehmen lassen wolle. Hintergrund dessen sei die vorbehaltliche Sicherheitsverwahrung, die gegen Kevin P. ausgesprochen wurde. Diese regle, dass wenn P. in der Haftzeit weiter eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, er nach seiner Haft weiter im Gefängnis bleiben müsste, bis ein Gutachten das Gegenteil beweist.
Das Schwurgericht um Richter Vogt entscheide über die Sicherheitsverwahrung – die Oberstaatsanwältin sehe offenbar durch die Aktion Vogts eine mögliche Befangenheit, so die Aachener Zeitung. Auch der Anwalt eines von P.s Opfern äußerte gegenüber der Lokalzeitung Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters.
Im Prozess hatte Kevin P. laut der Aachener Zeitung mehrfach Philosophen wie Immanuel Kant und Friedrich Nietzsche zitiert – ein psychologischer Gutachter attestierte ihm hohe Intelligenz. Richter Vogt habe ihm bei der Urteilsverkündung gesagt, dass P. sein Abitur nachholen solle, um seinen Intellekt zu fördern.
Prozess gegen Kevin P.: Alemannia-Verantwortliche waren ebenfalls im Fokus der Staatsanwaltschaft
Kevin P. war neben versuchtem Totschlag wegen mehrerer Körperverletzungsdelikte sowie Drogenhandel angeklagt. Ein besonders schwerer Vorfall hatte sich im Dezember 2023 ereignet, als Kevin P. einen Mann, der eine Prostituierte beklaut hatte, mit Faustschlägen und einem Baseballschläger schwer verletzte. Laut Anklage nahm er dabei auch den Tod des Opfers in Kauf.
Ein Video der Tat hatte er im Anschluss an Alemannia-Trainer Heiner Backhaus sowie den Ex-Aufsichtsratsvorsitzenden Marcel Moberz – zu dem P. ein freundschaftliches Verhältnis pflegte – geschickt. Sie standen im Verdacht, das Video angesehen und für positiv befunden zu haben. Backhaus konnte vor Gericht beweisen, dass er das Video nicht gesehen hatte – Moberz hingegen leugnete es gegenüber der Aachener Zeitung erst und gab später zu, dass er es positiv kommentiert hatte. Er verteidigte sein Handeln später und schrieb in einem Statement auf Facebook, dass das Opfer Kevin P.s "in die Fresse verdient" habe.
Moberz wurde darüber hinaus verdächtigt, das Gewaltvideo weiterverbreitet zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelte deswegen gegen ihn und ordnete eine Hausdurchsuchung an. Er trat daraufhin zurück. Vor Gericht musste er wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens nicht aussagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt momentan zudem in zwei weiteren Fällen im Kreise von Alemannia Aachen – es geht dabei unter anderem um Drogenerwerb- und Besitz.
- Anfrage beim Landgericht Aachen
- aachener-zeitung.de: "Prozess gegen Kevin P.: Richter beschenkt den Gewalttäter nach dem Urteil" vom 3. Mai 2025
- Eigene Artikel