Freispruch trotz Hamas-Parole Aktivistin darf "From the river to the sea" skandieren

Eine Aktivistin skandiert einen Hamas-Slogan bei Demos – und wird dafür nicht rechtlich belangt. Das Urteil löst heftige Kritik, aber auch Jubel vor dem Gerichtsgebäude aus.
Eine propalästinensische Aktivistin ist vom Amtsgericht Tiergarten in Berlin im Hauptanklagepunkt freigesprochen worden. Die 38-Jährige hatte zwischen April und Juli 2024 die umstrittene Parole "From the river to the sea, Palestine will be free" auf Instagram verbreitet und bei Berliner Demonstrationen skandiert. Das Gericht sah darin keine Strafbarkeit.
Die Angeklagte habe nicht die Hamas unterstützen wollen, erklärte der Vorsitzende Richter Philipp Berkholz. Er verwies auf einen Beschluss des Berliner Landgerichts vom April 2025, wonach die Frage, ob der Ausspruch ein Kennzeichen der Hamas sei, in der Rechtsprechung und Literatur umstritten sei.
Innenministerium: Parole ist Kennzeichen der verbotenen Hamas
Der Slogan sei "Teil einer internationalen und heterogenen Protestbewegung gegen das Handeln der israelischen Streitkräfte und Regierung in Gaza", zitierte Richter Berkholz aus dem Landgerichtsbeschluss. Das Bundesinnenministerium hatte die Parole zuvor als Kennzeichen der verbotenen islamistischen Palästinenserorganisation Hamas eingeordnet.
In anderen Anklagepunkten wurde die Frau allerdings schuldig gesprochen: Sie hatte sich bei Demonstrationen der Personalienfeststellung widersetzt, Polizeibeamte pauschal als "Kriminelle und Verbrecher" bezeichnet und einen Beamten mit einem Regenschirm beworfen. Das Gericht verhängte eine Geldstrafe von 1.800 Euro – 120 Tagessätze zu je 15 Euro.
Die Aktivistin hatte über ihren Verteidiger gestanden. In einem politischen Statement erklärte sie, ihr werde "fälschlicherweise Antisemitismus unterstellt". Sie setze sich für das palästinensische Volk ein und werde deshalb diffamiert. Die Parole bedeute für sie "Gerechtigkeit und Selbstbestimmung".
Internationales Auschwitz Komitee entsetzt über Richterspruch
Der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, kritisierte das Urteil scharf: "Für Überlebende des Holocaust und ihre Familien ist dieser Urteilsspruch aus Deutschland eine zynische und bittere Botschaft, die die Existenz des Staates Israel zur Disposition stellt und Antisemiten weltweit ermutigt, ihrem Hass gegenüber jüdischen Menschen immer lauter Ausdruck zu verleihen."
Nach der Urteilsverkündung bejubelten Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude das Ergebnis. Immer wieder wurde auch die umstrittene Parole skandiert. Der Staatsanwalt hatte ursprünglich 4.400 Euro Geldstrafe gefordert, der Verteidiger Freispruch in der Hauptsache. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Dieser Text wurde teilweise mit maschineller Unterstützung erstellt und redaktionell geprüft. Wir freuen uns über Hinweise an t-online@stroeer.de.