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Berlin | Spektakulärer Coup um 49 Millionen Euro: Kronzeuge packt aus


Spektakulärer 49-Millionen-Euro-Coup
Kronzeuge gesteht: "Ich habe nur noch gelogen"

  • Nils Heidemann
Von Nils Heidemann

Aktualisiert am 14.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Die Täter beim Abtransport der Beute: Dieser soll laut Anklage mehrere Stunden gedauert haben. Anschließend sollen die Täter ein Feuer gelegt haben.Vergrößern des Bildes
Die Täter beim Abtransport der Beute: Dieser soll laut Anklage mehrere Stunden gedauert haben. Anschließend sollen die Täter ein Feuer gelegt haben. (Quelle: privat)

Es war ein filmreifer Diebstahl mitten in Berlin, bei dem Wertgegenstände im Wert von 49 Millionen Euro verschwanden. Nun hat der Kronzeuge vor Gericht ausgesagt.

Im Fall um den spektakulären Diebstahl aus einem Tresorraum in Berlin-Charlottenburg hat am Montag der Kronzeuge des Prozesses, Thomas St., ausgesagt und die Tat gestanden. "Ich bereue es zutiefst", sagte der 52-Jährige mit ruhiger Stimme. Der Angeklagte war der Geschäftsführer der betroffenen Schließfachfirma und soll es anderen Männern ermöglicht haben, die 49 Millionen Euro aus dem Tresorraum in der Fasanenstraße zu erbeuten.

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Zu der Tat kam es am 19. November 2022. Entwendet wurden an diesem Tag Dutzende Luxusuhren, Bargeld, Edelmetalle und Wertpapiere aus 295 Schließfächern. Die Beute im Wert von knapp 50 Millionen Euro ist bis heute verschwunden. Nach der Tat legten die Angeklagten Feuer.

Kronzeuge gesteht erneut

St. soll mit vier weiteren Angeklagten, im Alter von 26 bis 42 Jahren und aus dem Clanmilieu, zusammengearbeitet haben, weil er bei ihnen Schulden in Höhe von 1,3 Millionen Euro aus Geldwäschegeschäften gehabt haben soll. Den Männern wird Diebstahl in besonders schwerem Fall und Brandstiftung vorgeworfen.

Alle Punkte der Anklage gegen ihn seien wahr, sagte er am Montag. "Mir war nicht klar, dass diese Tat mein privates und berufliches Umfeld zerstört." Er habe sich "aus einem Chaos" heraus an der Tat beteiligt, sei anschließend mit dem enormen Druck nicht klargekommen.

Erste Überlegungen zu dem Geldwäschegeschäft habe es im Mai 2022 seitens des 42-jährigen Mitangeklagten Bilal M. gegeben. St. habe zuvor immer wieder losen Geschäftskontakt zu M. gehabt.

Der 52-jährige Kronzeuge willigte nach eigener Aussage auch ein, um Verluste seiner Firmen durch die Corona-Pandemie ausgleichen zu wollen. Doch der Druck des Geldwäschegeschäftes sei rasant gewachsen, jeden Tag habe er Gelder bereitstellen müssen. Das habe ihn massiv überfordert.

Um die entstandenen 1,3 Millionen Euro Schulden auszugleichen, soll Clanmitglied M. im September 2022 bei einem weiteren Treffen die Schließfachanlage ins Gespräch gebracht haben. "Es war ein Wink mit dem Zaunpfahl, um meine Probleme mit der Rückzahlung zu lösen", so der 52-jährige Kronzeuge. Bedroht worden sei er von den Clanmitgliedern allerdings nie.

Er habe eher aus einer Überforderung heraus gehandelt, weil er nicht gewusst habe, wie er die Verbindlichkeiten begleichen sollte. Unterstützung in der darauffolgenden Planung der Tat erhielt er nach eigenen Aussagen von den Mitangeklagten Muhammet H. (42) und Mahmoud M. (26), der bereits zuvor bei den Geldwäschegeschäften unterstützt haben soll.

Treffen in der Dämmerung auf Baumarkt-Parkplatz

Mit diesen beiden Personen habe es in der Folge mehrere Treffen gegeben, unter anderem in den Abendstunden auf einem Baumarkt-Parkplatz in Halensee. St. habe dort Informationen zum Grundriss des Tresorraums, zu der Alarmanlage und zu Versicherungslisten der Schließfächer überreicht.

Außerdem habe er einen fingierten Sicherheitsdienst engagiert, die er – so seine Aussage vor Gericht – mit Transpondern und Schlüsseln ausstattete. Zudem habe er dafür gesorgt, dass die Alarmanlage in einem bestimmten Zeitraum ausgestellt war.

"Ich habe nur noch gelogen. Ich wusste nicht mehr, wo hinten und vorne ist", sagte St. Als er nach der Tat das Schadensbild gesehen habe, sei er geschockt gewesen: "Es war ein Albtraum."

Einen letzten Kontakt zu den Mitangeklagten habe es am 7. Dezember in einer Tiefgarage am Kurfürstendamm wegen einer Ungereimtheit bei der Ausführung der Tat gegeben. St. spricht rückblickend von einem "Vollchaos". Er habe kein Geld mehr gehabt, "stand mitten in der Insolvenz" und benötigte 50.000 Euro, weil er ansonsten keine Geschäfte mehr habe ausführen können.

In der Folge hätten die Ermittler vermehrt gegen ihn ermittelt, er selbst sei ab circa Januar als Beschuldigter angesehen worden. Ihm sei zu diesem Zeitpunkt immer klarer geworden, dass der Plan nicht aufgehen könne: "Ich wusste nicht, wem ich mich anvertrauen sollte."

Kronzeuge unter Polizeischutz, weitere Angeklagte hinter Sicherheitsglas

Zu einer Hausdurchsuchung sei es schließlich am 1. März 2023 gekommen. Bereits kurz nach der darauf folgenden Festnahme hatte der Ex-Geschäftsführer umfassend ausgesagt und die Tat gestanden.

Durch sein Geständnis kann St. auf Strafminderung hoffen. Den anderen Angeklagten hingegen dürften seine Aussagen nicht gefallen. Deshalb befindet sich St. derzeit im Zeugenschutzprogramm, wurde auch an diesem Verhandlungstag streng bewacht. Ihm gegenüber saßen die vier weiteren Angeklagten hinter Sicherheitsglas. Sie befinden sich derzeit in der JVA Moabit und verfolgten die Aussagen von St. regungslos.

Der Prozess wird noch bis Januar fortgeführt, weiter geht es am 16. November.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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