Gefälschte Presseausweise auf Palästina-Demos "Das ist das Gegenteil von Journalismus"
Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands DJV verurteilt Aktivisten, die auf Demonstrationen Pressevertreter angreifen. Aber auch den Umgang der Polizei mit Medienvertretern kritisiert Mika Beuster scharf. Seine Forderungen.
Pro-palästinensische Aktivisten behindern aktuell auf Demonstrationen in Berlin regelmäßig Journalisten bei der Arbeit. Aber auch in anderen Städten und aus anderen Anlässen kommt es zu Zwischenfällen mit Demonstranten. Selbst körperliche Übergriffe auf Medienvertreter kann die Polizei oft nicht verhindern – für DJV-Chef Mika Beuster ein unhaltbarer Zustand. Ein Gespräch über Aktivismus, Anfeindungen und gefälschte Presseausweise.
t-online: Herr Beuster, wie blicken Sie auf die Arbeit der Presse bei pro-palästinensischen Demonstrationen?
Mika Beuster: Es beunruhigt mich ganz allgemein, welche Atmosphäre deutschlandweit bei Demonstrationen gegen die Presse herrscht. Auf Versammlungen laufen Journalisten grundsätzlich Gefahr, angefeindet oder sogar körperlich angegriffen zu werden – auch auf pro-palästinensischen Demonstrationen. Da werden Journalisten, die nur ihren Job machen, zu Freiwild. Das darf nicht sein.
Journalisten stehen doch eigentlich unter besonderem Schutz?
Polizeibeamte sind auf Demonstrationen einem hohen Stress ausgesetzt. Sie müssen innerhalb kürzester Zeit Entscheidungen treffen. Bei der Abwägung zwischen dem Demonstrationsrecht und der Pressefreiheit entscheidet die Polizei leider oft zu Ungunsten der Pressefreiheit: Kollegen werden regelmäßig an den Rand von Versammlungen verwiesen, weil die Beamten sie nicht schützen können.
Wie kann man das Problem lösen?
Die Polizei darf nicht pauschal das Grundrecht der Pressefreiheit hinten herunterfallen lassen. Vielmehr müssen die Beamten trotz des Zeitdrucks sorgfältig entscheiden. Das gehört dringend in die Ausbildung der Einsatzkräfte.
Immer häufiger geben sich Pro-Palästina-Aktivisten als Journalisten aus. Inwiefern erschwert dies der Polizei die Arbeit?
Das ist natürlich ein Problem. Denn die Aktivisten wollen nicht journalistisch arbeiten. Ihnen geht es darum, hinter Absperrungen zu gelangen und die Arbeit echter Journalisten zu behindern. Oder sie wollen agitieren und Reden halten. Das ist aber das Gegenteil von Journalismus.
In mehreren Fällen zeigen Aktivisten auf Demonstrationen sogar vermeintliche Presseausweise vor. Sind diese Dokumente echt?
Oft handelt es sich um Fantasie-Ausweise voller Rechtschreibfehler, die auch einem Laien sofort auffallen. Uns wurde aber zugetragen, dass auch hochwertigere Fälschungen im Umlauf sind. Auch hier muss die Polizei sensibilisiert werden.
Die Berufsbezeichnung "Journalist" ist nicht geschützt. Das macht es Aktivisten leicht, sich als Journalisten auszugeben. Sollte man den Zugang zum Beruf erschweren?
Das Grundgesetz garantiert die Pressefreiheit. Und das muss auch so bleiben. Trotz der Probleme mit Aktivsten schließe ich einen staatlich regulierten Zugang zum Beruf des Journalisten aus. Das ließe sich mit einer freien Presse in einer Demokratie nicht vereinbaren. Außerdem wird von den Journalismusverbänden streng geprüft, wer den bundeseinheitlichen Presseausweis erhält. Gleichzeitig müssen wir mit dem Finger auf Scharlatane zeigen, die unter dem Deckmantel des Journalismus ihre eigenen Ziele verfolgen. Denn das ist Missbrauch.
Herr Beuster, danke für das Gespräch.
- Interview mit Mika Beuster