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Nahost-Konflikt: Rabbiner, Pfarrer und Imam über gemeinsames Zusammenleben


Spannungen wegen des Nahostkonflikts
Berliner Imam: "Wir sind ein Störeffekt"


Aktualisiert am 05.11.2023Lesedauer: 1 Min.
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Vor der t-online-Kamera sprechen Rabbiner Andreas Nachama, Imam Kadir Sancı und Pfarrer Gregor Hohberg unter anderem über den Krieg in Nahost. (Quelle: t-online)

Die Eskalation im Nahostkonflikt hat weltweit zu Spannungen zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen geführt. Drei Experten erklären, was sich ändern muss.

Sie sind ein ungewöhnliches Dreiergespann: Andreas Nachama, Rabbiner, Gregor Hohberg, evangelischer Pfarrer, und der Imam Kadir Sancı. Gemeinsam wollen sie im Berliner "House of One" zeigen, dass verschiedene Religionen friedlich miteinander leben können.

Eine Botschaft, die derzeit wieder hochaktuell ist. Denn nach dem Angriff der Hamas auf Israel Anfang Oktober und der israelischen Gegenoffensive im Gazastreifen, haben sich die Spannungen zwischen Juden, Christen und Muslimen vielerorts verschärft – weltweit kam es verstärkt zu Angriffen auf jüdische Einrichtungen und Gläubige.

So soll das "House of One" von außen aussehen.
So soll das "House of One" von außen aussehen. (Quelle: "House of One")

"House of One"

Das "House of One" ist ein interreligiöses Dialog- und Bauprojekt, das von Gregor Hohberg (Pfarrer), Kadir Sancı (Imam) und Tovia BenChorin (Rabbiner) ins Leben gerufen wurde. 2028 soll das Gebäude fertig gebaut sein.

Um dem entgegenzuwirken, müssen alle an einem Strang ziehen, sagt Imam Sancı, auch Politiker und Pädagogen. Und manchmal müsse man die Menschen mit Ungewöhnlichem konfrontieren.

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"Wir sind ein Störeffekt, weil die Menschen nicht gewohnt sind, einen Rabbiner, Vater und Imam nebeneinander zu sehen."

Die Eskalation im Nahen Osten hat weltweit für Spannungen und auch Auseinandersetzungen zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religionen geführt.

Auch hier in Deutschland kam es bereits zu zahlreichen Protesten und Angriffen.

Diese drei glauben aber, dass es auch anders geht. Dass Menschen friedlich zusammen leben können, auch wenn sie unterschiedlichen Glaubensrichtungen angehören.

"Ich bin Andreas Nachama, Rabbiner im Haus of One."
"Gregor Hohberg, Pfarrer im Haus of One."
"Mein Name ist Kadir Sancı, ich bin Imam im Haus of One."

Das Haus of One ist ein Anlaufpunkt für Menschen verschiedener Religionen, der in Berlin-Mitte entsteht. Christen, Juden und Muslime sollen hier unter einem Dach zusammenkommen. Den Geistlichen ist es wichtig, Dialog und Verständigung jederzeit zu fördern und nicht erst, wenn ein Krieg ausbricht.

"In Konfliktzeiten hört man uns natürlich eher zu als in anderen Zeiten."

Wichtig sei dabei vor allem, früh anzufangen.
"Willy Brandt hat das mal in einem anderen Kontext gesagt: ‘Die Schule ist die Schule der Nation.’ Also in der Schule muss Respekt und Toleranz, Umgang miteinander gelernt werden. Aber wenn die Leute nach zehn Jahren Schule aus der Schule kommen und nicht mehr rechnen und schreiben können, dann werden sie natürlich auch diese sekundären Aufgaben der Schule nicht erfüllen."

"Und ich finde es, es fängt sogar vor der Schule an. Wir haben ja ein Partner-Projekt, die Drei-Religionen-Kita, die also auch versucht, mit einer jüdischen, muslimischen und christlichen Trägerschaft ein Haus zu bauen, hier auch in Berlin-Mitte. Wo die Kinder schon miteinander lernen umzugehen mit Verschiedenheit. Und das nicht nur als Problem sehen, sondern das ist ja auch das Tolle, was wir hier erleben, sondern das ist ja ungeheuer bereichernd."

Imam Sancı betont zudem, dass Erfahrungen in der Schule vor allem dann wirksam sind, wenn sie aus dem Alltag herausstechen.

"Der Lerneffekt, der auch bleibend ist, der wird ausgelöst, wenn etwas Außergewöhnliches passiert, also ein Störeffekt. Und genau das sind wir eigentlich. Wir sind ein Störeffekt, weil die Menschen nicht gewohnt sind, einen Rabbiner, Vater und Imam nebeneinander zu sehen. Und wenn wir in eine Schule kommen, dann sind sie zuerst mal schockiert und dann können wir denen auch helfen, dann kann auch etwas Bleibendes entstehen."

Doch nicht nur Bildungseinrichtungen wie Schulen und Kindergärten seien für einen wirkungsvollen Effekt entscheidend.

"Es gibt noch einen Faktor: Eltern. Zu Hause fängt alles an, und wenn ich sehe, dass Kinder manchmal jetzt mit dem, was ich erzähle, nichts anfangen können, dann sehe ich, dass es eigentlich in der Familie angefangen hat. Wenn Kinder manchmal gewalttätig sind, weiß ich oder kann ich vermuten, zusammenrechnen: Es fängt schon in der Familie an."

"Ich bin ein Imam. Ja, ich kann vielleicht einiges bewirken, aber ich brauche in dieser Gesellschaft Pädagogen, Psychologen, Politiker, Diplomaten. Wir müssen zusammenschließen, uns zusammenschließen und helfen, dass diese Gesellschaft viel besser wird."

Welche Maßnahmen das Miteinander der Religionen laut den Glaubensvertretern verbessern können und warum es auch mal gut ist, Schüler zu schockieren, sehen Sie im Video oben oder wenn Sie hier klicken.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Andreas Nachama, Kadir Sancı und Gregor Hohberg
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