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Bremen: Schreinereien leiden unter Kurzarbeit trotz voller Auftragsbücher


Mangelware Holz
Umkämpfter Holzmarkt macht Schreinereien zu schaffen

Von Regine Suling-Williges

15.05.2021Lesedauer: 3 Min.
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Holzbretter stehen nebeneinander (Symbolbild): In vielen Schreinereien und holzverarbeitenden Betrieben herrscht Holzmangel.Vergrößern des Bildes
Holzbretter stehen nebeneinander (Symbolbild): In vielen Schreinereien und holzverarbeitenden Betrieben herrscht Holzmangel. (Quelle: Westend61/imago-images-bilder)

Kurzarbeit trotz voller Auftragsbücher? Genau so ergeht es derzeit einigen bremischen Handwerksbetrieben. Während Holz und weitere Baumaterialien in die USA und nach China exportiert werden, bleiben die Lager bei Dachdecker- oder Tischlereibetrieben leer. Eine Bestandsaufnahme.

"Man hat das Gerüst stehen und kann nicht weitermachen", schildert Thomas Möller, Lehrlings-Wart der Dachdecker-Innung-Bremen sein Dilemma. Ihm fehlt es neben Holz derzeit an vielen Materialien – an Dämmung, Metallen und eben auch Dachziegeln. "Daher müssen wir eine Baustelle für acht Wochen unterbrechen", sagt der Dachdecker, der für seinen Betrieb bereits Kurzarbeit anmelden musste.

Ganz besonders die Preisexplosion macht ihm und seinen Kollegen zu schaffen. "Anfang 2021 haben wir für eine Dachlatte pro Meter 80 Cent bezahlt, jetzt sind es 1,80 Euro", gibt er ein Beispiel für die dramatische Preisentwicklung, die sich aktuell bei allen Baumaterialien zeigt.

USA und China kaufen Holz aus Deutschland

Gerade bei Holz ist schnell klar, wer sich den Löwenanteil der Ware sichert: "Die USA und China kaufen bei uns alles ein, was nicht niet- und nagelfest ist", sagt Thomas Möller. Während China sich vor allem das Borkenkäferholz aus deutschen Wäldern sicherte, kaufen die USA Holz in jeglicher Form in Deutschland. Einer der Gründe liegt in den Importzöllen, die die US-Regierung noch unter Präsident Donald Trump auf kanadisches Schnittholz erhoben hat.

Zudem sind viele Lieferketten Richtung Asien gerissen – die für den Möbelbau wichtigen Beschläge fehlen damit. Und: Viele Betriebe haben während der Hochphase der Corona-Pandemie auch hierzulande ihre Produktion gedrosselt, während die Handwerker normal weiterarbeiteten. "Jetzt sind die Bestände aufgebraucht, und die Nachproduktion fehlt", sagt Möller.

Rohstoffe kaum verfügbar

Neben den Dachdeckern haben auch die Tischler mit der schwierigen Lage auf dem Rohstoffmarkt zu kämpfen. "Aus OSB-Platten bauen die Amerikaner ihre Häuser", nennt Matthias Winter ein Beispiel für ein Material, das zwar in Deutschland gefertigt wird, aber kaum noch verfügbar ist.

Winter ist Inhaber einer Bau- und Möbeltischlerei und zugleich Obermeister der Tischler-Innung Bremen. Er sei seit 30 Jahren selbstständig, "aber so etwas habe ich noch nicht erlebt." Matthias Winter macht seinen Kunden in der Regel Festpreisangebote – "und jetzt fliegen mir die Preise um die Ohren." Denn viele Lieferanten bieten den Handwerken nur noch Tagespreise für Holz und Dämmung an.

Bauboom ungebrochen

Zum Hintergrund: Während der Corona-Pandemie blieb nicht nur der Bauboom in Deutschland ungebrochen, in den USA war es ganz genauso. Das kurbelte die Nachfrage nach Holz als Baustoff deutlich an. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am 10. Mai 2021 mitteilte, exportierte Deutschland im Jahr 2020 insgesamt rund 12,7 Millionen Kubikmeter Rohholz im Wert von 845 Millionen Euro.

Im Vergleich zum Jahr 2019 bedeutet dies eine Steigerung um mehr als ein Drittel (42,6 Prozent). Der Zuwachs setzte sich zu Beginn des Jahres 2021 jedoch nicht fort: Im Januar und Februar 2021 sank der Export im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 12,4 Prozent auf 1,5 Millionen Kubikmeter im Wert von 100 Millionen Euro.

Auch Waldbauern müssen Kurzarbeit anmelden

Wie viel Holz konkret in der aktuellen Lage über die bremischen Häfen exportiert wird, kann Bremenports auf Nachfrage von t-online nicht beziffern. "In Bremerhaven fahren die das Holz sattelzugweise in den Hafen", schildert hingegen Dachdecker Thomas Möller seinen subjektiven Eindruck. Holz bleibt damit knapp. Das hat noch einen weiteren Grund: "Im letzten Jahr wollte die Bundesregierung den Waldbauern etwas Gutes tun und hat die Einschlagsmenge für Fichten um 15 Prozent gesenkt", berichtet Matthias Winter.

So sollte der Preis, der durch das Borkenkäferholz im Keller war, stabilisiert werden. Zwischenzeitlich aber nahm der Markt eine ganz andere Entwicklung, die Preise stiegen. Die Rechtsverordnung trat jedoch erst am 23. April 2021 in Kraft. "Jetzt stehen die Waldbauern vor fällreifen Bäumen, müssen aber Kurzarbeit anmelden", erzählt Matthias Winter, der für eine Aufhebung des "irrwitzigen Einschlagsverbots für Fichten" plädiert.

Denn eigentlich könne Deutschland seinen Holzbedarf aus eigenen Wäldern decken. Politiker wie Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bringen sogar temporäre EU-Exportbeschränkungen für Holz und andere Rohstoffe ins Gespräch. Auch Matthias Winter hat einen Termin bei Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke). "Für uns ist es wichtig, dass das Problem in der politischen Ebene ankommt", sagt er.

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit
  • Thomas Möller, Lehrlings-Wart der Dachdecker-Innung-Bremen
  • Matthias Winter Inhaber einer Bau- und Möbeltischlerei und zugleich Obermeister der Tischler-Innung Bremen
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