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Frankfurt: Grüne, FDP und CDU uneinig bei Bezahlkarte für Flüchtlinge


Diskriminierung von Geflüchteten?
Bezahlkarte spaltet Frankfurter Lokalpolitik


Aktualisiert am 12.04.2024Lesedauer: 3 Min.
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Die Ampel einigt sich auf die Einführung einer Bezahlkarte (Symbolbild) für Geflüchtete. (Quelle: IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON)

Die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber und Geflüchtete führt in Frankfurt zu hitzigen Diskussionen. Lokalpolitiker sind geteilter Meinung.

Der Bundestag berät am Freitag über die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete und Asylbewerber. So wird das Parlament über eine bundesweite Rechtsgrundlage für das Vorhaben abstimmen. Asylbewerber sollen künftig mindestens einen Teil der staatlichen Leistungen zum Lebensunterhalt als Guthaben erhalten und nicht mehr als Bargeld. Während es viel Zuspruch für die Bezahlkarte in der Frankfurter Lokalpolitik gibt, sind die Stimmen, die dagegenhalten, mindestens genauso laut.

Bereits Ende 2023 haben die Frankfurter Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl (Grüne) und Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff vor der Einführung der Bezahlkarte für geflüchtete Menschen gewarnt. In einem gemeinsamen Positionspapier heißt es, dass dieser Schritt zu Diskriminierung führe und den gesellschaftlichen Frieden in Frankfurt gefährde.

Bezahlkarte befeuert Stigmatisierung von Geflüchteten

Auch für das Frankfurter Jugend- und Sozialamt habe die Einführung einer Bezahlkarte deutliche Mehrbelastungen zur Folge. Zudem müssten etwa ausreichend Händler in Frankfurt gefunden werden, die mit der Stadt kooperieren wollen. Auch aufwendige Berechnungsmodelle müssten erstellt werden, um zu entscheiden, welche Leistungen bar und welche über die Karte ausgezahlt werden.

"Die Nutzer:innen müssen sich bei den Vertragspartner:innen durch die Karte als Leistungsempfänger:innen zu erkennen geben. Gerade vor dem Hintergrund, dass geflüchtete oder auch arme Menschen im Alltag oftmals Rassismus und Diskriminierung erfahren, sind die Identitäten der Betroffenen und Hinweise auf ihre Lebensverhältnisse unbedingt zu schützen", so die Bilanz der beiden Magistratsmitglieder.

Bezahlkarte: "Insgesamt überwiegen derzeit die Nachteile"

Auch, dass Grundleistungen unterhalb des Existenzminimums künftig 36 statt bisher 18 Monate an Geflüchtete ausgezahlt werden, sei inakzeptabel, heißt es im Positionspapier. "Wir brauchen konstruktive Ideen, wie sich Geflüchtete in Frankfurt gut, selbstbestimmt und für die Gesamtgesellschaft bereichernd eine Existenz aufbauen können. Repressive Ideen, wie eine Bezahlkarte und Leistungskürzungen für Asylbewerber:innen erschweren Integrationsbemühungen und sind nicht zielführend", so Voitl und Bergerhoff.

Ein ebenfalls kritischen Standpunkt vertritt die Kommunale Ausländervertretung in Frankfurt (KAV). "Insgesamt überwiegen derzeit die Nachteile", sagt der Vorsitzende der KAV Jumas Medoff auf Anfrage von t-online. Es würden viele Fragen offen bleiben – wer etwa die zusätzlichen Kosten für Geschäfte übernimmt oder auch ob kleine Unternehmen neue Kartenlesegeräte anschaffen müssen. Auch sei unklar, ob Abhebungsgebühren verlangt werden oder wie mit dem Verlust oder der Beschädigung der Bezahlkarte umgegangen wird.

CDU in Frankfurt spricht sich für Bezahlkarte aus

Auch das Risiko einer Stigmatisierung Asylsuchender in Geschäften empfindet Medoff als kritisch. Auch Spekulationen, dass Asylsuchende Geld ins Ausland senden, seien für den KAV-Vorsitzenden unbegründet. "Viele Menschen, die hier arbeiten, unterstützen Bedürftige in ihren Herkunftsländern und überweisen freiwillig", sagt er. "Es wäre wünschenswert, dass ein Teil der Energie, die in Diskussionen eingeflossen ist, in eine stärkere Investition in Arbeitsgenehmigungen und Deutschkurse für Asylsuchende fließt, da viele bereit sind zu arbeiten, jedoch oft lange und teilweise Jahre, auf Genehmigungen warten müssen".

Zuspruch für die Bezahlkarte kommt in Frankfurt aus der schwarzen und gelben Ecke. "Die Bezahlkarte ist ein zentraler Baustein zur Reduzierung der illegalen Zuwanderung in Deutschland", sagt die Stadtverordnete und sozialpolitische Sprecherin der CDU-Faktion in Frankfurt, Sabine Fischer, auf Anfrage von t-online.

Pürsün: "Wir setzen uns für neutrales Design der Bezahlkarte ein"

So würde sie etwa Anreize, illegal nach Deutschland einzureisen, verringern. "Staatliche Leistungen können mit der Bezahlkarte nicht mehr für Rücküberweisungen in die Herkunfstländer oder für Zahlungen an Schleuser zweckentfremdet werden, denn sie sind nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nur zur Sicherung des Existenzminimums da", so Fischer. Auch das Taschengeld für den Schulausflug müsse zukünftig über die Bezahlkarte vor Ort geregelt werden.

Frankfurt komme bei der Aufnahme Geflüchteter an seine räumlichen Grenzen, so Fischer. So würden laut der Stadtverordneten 5000 Geflüchtete in Übergangsunterkünften leben, die immer schwerer einzurichten seien, und vor allem den Menschen zur Verfügung stehen sollen, die als "tatsächlich politisch Verfolgte" Aussicht auf eine Anerkennung als Asylbewerbe und eine Bleibeperspektive hätten. Die Bezahlkarte halte die CDU-Politikerin für ein Instrument, um die illegale Migration zu senken.

Vorteile einer Bezahlkarte sieht auch der Frankfurter FDP-Fraktionsvorsitzende Yanki Pürsün. So biete sie die Chance, Bürokratie abzubauen und irreguläre Migration einzudämmen, da kein Geld an Schlepper gezahlt oder in die Herkunfstländer überwiesen werden kann. Die 5000 Geflüchteten in Frankfurt würden laut Pürsün durch die Bezahlkarte weder Diskriminierung noch Rassismus erfahren. "Wir setzen uns dafür ein, dass die Bezahlkarte ein neutrales Design erhält. So ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, mit welcher Karte bezahlt wird", so Pürsün zu t-online.

Verwendete Quellen
  • frankfurt.de: "Sozialdezernentin Voitl und Kämmerer Bergerhoff lehnen Bezahlkarte ab" vom 11.12.2023
  • E-Mail-Verkehr mit FDP-Fraktion Frankfurt
  • E-Mail-Verkehr mit CDU-Fraktion Frankfurt
  • E-Mail-Verkehr mit KAV Frankfurt
  • Mit Material der dpa
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