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Berlin: Brandanschläge von Neonazis – Freispruch


Mangel an Beweisen
Brandanschläge von Neonazis: Freispruch für Angeklagten

Von dpa
Aktualisiert am 15.12.2022Lesedauer: 3 Min.
Die Justizia in Frankfurt am Main unter Gewitterwolken.Vergrößern des BildesEine Statue der Justizia (Symbolbild): Der Angeklagte bekam eine Geldstrafe. (Quelle: blickwinkel/imago-images-bilder)
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Eine Serie von rechtsextremen Verbrechen erschütterte Neukölln. Nun wurde einer der Angeklagten freigesprochen – aus Mangel an Beweisen.

Nach einer Serie rechtsextremer Straftaten in Berlin-Neukölln ist einer der beiden Hauptangeklagten vom Vorwurf der Brandstiftung freigesprochen worden. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den 39-Jährigen am Donnerstag lediglich wegen Sachbeschädigung in neun Fällen zu einer Geldstrafe von 4500 Euro (150 Tagessätze zu je 30 Euro). In drei Fällen davon wurde er wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen schuldig gesprochen. Damit blieb die Generalstaatsanwaltschaft mit einem zentralen Punkt ihrer Anklage erfolglos.

Das Gericht habe feststellen können, dass der Beschuldigte eine rechte Gesinnung habe, sagte Richterin Ulrike Hauser bei der Urteilsverkündung. Es habe auch feststellen können, dass der 39-Jährige gemeinsam mit dem Mitangeklagten (36) politische Gegner ausspioniert habe. Es sei aber nicht festzustellen, dass er sich in der Nacht zum 1. Februar 2017 in der Nähe der Tatorte aufgehalten habe. In jener Nacht waren in Neukölln die Autos von einem Buchhändler und Linke-Politiker Ferat Kocak in Flammen aufgegangen. Beide engagieren sich gegen Rechtsextremismus. Aus Sicht der Generalstaatsanwaltschaft sollten sie und gleichgesinnte Menschen in dem Bezirk eingeschüchtert werden.

Kocak, der Nebenkläger in dem Verfahren war, zeigte sich enttäuscht: "Wir bewerten den Freispruch als Freifahrtschein für Menschen, die dort weiterhin rechtsterroristisch agieren." Seine Anwältin Franziska Neddelmann ließ zunächst offen, ob sie in Berufung geht. Sie wolle abwarten, wie die Generalstaatsanwaltschaft vorgehe, sagte sie auch mit Blick auf die Kosten für ihren Mandanten.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte eine Gesamtfreiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren Haft gefordert. Dabei hatte sie eine rechtskräftige Verurteilung zu eineinhalb Jahren Haft einbezogen, zu der der 39-Jährige nach einer Attacke auf einen Taxifahrer im Februar 2021 unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens verurteilt worden war. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt.

Gut zwei Stunden hatten die Oberstaatsanwältinnen Pamela Reinsdorff und Eva-Maria Tombrink ihre Indizienkette erläutert. Ihre Erkenntnisse stützten sie vor allem auf die Auswertung von Daten aus sichergestellten Handys und Laptops. Eine Liste mit Daten von mehr als 500 Menschen galt etwa als Indiz dafür, dass die Angeklagten – einer gehörte früher der NPD an, der andere war zeitweise im AfD-Vorstand – politische Gegner ausspionierten. Der Berliner Verfassungsschutz war den Männern damals auf den Fersen – doch kurz vor den Brandanschlägen hörte die Beobachtung auf.

Berlin: Verfassungsschutz in Fall verwickelt?

Für Nebenkläger-Anwältin Neddelmann bleibt der Verfassungsschutz die "große Leerstelle" in dem Verfahren. Sie warf dem Gericht mangelnden Aufklärungswillen vor. Es liege nahe, dass der zweite Hauptbeschuldigte V-Mann für den Verfassungsschutz gewesen sei. "Es bleibt für meinen Mandanten die Frage, ob der Brandanschlag unter den Augen des Verfassungsschutzes erfolgte", sagte sie. Nun sei es Aufgabe des Untersuchungsausschusses des Abgeordnetenhauses Berlin, die Vorfälle weiter aufzuklären. Sonderermittler hatten 2021 Fehler von Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz festgestellt.

Die Ermittlungen zu der Anschlagsserie vor allem zwischen 2016 und 2019 hatten sich jahrelang hingezogen. Mehr als 70 rechtsextreme Straftaten hatten die Ermittlungsbehörden seit 2013 in Neukölln gezählt. 2021 erhob schließlich die Generalstaatsanwaltschaft Anklage. Diese erfasste nur einen Bruchteil der Vorfälle. Im vergangenen August begann schließlich der Prozess.

Dieser war ursprünglich gegen fünf Beschuldigte geplant. Das Verfahren gegen einen 48-Jährigen wurde jedoch wegen Krankheit abgetrennt. Gegen einen 50-Jährigen war wegen Sachbeschädigung in zwei Fällen eine Strafe von 900 Euro (60 Tagessätze zu je 15 Euro) per Strafbefehl ergangen. Dagegen legte er jedoch Einspruch ein. Im Oktober wurde dann bereits ein Mitangeklagter (38) wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 4500 Euro (150 á 30 Euro) verurteilt. Nun folgte der Schuldspruch für einen der Hauptangeklagten.

Gegen seinen mutmaßlichen Komplizen soll das Verfahren am 4. Januar weitergehen. Dem 36-Jährigen wird auch Betrug vorgeworfen. Er soll zu Unrecht Arbeitslosenhilfe und Corona-Hilfen bezogen haben.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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