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Müll-Problem in Köln: Verstörendes Foto von Fuchs in Plastikdose


Tiere leiden unter Müll
Kölnerin macht verstörendes Foto von Fuchs in Plastikdose

  • Lena Kappei
Von Lena Kappei

Aktualisiert am 07.06.2021Lesedauer: 4 Min.
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Ein kleiner Fuchs steckt mit seinem Kopf in einer Plastikverpackung: Das Tier lief der Kölnerin Angela W. bei einer Schwanenschutz-Aktion in einem Naturschutzgebiet über den Weg.Vergrößern des Bildes
Ein kleiner Fuchs steckt mit seinem Kopf in einer Plastikverpackung: Das Tier lief der Kölnerin Angela W. bei einer Schwanenschutz-Aktion in einem Naturschutzgebiet über den Weg. (Quelle: Angela W.)

Ein kleiner Fuchs steckt mit seinem Kopf in einer Plastikverpackung fest. Das verstörende Bild aus einem Kölner Naturschutzgebiet zeigt einmal mehr: Die Stadt hat ein Müllproblem.

Die Kölnerin Angela W.* ist Samstagabend im Kölner Naturschutzgebiet Dellbrücker Heide unterwegs. Dort, wo Privatpersonen offiziell keinen Zutritt haben, hilft die Hobbyfotografin gelegentlich bei Tierschutzinitiativen – so will sie auch an diesem Abend einem Schwan helfen, den sie bereits seit drei Jahren begleitet. Doch schon am Eingang des Areals bemerkt sie Müll auf dem Boden. Ein Bild, das sich fortsetzt. Sie macht einige Fotos von Unrat im Wasser, im Gebüsch, auf Wiesen.

Kurz vor der Dämmerung läuft ihr ein kleiner Fuchs über den Weg – sein Kopf ist gänzlich gefangen in einem Plastikbecher. Bevor das verschreckte Tier wieder im Dickicht verschwindet, macht Angela W. schnell ein Foto. Es ist nicht scharf, aber es zeigt deutlich, wie sehr der Müll sogar in geschützte Naturgebiete vordringt.

"So viele Tiere müssen leiden"

Angela W. zeigt sich darüber bestürzt: "Warum kann man seinen Müll nicht wieder mitnehmen? Natürlich ist das ein immer wieder auftretendes Thema, aber wenn man diesen armen Fuchs leibhaftig sieht und nicht nur auf Bildern, ist das Entsetzen noch viel größer." Den Menschen sei der Respekt vor der Natur verloren gegangen. So viele Tiere müssten leiden, weil Ausflügler nur an sich dächten.

Sie macht deutlich, dass es ihr nicht darum gehe, die Betreiber des Naturschutzgebietes anzuprangern, da diese Kontrollen machten und "Streife" liefen, sondern dass die "Naturtouristen" das Problem seien, die ihren Müll einfach liegen lassen.

Das Areal rund um die Dellbrücker Heide ist eingezäunt und darf von Privatleuten nicht betreten werden, einzig Tier- und Naturschützer dürfen nach Absprache vor Ort sein. Das hindert aber offensichtlich wenige daran, es trotzdem zu tun.

"Das Hinterlassen von Müll in der Landschaft stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und wird mit einem Bußgeld geahndet", sagt Holger Sticht, Vorsitzender vom BUND Köln, t-online. "In dem vorliegenden Fall des Fuchses handelt es sich um ein Naturschutzgebiet, das an dieser Stelle gar nicht betreten werden darf. Das heißt, hier haben die Täter gleich mehrere Ordnungswidrigkeiten begangen." Leider gebe es zu wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ordnungsamt, um diese Masse an Ordnungswidrigkeiten zu ahnden.

Die Belastung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten habe mit den Bedingungen der Pandemie extrem zugenommen, so Sticht. Es gebe eine wachsende Zahl an Störungen, freilaufenden Hunden, wilden Picknicks und Partys. Dabei entstehe natürlich auch mehr Müll.

Auch Angela W. sieht, dass die Müllprobleme mit der Pandemie massiv zugenommen haben. Im Gespräch mit t-online sagt sie: "Ich bin immer wieder erstaunt, was da abläuft, wie viele Leute da baden und unterwegs sind und dicht an dicht liegen. Und was die da alles liegen lassen." Die illegalen Besucher würden all das machen, was verboten sei: Grillen, baden, Boot fahren.

Küken haben nicht überlebt

Immer wieder fänden sie und ihre Mitstreiterinnen Angelschnüre bei den Schwänen oder Kordeln um die Füße der Tiere. Der bislang traurigste Höhepunkt dieser Entwicklung: Im Rahmen ihrer fotografischen Dokumentationen stellte die Kölnerin Mitte vergangenen Jahres fest, dass von vielen neugeborenen Küken nicht eines übrig war. Ihre Erklärung: "Die Leute sind im ersten Lockdown von überall hier eingefallen. Die Straßen waren voll, da wurden Begrenzungen aufgebrochen, damit sie mit den Autos runterfahren können. Dann packte man die Grills aus, die Schlauchboote und es wurde sogar auf dem Weiher gesurft."

"Ohne Druck passiert nichts"

Die Menschen hätten "null Respekt vor der Natur". Und nun sei sie vielerorts sehr in Mitleidenschaft gezogen. Angela W. wünscht sich, dass die Leute damit respektvoller umgehen und dies auch ihren Kindern mitgeben. Die naturverbundene Hobbyfotografin sieht nur eine Lösung des Problems: "Das Ordnungsamt müsste zwei- bis dreimal pro Woche wirklich vorbeikommen und zur Kasse bitten, sonst wird man der Lage nicht mehr Herr. Ohne Druck passiert da nichts." Das sehe man allein daran, dass trotz aufgestellter Mülleimer an manchen Orten Unrat und Verpackungen herumliegen.

Angela W. prognostiziert: "Nach der Pandemie wird sich nichts ändern. Für viele ist das ein kostenloses Freibad. Wenn die das eine Zeit lang machen konnten, werden sie es wie selbstverständlich so weitermachen."

Über den Zustand des Fuchses weiß die Kölnerin bislang nichts. Das verschreckte Tier war in Panik im Gebüsch verschwunden. Sie hatte den Verantwortlichen des Naturschutzgebietes informiert, aber das Tier selbst nicht finden können.

"Wer heute noch Müll in der Landschaft hinterlässt, tut dies vorsätzlich"

"Angesichts der Tatsache, dass wir es beim Schwund der Artenvielfalt mit der größten und auch bekannten gesellschaftlichen Herausforderung neben der Klimakrise zu tun haben, dass Themen wie Tierschutz oder Insektenvielfalt eigentlich einen höheren Stellenwert erhalten haben, ist diese Zunahme an asozialem Verhalten durchaus bemerkenswert", findet Holger Sticht und geht noch einen Schritt weiter: "Ich behaupte, wer heute noch Müll in der Landschaft hinterlässt, tut dies vorsätzlich. Vielleicht ist das so eine Art falsch verstandenes Rebellentum."

Es gehe hier nicht allein um Aufklärung, es gehe vor allem darum, dieses Fehlverhalten zu ahnden und die Täterinnen und Täter zur Verantwortung zu ziehen. "Dafür brauchen wir viel mehr behördliche Kontrolle seitens des Ordnungsamts und der Polizei, aber vor allem auch soziale Kontrolle von verantwortungsbewussten Mitmenschen, welche auf Fehlverhalten hinweisen oder das Ordnungsamt anrufen", so Sticht. "Die Frauen und Männer im Ordnungsamt Köln machen schon eine sehr gute Arbeit, aber die Stellenzahl muss deutlich aufgestockt werden."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Augenzeugin Angela W. (*Name der Redaktion bekannt)
  • Anfrage BUND Köln
  • Eigene Recherche
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