Konflikt mit Botschaft? OB Reker sagt Auslandsreise kurzfristig ab

Henriette Reker wollte in Tunis über Menschenrechte sprechen, doch dann sagte Kölns Oberbürgermeisterin kurzfristig ab. Die Gründe.
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat ihre geplante Reise in die Partnerstadt Tunis am Donnerstag in letzter Minute abgesagt. Reker hatte kurz vor ihrem Abflug am Flughafen Frankfurt am Main eine Aufforderung der tunesischen Botschaft erhalten, eine bereits versandte Pressemitteilung zur Ankündigung der Reise zurückzuziehen, heißt es bei Radio Köln und dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Die Kölner Stadtspitze wollte dieser Forderung nicht nachkommen. Nach Beratungen mit weiteren Behörden habe es zudem Hinweise gegeben, dass das geplante Programm vor Ort nicht wie vorgesehen stattfinden könne, hieß es von der Stadt am Freitag. Unter anderem war ein Treffen mit Professorinnen einer Universität vorgesehen. Daraufhin entschied sich die Oberbürgermeisterin, den Flug nicht anzutreten.
Reker hofft, dass sich Tunesien weiter demokratisch entwickelt
Rekers Delegation wollte sich in Tunis unter anderem für die Rechte von Frauen, LSBTI-Personen und Migranten einsetzen. "Als Oberbürgermeisterin einer Stadt, die für Vielfalt und Toleranz steht, betrachte ich es als meine Aufgabe, für unsere Werte und ein gemeinsames Verständnis von Demokratie einzutreten", erklärte Reker zu der geplatzten Reise.
Reker weiter: "Tunesien hatte sich nach der Revolution 2011 demokratisch entwickelt und die Stadt Köln hofft, dass es diesen Weg weiter beschreitet, denn Tunesien ist ein wichtiger Partner Europas und Tunis eine wichtige Partnerin Kölns."
Tunesien ist für homosexuelle Menschen derzeit alles andere als sicher. Zuletzt schlug die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Alarm: Demnach wurden zwischen dem 26. September und dem 31. Januar 2025 rund 80 queere Menschen verhaftet. Verschiedene Gesetzesparagrafen drohen bei gleichgeschlechtlichen Handlungen mit Gefängnisstrafen von bis zu drei Jahren Haft.
2021 hat Tunesiens Präsident Kais Saied das demokratisch gewählte Parlament suspendiert und herrscht seitdem zunehmend autoritär. Nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2019 trieb er einen Machtausbau voran, den Kritiker als systematische Aushöhlung von Rechtsstaatlichkeit beschreiben. Saied hat seine Schritte verteidigt und erklärt, sich im Rahmen geltenden Rechts zu bewegen.
Vergangenen Oktober gewann Saied die Präsidentschaftswahl haushoch mit etwa 90 Prozent der Stimmen. Viele, teils aussichtsreiche, Kandidaten wurden nicht zugelassen, weshalb die Opposition und Menschenrechtler die Wahl als unfair kritisierten.
- Pressemitteilung der Stadt Köln, 16.05.2025
- queer.de: Tunesien: Große Verhaftungswelle gegen queere Menschen
- radiokoeln.de: Nach Forderung der Botschaft: Reker sagt Reise nach Tunis ab
- ksta.de: Kölner OB Reker bricht Reise nach Tunesien in letzter Minute ab
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa