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Corona-Krise: Nachtclubs kämpfen ums Überleben – drei Schicksale


"Kann ja weg, braucht keiner"
Nachtclubs in Corona-Krise – ein Wettlauf gegen die Zeit

Von Sophia Allenstein

Aktualisiert am 07.11.2020Lesedauer: 3 Min.
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Leere Gläse hängen über einer Theke (Symbolbild): Bars, Clubs und Kneipen müssen wegen der Corona-Pandemie dicht bleiben.Vergrößern des Bildes
Leere Gläse hängen über einer Theke (Symbolbild): Bars, Clubs und Kneipen müssen wegen der Corona-Pandemie dicht bleiben. (Quelle: Kirchner-Media/imago-images-bilder)

Die Corona-Krise setzt besonders der Veranstaltungs- und Kulturbranche zu. Kneipen-, Club- und Barbesitzer kämpfen ums Überleben. Drei persönliche Geschichten.

Lange reichten die 15.000 Euro der ersten Corona-Soforthilfe nicht aus, erinnert sich Michael Vogt, Besitzer der Metalkneipe "Alexander The Great" nach der Schließung im ersten Lockdown. Was erst einmal nach einer großen Summe klingt, war in etwa sechs Wochen verbraucht – immerhin mussten trotz Schließung Fixkosten wie Miete und Strom bezahlt werden. Die finanzielle Kapitulation verhinderten am Ende nicht staatliche Hilfen, sondern die treue Unterstützung von Stammgästen. Nun stehen Bar- und Kneipenbesitzer vor einer ähnlichen Herausforderung.

Rund 500 Paten fördern den Rockclub derzeit monatlich mit Spenden, damit sei das "Alexander The Great" in trockenen Tüchern, sagt Vogt. Ohne sie hätte er den Club längst aufgeben müssen. Zwanzig Jahre Rockkonzerte, Thekengespräche, Kneipenkultur – fast verloren gegangen. Und immer noch bedroht. Von der Kommunalpolitik fühlt er sich im Stich gelassen, seinen Sitz im Vorstand der SPD Altstadt hat Vogt aus Protest aufgegeben. "Die Kulturtreibenden hier in Mainz sind von vorneherein durch ein Raster gefallen", sagt der Wirt. "Es gab kaum Unterstützung – noch nicht mal ein Gespräch mit der Stadt Mainz."

Was dem "Alexander The Great" insgesamt einen Vorteil verschafft: Vogt besitzt zusätzlich noch die Dartkneipe "Good Time", dort war der Ausschank unter Hygieneauflagen zumindest kurzzeitig weiter möglich. Verluste durch weitere Läden ausgleichen konnten auch Norbert Schön, dem neben dem "SchonSchön" das "Café Blumen" und die Tapasbar "3sein" gehört, sowie der Besitzerin des "Redcat" und des "Haddocks".

Anders geht es Wieland Wittmeier, dem Chef des "Caveau". Der Club ist sein einziges Lokal, die Einnahmen seit Monaten weggebrochen. "Ich bin im Februar 2021 weg", prophezeit Wittmeier, trotz Überbrückungshilfen. Schon jetzt stehe er vor der Entscheidung, seine Altersvorsorge antasten zu müssen, um den Club halten zu können. Die Fördervergabe des Landes nennt er einen "selbsternährenden Mechanismus": Für Clubs, kleine Bühnen und Theater sei generell kein Geld da. Es sei denn, man habe schon vorher Geld bekommen. Ob die Mehrheit der nicht subventionierten Betriebe Corona überlebten? Fraglich.

Bar als Ort der Sichtbarkeit und geschützter Raum

Kritisch beobachtet Wittmeier Leserdiskussionen unter Onlineartikeln zur bedrohten Kulturszene. "Kann ja weg, braucht keiner", sei dort häufiger zu lesen, wenn es um Rockbetriebe gehe. Da stelle er sich schon die Frage, wer über die Relevanz und Wertigkeit der Kulturbetriebe entscheide. "Die Rock- und Popszene hat mehr Zuschauer als die Klassikszene in Deutschland", sagt der Clubbetreiber. Und: "Ich brauche auch kein Musikantenstadl und keine Ballermannparty. Aber das ist ein elementarer, wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft, dass wir frei entscheiden können, was wir wahrnehmen." Nur: Was ausstirbt, das könne man nicht mehr wählen.

Eine besondere Stellung im Mainzer Nachtleben nimmt die Bar in jeder Sicht ein. Bei Bedarf gibt es am Tresen nicht nur Spirituosen, sondern auch queere Beratung. Hier treffen sich knapp 20 Gruppen in verschiedenen Intervallen: Etwa eine Selbsthilfegruppe für Transsexuelle oder die Ehrenamtsgruppe "SCHLAU", die sich für Aufklärung über Geschlechtervielfalt einsetzt. Die Bar als Treffpunkt, Ort der Sichtbarkeit und geschützter Raum – auch diese Funktion wird durch Corona bedroht.

Immerhin: Finanziert wird die Bar nicht nur über Veranstaltungen und Getränke, sondern auch über einen Trägerverein und Fördersummen. Die Rücklagen halten also noch eine Weile, enttäuscht über den Lockdown sei man trotzdem. "Wir haben viel Zeit und Geld in ein funktionierendes Hygienekonzept gesteckt, das von der großen Mehrheit angenommen wird", meint Christian Sontag. Natürlich gebe es schwarze Schafe. Aber die allermeisten Lokale achteten sehr auf die Gesundheit der Gäste und hielten sich an die Auflagen.

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit den Protagonisten
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