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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ohne Schule keine Vermietung Bürokratie: 300 Wohnungen frei, aber niemand darf sie mieten

In Berlin mangelt es an Wohnraum. Doch in Reinickendorf stehen 300 neue Wohnungen leer und dürfen nicht bezogen werden – wegen einer fehlenden Schule. Ein Behörden-Dilemma.
Steht man in der Cité Foch, einem Kiez in Berlin-Reinickendorf, ist man umgeben von lauter Mehrfamilien-Neubauten. Innerhalb weniger Jahre hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Bauherrin rund 600 Wohnungen in Auftrag gegeben. Etwa die Hälfte wird bereits in diesem Jahr vermietet, für fast 300 weitere Wohnungen muss das Bezirksamt allerdings auf eine Genehmigung des Senats warten. Eine fehlende Schule ist das Problem.
Die Cité Foch war zur Zeit der Besatzung nach dem Zweiten Weltkrieg eine Wohnsiedlung für die französischen Streitkräfte. Daher tragen die Straßen französische Namen. 2022 begann die Wohnbauoffensive in der Avenue Charles de Gaulle, der Rue Montesquieu und der Rue Racine. Vorrangig sollen die neuen Wohnungen laut Bundesanstalt an Bundesbedienstete vermietet werden, also an all jene, die beim Bund verbeamtet sind oder beispielsweise als Soldaten bei der Bundeswehr arbeiten.
Doch wenn in die Drei- bis Vierzimmerwohnungen Familien mit ihren Kindern einziehen, steigt auch der Bedarf an Schulplätzen – und genau hier steht der Bezirk vor einem Dilemma. Im Zuge der Haushaltseinsparungen des Berliner Senats wurden im vergangenen Jahr einige Schulvorhaben gestrichen oder auf unbestimmte Zeit verzögert. Das gilt auch für den Neubau einer Grundschule in der Cité Foch.
Schulbau wirkt sich unmittelbar auf Wohnbauvorhaben aus
Eigentlich soll der Neubau von der bestehenden Münchhausen-Grundschule bezogen werden. Eigentlich sehen die Pläne vor, dass die Schule in dem neuen Gebäude vier anstatt den bisherigen drei Klassenzügen pro Jahrgang anbieten kann. Und eigentlich sollen damit 144 zusätzliche Schüler aufgenommen werden – nur liegen all diese Pläne nach den Sparzwängen des Landes für unbefristete Zeit auf Eis.
Wie eine Pressesprecherin der BImA auf Anfrage von t-online mitteilt, müsse der "weit fortgeschrittene Bebauungsplan des Bezirks Reinickendorf Rechtskraft erlangen", bevor die 300 ausstehenden Wohnungen bezogen werden können. Dies sei dem Bezirk allerdings nicht möglich, sofern die benötigten Schulplätze nicht sicher seien.
Die "Bereitstellung ausreichender Schulkapazitäten" sei eine Voraussetzung für die "Genehmigung und Umsetzung der geplanten Wohnungsbauprojekte", bestätigt auch das Bezirksamt Reinickendorf auf Anfrage. Verzögerungen beim Schulbau wirkten sich daher "unmittelbar auf die zeitliche Realisierbarkeit" der ausstehenden Neubauten aus. Also: keine neuen Schulplätze, keine vermietbaren Wohnungen.
Mehrkosten durch Verzögerung im Millionenbereich
Die Problematik sei dem Senat bekannt, so die Pressesprecherin der BImA weiter, weshalb sich eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe mit einer Lösung des Problems befasse. Bis dahin "verzögert dieser Umstand sicherlich den zügigen Weiterbau der BImA in der Cité Foch und daher die weitere Vermietung". Das Bezirksamt ergänzt, dass auch Ersatzstandorte für die Schulplätze geprüft würden.
In einer Mitteilung des Bezirksamts Reinickendorf vom November 2024 werden mit dem ausbleibenden Schulneubau auch erheblich steigende Kosten erwartet. So rechnet der Bezirk bei einer Verzögerung von drei bis vier Jahren mit Mehrkosten in Höhe von 15 bis 20 Millionen Euro. Hinzu kämen Einnahmeverluste und der Wegfall von Fördermitteln, die ebenfalls im Millionenbereich lägen.
- Schriftliche Anfrage an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
- Schriftliche Anfrage an das Bezirksamt Reinickendorf
- wohnraumoffensive.bundesimmobilien.de: Cité Foch Berlin
- mein.berlin.de: Neubau einer 4-zügigen Grundschule mit Sporthalle – Cité Foch
- berlin.de: Pressemitteilung des Bezirksamts Reinickendorf vom 27. November 2024