Machtmissbrauch und Schweigekultur Alemannia: Ex-Mitglieder packen über Vereinsspitze aus

Zwei Ex-Mitglieder des Verwaltungsrats von Alemannia Aachen äußern scharfe Kritik. Sie bemängeln fehlende Transparenz und Machtmissbrauch innerhalb der Vereinsführung.
Zwei ehemalige Mitglieder des Verwaltungsrats von Alemannia Aachen erheben im Fan-Podcast "Klömpchenscast" schwere Vorwürfe gegen die ehemalige Vereinsführung der Alemannia. Friedrich Jeschke und Alois Poquett berichten jetzt über ihre Zeit im Kontrollgremium – eine Amtszeit, die mit hohen Erwartungen begann und in Frustration endete.
Sie sprechen von mangelnder Transparenz, fehlender Kontrolle und Machtstrukturen, die ihrer Ansicht nach dringend reformiert werden müssten. Besonders deutlich wird die Kritik an Marcel Moberz, dem Aufsichtsratschef der Alemannia Aachen GmbH. Moberz habe Entscheidungsprozesse dominiert und eine Kultur geschaffen, in der sämtliche Kritik unterdrückt wurde.
Vorwurf: Marcel Moberz hat sämtliche Kritik unterdrückt
Poquett und Jeschke beschreiben detailliert, wie schwer es für sie war, Informationen über die Abläufe in der GmbH zu erhalten. Der Verwaltungsrat, eigentlich als Kontrollgremium des eingetragenen Vereins gedacht, sei systematisch von wichtigen Informationen abgeschnitten worden. "Wir wurden vertröstet und hingehalten", sagt Jeschke. Interne Hinweise auf Probleme, etwa in der Sicherheitsstruktur oder Probleme mit "einzelnen Personen" seien ignoriert oder ausgeblendet worden. Jeschke erinnert sich etwa an ein ehemaliges Verwaltungsmitglied, das antisemitische Hassbotschaften im Netz geteilt hat. Als er darauf hinwies, dass dies eine rote Linie überschreite, habe er von der Vereinsführung einen enormen Gegenwind erfahren.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen Instagram-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren Instagram-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Wenn Jeschke von Problemen mit "einzelnen Personen" spricht, spielt er auf die Verstrickungen der Funktionäre mit gewaltbereiten, rechtsextremen Fans an – allen voran der berüchtigte Kevin P., der aktuell wegen versuchten Totschlags und Drogendelikten im Gefängnis sitzt. Dieser pflegte eine enge Beziehung zum Aufsichtsrat, besonders zu Marcel Moberz.
Hintergrund: Verstrickungen von Funktionären und VerwaltungsraT
Beim Gerichtsprozess von Kevin P., wurden private Chatprotokolle zwischen Moberz und Kevin P. vorgelesen. Darin sendete der Hooligan zum einen Gewaltvideos. Zum anderen fragte der Kokainsüchtige Kevin P. Moberz häufiger auch unvermittelt danach, ob er etwas mitbringen solle. Und versah diese Anfragen mit Zahlen.
Auch das ehemalige Verwaltungsratsmitglied steht Dieter Lübbers steht im Verdacht, Kevin P. für "Schlägerdienste" angesprochen oder beauftragt zu haben. Die Ermittlungen dazu laufen (Stand Juni 2025), es gibt aber noch kein rechtskräftiges Urteil oder abschließende Beweise.
Und Sascha Eller, Geschäftsführer und Sportdirektor von Alemannia Aachen, wurde vor Kurzem freigestellt. In einem öffentlichen Statement gestand Eller kürzlich ein, Fehler im Umgang mit rechtsextremen und gewaltbereiten Fans gemacht zu haben. Er räumte ein, dass die Vereinsführung – also Marcel Moberz, aber auch er selbst – zu viel Nähe zu Personen aus diesem Spektrum zugelassen habe und sich nicht früh und klar genug davon distanziert habe.
Jeschke und Poquett: Uns waren die Hände gebunden
Beide Ex-Aufsichtsratsmitglieder, sowohl Jeschke als auch Poquett, sagen in dem Podcast, dass ihnen durch die Machtstrukturen und das mangelnde Kontrollsystem in der Alemannia auch die Hände gebunden gewesen seien. Entscheidungen seien informell getroffen worden, der Aufsichtsrat sei faktisch nicht kontrollierbar gewesen.
Der Bruch kam, als klar wurde, dass das Gremium nicht auf Aufklärung, sondern auf Schadensbegrenzung setzte. In dieser Zeit traten Lübbers, Moberz und vor kurzem dann auch Eller zurück, um Schaden vom Verein fernzuhalten.
Die Rücktritte von Jeschke und Poquett seien eine Konsequenz aus dem Frust über Machtstrukturen gewesen, die ihnen keinen Handlungsspielraum ließ. Beide berichten in dem Podcast über persönliche Angriffe, über Enttäuschung, aber auch über die Erkenntnis, dass sie Teil eines Apparats waren, der sich systematisch gegen Transparenz gewehrt habe.
Forderungen nach struktureller Reform
Poquett fordert deshalb im Podcast die Abschaffung des Aufsichtsrats und eine direkte Unterstellung der GmbH unter das Vereinspräsidium. Nur so ließen sich Machtmissbrauch und intransparente Entscheidungen verhindern. Jeschke plädiert zudem für eine Compliance-Struktur und klare Regeln für das Verhalten und die Verantwortlichkeiten aller Funktionsträger.
Beide sind trotz aller Enttäuschung weiterhin mit dem Verein verbunden, wenn auch nicht mehr in offiziellen Rollen. Ihre Hoffnung: Dass die nächsten 125 Jahre des Vereins durch veränderte Strukturen, eine neue Fehlerkultur und mehr Transparenz geprägt sein werden. "Wenn uns das gelingt, sind wir für die Zukunft gut aufgestellt", sagt Jeschke zum Abschluss.
- Podcast "Klömpchenscast": "Folge 60 I Zwei Rücktritte und klare Worte"
- Eigene Artikel
- Eigene Recherche
- Reporterin vor Gericht