Umstrittenes Urteil in Berlin Freispruch nach Palästina-Parole: Rechtsmittel eingelegt

Die Berliner Justiz ringt um die Bewertung der Parole "From the river to the sea". Das Amtsgericht Tiergarten sprach eine Aktivistin frei, doch die Staatsanwaltschaft gibt nicht auf.
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat gegen den Freispruch einer propalästinensischen Aktivistin Rechtsmittel eingelegt. Die 38-Jährige hatte die umstrittene Parole "From the river to the sea, palestine will be free" verwendet. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft teilte mit, dass zunächst ein "unbestimmtes Rechtsmittel" eingelegt worden sei. Die weitere Vorgehensweise hänge von der schriftlichen Urteilsbegründung ab.
Das Amtsgericht Tiergarten hatte die Frau am Mittwoch vom Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen freigesprochen. Sie hatte zwischen April und Juli 2024 auf Instagram und bei Demonstrationen in Berlin die Parole verbreitet und auch durch Megafone skandiert. Der Richter sah keine Strafbarkeit.
Richter: Angeklagte wollte nicht die Hamas unterstützen
Die Angeklagte habe nicht die Hamas unterstützen wollen, begründete er. Der Jurist bezog sich auch auf einen Beschluss des Berliner Landgerichts vom April 2025. Die Frage, ob der Ausspruch ein Kennzeichen der Hamas ist, sei in der Rechtsprechung und Literatur umstritten, heißt es darin.
Das Urteil stieß teils auf heftige Kritik. Das Internationale Auschwitz Komitee zeigte sich enttäuscht und sprach von einer "zynischen und bitteren Botschaft" für Holocaust-Überlebende. Das Bundesinnenministerium hatte die Parole als Kennzeichen der verbotenen islamistischen Palästinenserorganisation Hamas eingeordnet. Mit dem Satz ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer – dort, wo sich jetzt Israel befindet.
Gerichte bewerten Strafbarkeit der Parole unterschiedlich
Die Gerichte bewerten die Strafbarkeit der Parole bislang unterschiedlich. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es noch nicht. "Die Staatsanwaltschaft geht weiterhin von der Strafbarkeit der Parole aus", sagte der Behördensprecher. Darum habe man Rechtsmittel eingelegt.
Die angeklagte Aktivistin hatte die Vorwürfe vor Gericht über ihren Verteidiger gestanden. In einem politischen Statement sagte sie, ihr werde fälschlicherweise Antisemitismus unterstellt. Sie setze sich für das palästinensische Volk ein, deshalb werde sie diffamiert. Die Parole bedeute für sie Gerechtigkeit und Selbstbestimmung. In weiteren Punkten der Anklage wurde die Frau zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro verurteilt (120 Tagessätze zu je 15 Euro). Das Gericht sprach sie des Widerstands sowie des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, der Verleumdung und der versuchten Körperverletzung schuldig.
- Nachrichtenagentur dpa
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