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Rassismus-Vorwürfe im Karneval: Soziologe fordert mehr Debatten


Debatte um Rassismus
"Mohr" beim Ministerpräsidenten – Karnevalsverein reagiert auf Kritik

Von t-online, jov

Aktualisiert am 14.02.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230211-911-007589Vergrößern des BildesEin von der 1. Ober-Mörler Karnevalsgesellschaft "Mörlau" schwarz angemalter Mann und der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU): Den Karnevalisten wird Rassismus vorgeworfen. (Quelle: Hannes P Albert/dpa)
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Nach heftigen Rassismus-Vorwürfen hat die Karnevalsgesellschaft Mörlau die Auftritte ihres "Mohren" abgesagt. Ein Soziologe plädiert für mehr Debatten in solchen Fragen.

Die südhessische Karnevalsgesellschaft "Mörlau" hat am Wochenende für einen Skandal gesorgt: Einer der Narren trat bei einem Empfang von Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) als "Mohr" – er schminkte sein Gesicht mit schwarzer Farbe und kleidete sich in orientalisierenden Gewändern. Die Karnevalsgesellschaft wurde nun laut eines Berichts der "FAZ" von der öffentlichen Kritik, ihnen wurde sogenanntes "Blackfacing" vorgeworfen, vollkommen überrascht.

Der Hintergrund des "Blackfacing", bei dem sich weiße Menschen schwarz schminken und sich so Stereotypen bedienen, ist historisch stark belastet: In den USA erfreuten sich sogenannte "Minstrel-Shows" im 18. und 19. Jahrhundert großer Beliebtheit. Dabei bedienten sich weiße Schauspieler des "Blackfacing", um auf Kosten schwarzer Menschen, damals meist Sklaven, Witze zu machen. Schwarze wurden so mit naiv-kindlichem Gemüt und noch verletzenderen, rassistischen, Stereotypen in Verbindung gebracht.

Den Wetterauer Fastnachtern scheint dieser Hintergrund nicht bewusst gewesen zu sein. Sie entschuldigten sich noch am Sonntag bei allen, die sie verletzt haben könnten. Die "FAZ" zitiert die Vorsitzende der Ober-Mörlener Karnevalsgesellschaft so: "Fastnacht soll für alle da sein, und dies ist uns auch sehr wichtig." Mehr wolle man dazu nicht sagen.

Vorwürfe des "Blackfacing" begleiten den Karneval seit Jahren

Und sagt dann doch noch etwas: "Wir bitten um Verständnis, dass die aktuelle Situation besonders für den Darsteller des Mohren schwierig und aufwühlend ist." Weitere geplante Auftritte mit dem "Mohren" sind jedenfalls abgesagt.

Vorwürfe wie diese begleiten Karnevalisten in Deutschland seit Jahren: Dabei geht es nicht nur um "Blackfacing", sondern auch um gewisse Kostüme wie "Indianer" oder "Insulaner". In einer bayerischen Gemeinde begeht man alljährlich den "Chinesenfasching", mancher färbt sich dabei sein Gesicht gelb. Oft finden Beteiligte aus der eigenen Historie abgeleitete Erklärungen für solche Kostümierungen. Meist lässt sich nicht zweifelsfrei klären, ob diese so stimmen.

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Zu der am Wochenende aufgeflammten Kritik an der Figur der Wetterauer Karnevalisten hat der Gießener Soziologe Jörn Ahrens in der "FAZ" eine klare Meinung. Einerseits sei es gut, wenn der Blick für Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten auch auf kultureller Ebene geschärft werde. Andererseits dürften nicht alle Fälle über einen Kamm geschoren werden. Man müsse auch den jeweiligen Kontext betrachten.

Soziologe hält "Blackfacing" nicht grundsätzlich für rassistisch

Ahrens erklärte der Zeitung, ihm leuchte nicht ein, dass Blackfacing immer ein Ausdruck von Rassismus sein solle. Eine Verkleidung müsse nicht zwingend rassistisch gemeint sein. Alleine die Möglichkeit, dass sich jemand durch eine solche Darstellung verletzt fühlen könnte, könne nicht alles infrage stellen. Vorfälle wie nun in der hessischen Staatskanzlei sollten Anlass zur Debatte sein und nicht direkt allgemeine Normen etablieren.

Ahrens spricht sich in der "FAZ" dafür aus, Ambivalenzen erst einmal auszuhalten und notwendige Auseinandersetzungen diskursiv zu führen, anstatt möglicherweise verletzende Bräuche direkt ins gesellschaftlich Aus zu befördern. Auf der kulturellen Ebene gebe es doch Spielräume: Es sei etwa zu klären, wo der "Mohr" denn seinen Ursprung im jeweiligen Kontext habe. Ahrens spricht sich dafür aus, mehr Ambivalenzen auszuhalten.

Nach den aufgekommenen Vorwürfen wollte die Karnevalsgesellschaft "Mörlau" laut FAZ alle Bilder mit dem "Mohren" von ihren Social-Media-Seiten entfernen. Auf dem Instagram-Auftritt der Karnevalsgesellschaft findet sich am Dienstagmorgen keines mehr. Beim anderen Karnevalsverein in Mörlau, dem Mörlauer Carneval Club, begrüßt der "Mohr" Besucher des Facebook-Auftritts weiter prominent an erster Stelle.

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