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"Letzte Generation" auf Sylt: Die Proteste funktionieren einfach nicht – ein Kommentar


Obrigkeitsgläubig und ganz schön naiv
Die "Letzte Generation" steckt in einem Dilemma

  • Katharina Grimm
MeinungVon Katharina Grimm

Aktualisiert am 23.06.2023Lesedauer: 2 Min.
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Farbanschlag auf Sylt: Aktivisten der "Letzten Generation" haben eine Dior-Filiale besprüht.Vergrößern des Bildes
Farbanschlag auf Sylt: Aktivisten der "Letzten Generation" haben eine Dior-Filiale besprüht. (Quelle: Jannik Läkamp/t-online)

Erst Berufspendler, jetzt Super-Reiche: Die "Letzte Generation" hat die Taktik geändert. Und ruft jetzt nach dem Kanzler. Eine sehr naive Vorstellung.

Kaum ein Tag vergeht, an dem die "Letzte Generation" nicht eine neue Protestaktion startet. Doch keine davon zündet wirklich, der Gegenwind wird nicht weniger. Den Zuspruch der Menschen, den sie so dringend brauchen, bekommen sie nicht. Die "Letzte Generation" sollte endlich erkennen: Sie ist mit ihrer Protestform gescheitert.

Zunächst klebten sich die Aktivisten vor allem im Feierabendverkehr auf die Hauptverkehrsadern und brachten damit die Bevölkerung gegen sich auf. Statt wie erhofft, die Menschen für Klimathema zu sensibilisieren, erreichte die "Letzte Generation" das Gegenteil: Die Leute sind genervt. In einer aktuellen Umfrage gaben drei Viertel an, die Aktionen der "Letzten Generation" abzulehnen, nur fünf Prozent fanden die Proteste gut.

Also änderte die "Letzte Generation" ihre Taktik. Sie zielt nun auf reiche Menschen. Auf Superreiche, mit privaten Flugzeugen und Jachten, die in teuren Hotels absteigen und in noblen Boutiquen einkaufen. Und erhofft sich so, den Rückhalt und die Zustimmung in der breiten Bevölkerung zu gewinnen. Sie setzen damit auf das Neid-Prinzip und hoffen, dass die Mehrheit sagt: "Geschieht denen ganz recht". Doch auch hier bleibt der Applaus aus. Die Gesellschaft diskutiert nicht über das Klima. Vielmehr werden die Menschen aggressiv, wenn es um die "Letzte Generation" geht.

In Berlin reißen genervte Autofahrer die festgeklebten Aktivisten von der Straße und prügeln auf sie ein. Auf Sylt werden Pressevertreter angegriffen, weil sie über die Aktionen der "Letzten Generation" berichten. Ein lokaler Radiosender auf der Insel hat beschlossen, die Proteste der Aktivisten gar nicht mehr aufzugreifen, um ihnen keine Bühne zu bieten. Und das Klima? Über das spricht niemand.

Gesellschaft interessiert sich für die Proteste, nicht fürs Klima

All das zeigt den Schwachpunkt der "Letzten Generation": Sie schafft es nicht, die Gesellschaft in die Pflicht zu nehmen, das eigene Handeln zu hinterfragen. Müssen wir so schnell auf der Autobahn fahren? Müssen wir so viel Fleisch essen? Brauchen wir so viele billig hergestellte Klamotten?

Die Aktivisten haben nicht verstanden: Um das Klima zu retten oder zumindest erst mal zu schonen, muss die Bevölkerung mitgenommen werden. Das ist zeitaufwendig und viele kleine Schritte sind notwendig. Nur so kann eine echte Wende gelingen. Denn Klimaschutz ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Und für sie braucht es vor allem Akzeptanz.

Jetzt wenden sich die Aktivisten nicht nur an "die Politik", sondern an den Kanzler. Zuletzt zierte das Plakat "Für wen machen Sie Politik, Kanzler Scholz?" ihre Aktionen. Der Regierungschef als allmächtiger Klimaretter? Was für eine obrigskeitsgläubige Vorstellung von Politik. Offenbar glauben die Aktivisten, dass der Kanzler im Alleingang das Klima retten könnte.

Doch so funktioniert Demokratie nicht. Selbst wenn er wollte, könnte Scholz die Forderungen der "Letzten Generation" nicht einfach umsetzen. Er regiert in einer Koalition, er braucht Mehrheiten.

Das sollte die "Letzte Generation" endlich verstehen: Wenn die Aktivisten etwas verändern wollen, müssen sie sich politisch engagieren, müssen Menschen mit Argumenten überzeugen und Mehrheiten gewinnen. Alles andere ist Diktatur.

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