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Nummerngirls im Karneval: "Ohne Strip-Show wären die Männer enttäuscht"


Nummerngirls beim Karneval
"Ohne Strip-Show wären die Männer enttäuscht"

Von Florian Eßer

24.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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Ein Nummerngirl bei einer Karnevalssitzung in Rösrath (Archivbild): Für viele Karnevalisten gehören die Tänzerinnen dazu.Vergrößern des Bildes
Ein Nummerngirl bei einer Karnevalssitzung in Rösrath (Archivbild): Für viele Karnevalisten gehören die Tänzerinnen dazu. (Quelle: imago stock&people)

Während Köln über Sexismus in einem "Höhner"-Lied diskutiert, treten bei Karnevalssitzungen im Umland strippende Nummerngirls auf. Wie passt das zusammen?

Sie nennen sich "Rose", "Candy" oder "Honey", sind zumeist Anfang bis Ende 20 und tanzen leicht bekleidet auf Veranstaltungen von Karnevalsgesellschaften: Sogenannte "Nummerngirls" gehören seit Jahren bei vielen Herrensitzungen im Kölner Umland zum Programm. Sie kündigen Musiker und Büttenredner an, halten wie beim Boxkampf Schilder mit Nummern in die Höhe. Manchmal entkleiden sie sich im Laufe des Abends immer mehr, oft sind sie zu später Stunde komplett nackt.

Doch auch bei Damensitzungen gibt es ein entsprechendes Äquivalent in Form von gut gebauten "Nummernboys", die dieselben Aufgaben übernehmen. Dem Bund deutscher Karneval (BDK) sind die freizügigen Auftritte bei Herren- und Damensitzungen ein Dorn im Auge. "Das ist keine Tradition", sagt etwa Peter Krawietz, der Vizepräsident des BDK.

Sexismus-Debatte im Karneval

Zuletzt war eine Diskussion über Sexismus im Kölner Karneval entfacht, nachdem ein weiblicher Hotelgast Kritik am Slogan "Blootwoosch, Kölsch un e lecker Mädche" geübt hatte. Dieser stammt aus einem Lied der Kölschrock-Band "Höhner" und ziert eine Fensterscheibe des Kölner Lindner-Hotels.

Daraufhin hatte das Kölner Event-Magazin "Mit Vergnügen" in dieser Woche eine Umfrage unter seinen Lesern zum Thema "Sexismus im Karneval" angestoßen. Eine Leserin schrieb dem Magazin: "Vor allem die Sache mit den Nummerngirls muss mal etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen, damit das endlich ein Ende hat."

"Nummerngirls sind sehr verbreitet"

Kim Phoenix sieht das anders. Das Fotomodel betreibt die Agentur "Golden Phoenix Entertainment", die neben Stripperinnen und Oben-ohne-Bedienungen auch Nummerngirls und -boys für Veranstaltungen vermittelt. Zum Beispiel für Karnevalssitzungen, wie sie auch explizit auf der Webseite schreibt. "Nummerngirls sind sehr verbreitet, wir kriegen sehr viele Anfragen in diese Richtung", sagt Phoenix im Gespräch mit t-online. Auf 32 Sitzungen in Deutschland seien Nummerngirls ihrer Agentur in diesem Jahr vertreten.

Viele dieser Sitzungen fänden im Kölner Umland statt, etwa in Bad Honnef oder Leichlingen, auch in Düsseldorf würden die Nummerngirls und -boys gebucht. In Köln sei in diesem Jahr kein Auftritt dabei, wie die Unternehmerin erzählt. Das deckt sich mit den Angaben des Kölner Festkomitees. "In Köln ist das kein großes Thema mehr", sagt Sprecher Michael Kramp auf Anfrage von t-online.

"Strip-Shows sind gang und gäbe"

Wie Phoenix weiter erklärt, würden sich nicht alle Nummerngirls auf der Bühne ausziehen. Der genaue Ablauf obliege den zuvor mit den Veranstaltern getroffenen Vereinbarungen. So würden einige Nummerngirls tatsächlich nur die anstehenden Tanz- und Musikgruppen ankündigen, also als "Lückenfüller" beim Umbau des Bühnenbildes fungieren.

Andere hingegen würden am Ende der Sitzungen auch "Strip-Einlagen" hinlegen. "Das kommt darauf an, ob die Veranstalter es ein wenig 'seriöser' wollen oder nicht", so Phoenix. Auch sei es eine Frage der Kosten. Mit Strip-Einlage kostet die Buchung eines Nummerngirls oder -boys 450 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer für eine Sitzung. Ohne Striptease seien die Auftritte günstiger.

Nicht alles im Karneval sei ernst zu nehmen

Dass sich die Nummerngirls am Ende des Abends ausziehen, sei laut Phoenix gang und gäbe – vor allem bei den Herrensitzungen. "Ohne Strip-Show wären die Männer enttäuscht, weil sie es bei den Sitzungen so gewohnt sind", sagt Phoenix.

Sexismus-Vorwürfe, wie sie bei "Mit Vergnügen" geäußert wurden, kann sie hingegen nicht nachvollziehen. "Ich fände es sexistisch, wenn es nur einseitig wäre. Wenn es also nur Nummerngirls für die Herren, aber keine Boys für die Damen gäbe", so die Agentur-Chefin. "Im Karneval darf man vieles eigentlich gar nicht so ernst nehmen. Vieles ist nur Spaßmacherei und Vergnügen."

BDK appelliert an "guten Geschmack"

Außerdem ginge es bei den Damensitzungen noch "wilder" zu, als das bei den Herren der Fall sei. "Wenn bei der Herrensitzung mal jemand betrunken ist und grapscht – was selten vorkommt – weisen ihn die anderen Männer schnell zurecht", erklärt Phoenix. "Bei den Damen sind die Nummernboys wie Freiwild. Denen hilft da keiner, oft sind sie zerkratzt und die Klamotten kaputt."

Der Bund Deutscher Karneval steht dem Einsatz von Nummerngirls und -boys kritisch gegenüber, wie Vizepräsident Peter Krawietz erklärt. "Da ist der Bund konsequent: Nacktauftritte gehen gar nicht", so Krawietz. "Ich kann den Veranstaltern nur empfehlen, dass sie den guten Geschmack walten lassen und bestimmte Grenzen erkennen." Währenddessen bereiten sich Kim Phoenix und ihre Nummerngirls auf ihre nächsten Auftritte vor. Für das kommende Jahr, so sagt sie, lägen auch schon Anfragen auf dem Tisch.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Kim Phoenix
  • Anfragen beim Festkomitee Kölner Karneval und beim "Bund deutscher Karneval"
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