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Prozess in Köln: Frau soll Schwiegervater vergiftet haben – Ehemann belastet sie


Schwiegervater vergiftet?
Arzt belastet eigene angeklagte Ehefrau


24.09.2021Lesedauer: 4 Min.
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Die Angeklagte mit ihrem Verteidiger: Laut ihrem Ehemann habe die Frau unkontrollierten Zugriff auf Insulin gehabt.Vergrößern des Bildes
Die Angeklagte mit ihrem Verteidiger: Laut ihrem Ehemann habe die Frau unkontrollierten Zugriff auf Insulin gehabt. (Quelle: Johanna Tüntsch)

Im Verfahren gegen eine 41-Jährige, die ihren Schwiegervater mit Insulin vergiftet haben soll, sagte jetzt ihr Ehemann aus. Der Arzt gab an, dass seine Frau zum fraglichen Zeitpunkt unkontrolliert Zugriff auf Insulin hatte.

Seit Juli 2020 ist eine 41-Jährige in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass sie aus Habsucht versuchte, ihren Schwiegervater zu ermorden. Der damals 80-Jährige wurde am 6. Juli 2020 bewusstlos in seiner Junkersdorfer Villa aufgefunden. Ärzte stellten in seinem Körper Fremdinsulin fest. In Köln wurde nun der Ehemann der Angeklagten als Zeuge vernommen.

Überpünktlich erschien der Mann im Saal 112 des Landgerichtes und nahm Platz. Als die Angeklagte in den Saal gebracht wurde, hob sie, ihm zugewandt, grüßend die Augenbrauen. Der Mann lächelte ihr freundlich zu. In dem Verfahren geht es für das Paar um einiges: Vom Urteil des Verfahrens wird abhängen, ob die zweifache Mutter wieder bei ihrer Familie leben kann oder ihr eine mehrjährige Haftstrafe bevorsteht.

Den Mordversuch bestreitet sie: Nach ihrer Darstellung sei der Schwiegervater zunehmend vergesslich und depressiv geworden. Auch Suizidgedanken seinerseits seien nicht auszuschließen. Mit Blick auf ihren Mann hatte sie dessen Loyalität ihr gegenüber betont. "Sie werden ihn ja kennenlernen", hatte sie während ihrer Aussage immer wieder lächelnd gesagt. Als es nun allerdings zu seiner Aussage kam, entglitt ihr das Lächeln immer mehr.

Vergiftetes Opfer: Gelegentlich vergesslich, aber kein Gedächtnisausfall

Der erste Teil der Zeugenaussage sorgte noch für Momente der Rührung bei beiden Ehepartnern. Etwa, als es um die gemeinsame Tochter ging. "Wenn sie jemandem etwas Schönes tun wollte, hat sie im Keller das Kindergeschirr geholt, eine Lichterkette eingeschaltet und uns zur Party gerufen", schilderte der Familienvater.

Die Angeklagte schluchzte angesichts dieser Erinnerung hörbar, und auch ihr Mann musste seine Aussage für einen Moment unterbrechen und sich die Augen reiben. Anfang Juli habe die Tochter der beiden die Idee gehabt, für die verstorbene Oma an deren Grab eine Party auszurichten. "Wir hatten vorher das Römergrab angesehen. Die Idee einer Grabkammer, die als Speisesaal eingerichtet ist, hat sie beschäftigt", so der Arzt.

Opa und Enkelin hätten ein solches Treffen für den 3. Juli verabredet. Der alte Herr habe das jedoch vergessen. Anders als die Angeklagte schilderte der Zeuge dieses Vergessen allerdings nicht als etwas Auffälliges, das auf eine beginnende Demenz hindeuten könnte. Vielmehr sagte er: "So war er insgesamt gestrickt. Er hat sich den Terminkalender sehr vollgehauen, dadurch hat er schon mal den Überblick verloren."

Die Verabredung sei auf den 5. Juli verschoben worden. Seine Frau habe mit der Tochter seinen Vater aufgesucht, um von dort aus gemeinsam zum Friedhof zu gehen. Der Vater sei aber wohl müde gewesen, habe sich vereinzelt nicht auf Worte besinnen können und hätte beide bald wieder nach Hause geschickt.

Die Angeklagte hatte das als Hinweis auf eine schlechte Gesamtverfassung des Seniors dargestellt. Dieses Bild demontierte nun ihr Mann: "Wenn jemand mal nicht auf ein Wort kommt, ist das nicht gleich ein Gedächtnisausfall. Mein Vater hatte das schon mal. Auch Sekundenschlaf war nichts Ungewöhnliches." Sein Eindruck aus den Schilderungen seiner Frau, als sie nach Hause kam, sei gewesen: "Ich habe keine Dringlichkeit wahrgenommen. Es fügte sich in meine Wahrnehmung meines Vaters aus den vorigen Wochen."

Prozess in Köln: Menge an Insulin-Bestand war unkontrolliert

Detailliert befragte der Vorsitzende Richter den Arzt zur Diabeteserkrankung seiner Frau und deren Medikamentierung mit Insulin. Hier verstrickte sich der Zeuge in Aussagen, bei denen die Gesichtszüge seiner Frau mehr und mehr gefroren. Auch ihr Verteidiger sah zunehmend unzufrieden aus. Der Arzt bestätigte, seiner Frau Anfang Mai Insulin verschrieben zu haben, am 2. Juli außerdem eine dreifache Menge.

Die hohe Dosis sei wohl mit Blick auf den geplanten Urlaub zu erklären. Sicher sei er aber nicht: "Ob ich das überhaupt so verordnet habe? Es passieren auch Fehler." Was er außerdem nicht ausschließen könne: "Vielleicht gab es noch einen Altbestand. Ich habe die Bestände zu Hause nicht geprüft." Seine Frau sei zeitweise nämlich auch nicht insulinpflichtig gewesen.

Die Aussage der Angeklagten, sie habe Insulin absichtlich immer dann genommen, wenn ihr Mann im Haus war, bestätigte dieser nicht: "Ich habe darauf nicht geachtet. Die meisten Diabetiker legen keinen Wert darauf, als Kranke wahrgenommen zu werden, und meine Frau ganz sicher nicht." Diese Äußerung quittierte die Angeklagte mit hektischem Flüstern in Richtung ihres Anwaltes.

Kurze Zeit später legte sie gequält die Hände an die Schläfen und zog die Augen zu Schlitzen. Da hatte ihr Ehemann gerade Bezug genommen auf die Frage des Richters, ob man von veraltetem Insulin gesprochen habe. Etwas derartiges habe die Angeklagte gesagt. "Über veraltetes Insulin haben wir nicht gesprochen", erklärte der Arzt: "Warum sollte es veraltet sein? Das ist doch völlig aktuell, das gängigste Insulin überhaupt!"

Über die gemeinsame Tochter berichtete er schließlich: "Irgendwann musste ich ihr ja sagen, dass die Mama im Gefängnis ist." Ohne weiteren Kontext habe die Kleine darauf geantwortet: "Aber wir waren doch nur da und haben Muffins gegessen."

Verwendete Quellen
  • Teilnahme an der Gerichtsverhandlung
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