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Bonn: Bedrohen die Corona-Maßnahmen die Spargelernte?


Saisonarbeiter aus dem Ausland
Bedrohen die Corona-Maßnahmen die Spargelernte?

Von Klaas Tigchelaar

04.04.2021Lesedauer: 3 Min.
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Spargel in Kisten an einem Marktstand: Erst im April startet die Spargelsaison.Vergrößern des Bildes
Spargel in Kisten an einem Marktstand: Erst im April startet die Spargelsaison. (Quelle: Klaas Tigchelaar/leer)

Wenn der April naht, ist die Vorfreude auf frischen Spargel aus regionalem Anbau groß. Doch wie schon im letzten Jahr hat die Pandemie Auswirkungen auf die Einreise der für die Ernte benötigten Saisonarbeiter. Zudem sorgen geschlossene Restaurants für eine deutlich geringere Nachfrage nach dem weißen Gold.

Für den Bonner gehört Bornheimer Spargel zum Frühlingsbeginn definitiv dazu. Mit gekochten Kartoffeln, geschmolzener Butter oder Sauce Hollandaise (und frischem Kochschinken für die Fleischesser) ein saisonaler Höhepunkt in vielen Küchen. Ohne Saisonarbeiter aus Polen, Rumänien und Bulgarien wäre die Ernte des Spargels aber schon seit Jahren nicht mehr stemmbar, und Corona hat die Einreise noch deutlich verkompliziert.

Jedes Jahr werden in Nordrhein-Westfalen für den Obst- und Gemüseanbau insgesamt rund 53.000 Erntehelfer gebraucht (Stand: 2020), etwa 400 Betriebe produzieren in NRW auf einer Fläche von 4.200 Hektar Spargel, teilt das Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) auf Anfrage mit. Die Erntemenge lag 2020 bei 18.600 Tonnen, das waren 16,6 Prozent weniger als 2019.

Spargelbedarf sinkt

Nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) war das Fehlen von Saisonarbeitskräften durch Corona zum Beginn der Saison 2020 bemerkbar. Bei Frühgemüse wie Spargel wurden rund 25 bis 30 Prozent weniger Flächen beerntet. Dadurch, dass die geschlossene Gastronomiebranche keinen Spargel brauchte, nahm jedoch auch die Nachfrage deutlich ab. "Ähnliches könnte sich in 2021 wiederholen", fürchtet Pressesprecherin Marion Kinzinger vom BMEL, "Erntemenge und Kilopreis für Spargel werden also nicht nur durch das Fehlen von Saisonarbeitskräften beeinflusst."

Laut Carsten Duif von der Pressestelle des MAGS konnten voriges Jahr immerhin 17 Prozent der erforderlichen Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland durch einheimische Helfer ersetzt werden. Auch er bestätigt, dass die Betriebe den Mangel an Erntehelfern teilweise auch durch weniger beerntete Fläche kompensieren, weil die Restaurants keinen Spargel ordern. "Der starke Einbruch der Abnahmemenge durch die Gastronomie und den Großhandel wurde durch den Direktverkauf und Belieferung des Einzelhandels etwas aufgefangen", so Duif.

Kompliziertere Einreisebedingungen trotz offener Grenzen

Große Probleme sieht Lothar Tolksdorf vom Biohof Bursch in Bornheim-Schwadorf für die anstehende Spargelernte dagegen nicht: "Die Grenzen sind derzeit offen, wir rechnen mit zirka 20 Saisonarbeitern für unsere 4,5 Hektar Anbaufläche." Mit einem eigenen Stand ist der Hof mittwochs und samstags auf dem Ökomarkt am Martinsplatz vor dem Bonner Münster vertreten, frischen Spargel aus eigenem Anbau wird es dort voraussichtlich ab dem 14. April geben.

Im letzten Jahr wurden der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandard und die ergänzenden Bestimmungen der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau eingeführt, die sowohl die Saisonbeschäftigen, als auch die Bevölkerung schützen sollen. Es gibt ein verpflichtendes, kostenloses Anmeldeverfahren für Saisonarbeitskräfte, die für mindestens drei Wochen Arbeit aus einem Risikogebiet, einem Hochinzidenzgebiet oder einem Virusvarianten-Gebiet anreisen. Dazu ist bei der Einreise ein negativer Corona-Test vorzuweisen, alternativ muss er innerhalb von 48 Stunden nach Ankunft vor Ort durchgeführt werden und negativ ausfallen. Erlaubt sind PCR-Tests oder ein Antigen-Schnelltest.

Sozialversicherungsfreie Beschäftigung wird verlängert

"Die Saisonarbeiter werden in festen Unterkünften, Häusern oder auch Wohncontainern untergebracht und müssen die üblichen Hygieneregeln und Abstandsregeln einhalten", erklärt Peter Muß, stellvertretender Geschäftsführer des Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauern e.V. mit Sitz in Bonn. "Dies wird auch vom Zoll, und den Arbeitsschutzbehörden unangekündigt überprüft. Wer zusammen arbeitet, darf auch zusammen untergebracht werden."

Schon im letzten Jahr gab es die Möglichkeit, die sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung von 70 auf 114 Tage auszuweiten. Die Regelung galt befristet bis Ende Oktober 2020 und hat sich dem BMEL zufolge bewährt. Dies ist der Grund, warum die Regelung auch dieses Jahr getroffen werden soll. "Durch eine längere Verweildauer kann eine erhöhte Personalfluktuation vermieden werden", erklärt Pressesprecherin Kinzinger. Eine Beschäftigung ohne Abzüge ist für Saisonarbeiter meist attraktiver.

Für Krankheitsfälle wurden zusätzliche Regelungen getroffen. Ein Teil der Saisonarbeiter ist in Deutschland sozialversicherungspflichtig, ein Teil verfügt über einen Krankenversicherungsschutz im Heimatland. Die nicht gesetzlich Krankenversicherten werden über eine Gruppen-Krankenversicherung, die der Betrieb für die Saisonarbeiter abschließt, abgesichert. „Dies ist bereits gelebte Praxis, um die Erbringung von medizinisch notwendigen Leistungen zu gewährleisten“, so Kinzinger.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Marion Kinzinger vom BMEL
  • Gespräch mit Peter Muß vom Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauern e.V.
  • Gespräch mit Carsten Duif vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW
  • Telefonat mit Lothar Tolksdorf vom Biohof Bursch
  • Eigene Recherche
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