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Kölner Schwimmer klagen: "Für mein Hobby gibt es keine digitale Alternative"


Kölner Schwimmer klagen
"Für mein Hobby gibt es keine digitale Alternative"

von Michael Hartke

15.02.2021Lesedauer: 4 Min.
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Reinhold Kapteina (61): Er steht vor verschlossenen Türen.Vergrößern des Bildes
Reinhold Kapteina (61): Er steht vor verschlossenen Türen. (Quelle: Michael Hartke)

Seit dem 2. November sind alle Schwimmbäder zu. Passionierte Schwimmer stehen vor verschlossenen Türen und sehen keine Alternative. t-online hat Kunden, Mitarbeiter und Politik gefragt, wie es um die städtischen Kölner Schwimmbäder steht.

Dunkle Umkleiden, leere Schwimmbecken, kein Plätschern, kein Lachen und Toben. Jetzt hört man nur noch das Werkeln der Handwerker, die diese Zeit nutzen, um das Schwimmbad fit für eine baldige Wiedereröffnung zu machen, und deren Radio. Auch die sonst so schwülwarme Temperatur in der großen Schwimmhalle und der Chlorgeruch sind weg. Trotz Winterjacke komme ich nicht ins Schwitzen. Die übliche lebhafte Atmosphäre fehlt seit Monaten im Agrippabad in der Kölner Innenstadt, einer über 50 Jahre alten Institution der Kölnbäder.

Auch Claudia Heckmann, die Geschäftsführerin der Kölnbäder, vermisst ihre Kunden: "Es ist ein sehr trauriger Anblick, wenn man durch ein Bad geht, wo nichts los ist. Ich bin das nicht gewohnt. Normalerweise ist hier sieben Tage die Woche Betrieb. Wenn Sie dann durch dunkle Umkleidetrakte gehen und kein Kind und niemanden hören, der ins Wasser geht, betrübt einen das sehr."

"Ich liebe es, schwerelos durchs Wasser zu gleiten"

Genau wie sie hofft auch der 61-jährige Kölner Reinhold Kapteina, dass eine Öffnung bald wieder möglich ist. Er ist mit seinem Schwimmverein SC Aqua Köln e. V. normalerweise regelmäßig Stammgast im Agrippabad und emotional eng mit dem Bad verbunden: "Schwimme es e Jeföhl. Ich habe noch im alten Agrippabad mit fünf Jahren schwimmen gelernt und bin dort oft als Kind und Jugendlicher geschwommen. Von daher schmerzt es mich jetzt natürlich sehr, dass mein geliebtes Hallenbad nun schon so lange geschlossen ist."

Was ihm am Schwimmsport besonders gefällt? Er liebt es, schwerelos durchs Wasser zu gleiten. "Wenn ich im Wasser bin, tauche ich in eine andere Welt ein", schwärmt er. Außerdem ist da noch der soziale Aspekt. Die regelmäßigen Treffen fehlen seinen Vereinskameraden sehr.

"Eine Kommune muss bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen"

"Das Schwimmbad – das war immer der soziale Treffpunkt. Und um diesen sozialen Treffpunkt wahrnehmen zu können, muss man schwimmen können", findet auch Ralf Klemm. Einen schlechteren Zeitpunkt hätte sich der neue Aufsichtsratsvorsitzende der Kölnbäder für seinen Amtsantritt allerdings nicht aussuchen können. Alle Bäder zu, dank Corona. Vor dem Hintergrund einer so langen Schließung und chronisch klammer Stadtkassen kommt man unweigerlich auf den Gedanken, dass für die Bäder am Ende der Pandemie nicht mehr genug Geld übrigbleibt, um sie alle weiter zu betreiben. Köln wäre nicht die erste Kommune, in der das Bädersterben um sich greift.

Klemm bleibt dabei aber optimistisch: "Wir werden keine Schwimmflächen schließen unabhängig von den Auswirkungen auf den städtischen Haushalt!", verspricht er hoch und heilig und fügt eine Einschränkung hinzu: "Das ist zumindest der beste Wille." Sicher seien die fehlenden Einnahmen gerade ein großes Problem, aber Schwimmbäder seien nun mal ein elementares Glied der kommunalen Daseinsvorsorge." Da muss eine Kommune auch bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen", fordert der Politiker der Grünen. Die coronabedingten Schließungen würden die Situation nicht besser machen, sieht die Geschäftsführerin der städtischen Bäderbetriebe ein. Durch energetische Sanierung wolle man aber Schritt für Schritt die Betriebsausgaben senken und so die Verluste der Schwimmbäder so gering wie möglich halten. Die Lohnsteigerung bei den Mitarbeitern in den letzten Jahren könne das allein aber nicht auffangen. Deshalb müsse man laut Heckmann früher oder später auch über Preiserhöhungen nachdenken.

Die Kölnbäder haben schon Pläne für die Zeit nach dem Lockdown

Eine baldige Öffnungsperspektive sehen Claudia Heckmann und Ralf Klemm indes zwar nicht. Trotzdem liegen sogar schon Pläne in der Schublade, um das Angebot der Kölnbäder noch zu erweitern. Es steht zum einen eine Überdachung im Ossendorfbad an, damit ein Außenbecken ganzjährig nutzbar wird. Damit sollen Schulen, Schwimmgruppen und Vereine mehr Platz für ihre Aktivitäten bekommen. Zum anderen sind zwei neue Wasserbecken geplant – eines rechts und eines links vom Rhein. Wo genau die Becken gebaut werden sollen, ist allerdings noch nicht klar.

Die städtische Bädergesellschaft engagiert sich schon lange für die Schwimmförderung von Kindern. Die neueste Idee, die der Stadtrat gerade gebilligt hat, ist ein sogenanntes "KidsSpa" im Zollstockbad, für das sich die Kölnbäder um eine Förderung bewerben. Dort sollen schon die ganz Kleinen in einem abgetrennten Bereich ganz ohne Angst an das Element Wasser herangeführt werden. 90 Prozent der Mittel sollen dafür vom Land kommen. Die Stadt Köln ist mit 10 Prozent dabei.

Es braucht eine Öffnungsperspektive für Schwimmbäder

Vor dem Hintergrund der mangelnden Schwimmkenntnisse vieler Kinder freut das auch Reinhold Kapteina. Sein Verein SC Aqua Köln e. V. bietet ebenfalls Wassergewöhnung und Schwimmkurse an. Umso wichtiger findet Kapteina aber, über eine Öffnungsperspektive für Schwimmbäder nachzudenken. Es ärgert ihn, dass der Breitensport bei den letzten Beratungen über den Lockdown gar nicht angesprochen wurde: "Warum dürfen Profi-Fußballer ihren Sport ausüben, werden ständig getestet und dürfen dafür sogar nach Katar fliegen? Freizeitsportler müssen aber weiter warten."

Schwimmen sei nicht nur irgendein Sport. Schwimmen zu lernen ist sogar lebenswichtig, betont auch Ralf Klemm: "Es gehört zu den Grundfähigkeiten eines Menschen, Schwimmen zu können." Badeunfälle häufen sich nicht zuletzt deshalb, weil Kommunen Bäder schließen und Öffnungszeiten reduziert würden, kritisiert Kapteina. Hinzu kommt jetzt der Lockdown. "Der Schwimmunterricht findet gerade schlichtweg nicht statt und ist auch nicht mittels Onlineunterricht möglich. Schwimmbäder sind alternativlos."

Claudia Heckmann und Ralf Klemm wünschen sich ebenfalls, die Kölner Schwimmhallen bald wieder öffnen zu können. Studien hätten gezeigt, dass das Infektionsrisiko aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit im Schwimmbad relativ gering sei. Dennoch haben sie Verständnis für die Maßnahmen. Aber bei allem Verständnis wünschen sie sich nichts sehnlicher, als dass im Kölner Agrippabad ganz bald wieder getobt, geschrien, geplanscht – und ja – auch verbotenerweise vom Beckenrand gesprungen wird.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Claudia Heckmann und Ralf Klemm
  • Interview mit Hobbyschwimmer Reinhold Kapteina
  • Eigene Recherchen
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