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Robben & Wientjes ist Geschichte: Ein Rebell ist gestorben


Aus von Robben & Wientjes
Ein Rebell ist gestorben

MeinungVon Yannick von Eisenhart Rothe

15.08.2023Lesedauer: 2 Min.
Meinung
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Ein Longboarder und ein Radfahrer lassen sich von einer "Robbe" ziehen (Archivbild, 2005): Die Fahrzeuge prägten jahrzehntelang das Berliner Stadtbild.Vergrößern des Bildes
Ein Longboarder und ein Radfahrer lassen sich von einer "Robbe" ziehen (Archivbild, 2005): Die Fahrzeuge prägten jahrzehntelang das Berliner Stadtbild. (Quelle: IMAGO / Kathrin Schubert)

Ein Besuch bei Robben & Wientjes war wie eine Zeitreise. Und wenn man einen Unfall hatte, ging der Chef ans Telefon. Also, vermutlich. Ein Nachruf.

Als Journalist ist man daran gewöhnt, tagtäglich mit schlechten Nachrichten konfrontiert zu sein. Es gibt aber Nachrichten, die besondere Reaktionen auslösen. Das Aus der Autovermietung Robben & Wientjes gehört dazu. Weil fast jeder in Berlin mit der Firma persönliche Geschichten verbindet. "Waaaaaaas, wirklich?", war die meistgehörte Reaktion auf die Nachricht in der Berliner t-online-Redaktion. "Daumen hoch fällt hier ja schwer", schrieb die Kollegin aus dem Lektorat, die sonst fertig abgenommene Texte mit dem entsprechenden Daumen versieht.

1978 wurde Robben & Wientjes in Kreuzberg gegründet, von Dietmar Robben und Ulrich Wientjes. Die Transporter der Firma mit der kleinen blauen Robbe prägten über Jahrzehnte das Stadtbild. Nicht nur das: "Robbe", wie jeder die Fahrzeuge der Vermietung nannte, wurde zu einem feststehenden Begriff, wie Tempo für Taschentücher. Was zu transportieren? Miet dir ne Robbe. Berliner, die es in andere Städte verschlug, stellten erstaunt fest, dass es dort keine Robben gab.

Kettenraucher mit Berliner Schnauze

Ein Besuch in der Stammfiliale von Robben & Wientjes war wie eine Zeitreise. Noch in den 2010ern, als Rauchen in geschlossenen Räumen längst fast überall verboten war, rauchten gefühlt alle Mitarbeiter in dem Bürohäuschen Kette und tranken dazu schwarzen Filterkaffee.

Kunden wurden mit der herzlichen Berliner Direktheit behandelt, die manche als Unfreundlichkeit missverstehen. "Reserviert haste? Na denn. Hier haste den Schlüssel, nich kaputtmachen jefälligst." Die Reservierungen wurden bei Robben & Wientjes nicht im Computer erfasst, sondern handschriftlich auf riesigen Papierbögen, die die Mitarbeiter über die Schreibtische wuchteten. Die Firma war ein sympathischer Rebell gegen die moderne Welt.

"Wientjes am Apparat, wat kann ick für Sie tun?"

Neben den Transportern hatte die Vermietung auch Kleinbusse im Angebot. Bei einem Trip nach Belgien vor ein paar Jahren zerstörte ich bei einem von ihnen beim Losfahren die Plastikverkleidung des Außenspiegels. Panischer Anruf bei der Notfallnummer von Robben & Wientjes, es war Wochenende. "Wientjes am Apparat, wat kann ick für Sie tun?", meldete sich eine Männerstimme. Alles halb so wild, beruhigte Herr Wientjes. Etwa 30 Euro kostete der Fahrfehler am Ende. Ob das wirklich Mitgründer Ulrich Wientjes war, der da ans Notfalltelefon ging, weiß ich bis heute nicht. Es passte aber so perfekt ins Bild, dass ich davon überzeugt war.

Der Anfang vom Ende war die Schließung der Kreuzberger Filiale im Jahr 2018. Wo damals der Zigarettenrauch über den Parkplatz waberte, steht heute ein riesiger, eiskalter Büroklotz namens "The Shelf". Kreuzberg ist, wo sogar Autovermietungen weggentrifiziert werden.

Dass so ein leicht aus der Zeit gefallenes Unternehmen nicht ewig existieren kann, überrascht nicht. Zuletzt gab es zwar sogar eine App. Mit den riesigen Weltunternehmen, deren Vans inzwischen an jeder Straßenecke stehen, konnte man aber nicht mithalten. Bereits vor ein paar Jahren verkauften die Gründer das Unternehmen an Buchbinder, jetzt ist ganz Schluss. Mach es gut, kleine Robbe. Berlin wird dich vermissen.

Verwendete Quellen
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