t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalNürnberg

Gelungene Integration in Nürnberg: Syrer mit Behinderung wird Bademeister


"Ich habe meine Wünsche erfüllt"
Wie ein Syrer mit Behinderung Bademeister wurde

Von Daniel Salg

28.08.2023Lesedauer: 3 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Faysal Bayrakdar im Stadionbad in Nürnberg: Trotz Handicap erkämpfte sich der Flüchtling eine Stelle als Bademeister.Vergrößern des Bildes
Faysal Bayrakdar im Stadionbad in Nürnberg: Trotz Behinderung erkämpfte sich der Flüchtling eine Stelle als Bademeister. (Quelle: bfz)

Faysal Bayrakdar hat endlich seinen Traumjob: Er ist Bademeister in Nürnberg. Dafür hat er – nicht nur aufgrund seiner Behinderung – lange kämpfen müssen.

Wenn sich jemand eine Bilderbuchgeschichte über gelungene Integration ausdenken wollte, dann entspräche sie wohl ziemlich genau der Lebensgeschichte von Faysal Bayrakdar. Der heute 36-Jährige kam 2013 als Flüchtling nach Deutschland, sein großer Wunsch damals: Eigenes Geld verdienen und das am liebsten als Bademeister in Festanstellung.

Heute – rund 10 Jahre nach seiner Ankunft – hat Bayrakdar seinen Traumjob. Doch dafür musste er hart kämpfen. Zum einen lebt er seit seinem fünften Lebensjahr mit Kinderlähmung, zum anderen erschwerten ihm bürokratische Hürden den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Dabei hatte Bayrakdar eigentlich in Syrien schon eine Ausbildung zum Bademeister absolviert.

Krankheit bringt Bayrakdar zum Schwimmen

Bayrakdars rechtes Bein ist wegen seiner Krankheit verkürzt. Schon als Kind – im Alter von sechs Jahren – begann Bayrakdar deshalb zu schwimmen. Sein Onkel, der selbst als Schwimmtrainer in Syrien arbeitete, empfahl dem Jungen damals den Sport.

Also schwang er sich damals ins Becken, eigentlich nur mit dem Ziel, seine Gesundheit zu verbessern. Bayrakdar wurde aber immer besser in dem Sport, weshalb er später in Wettbewerben auch gegen gesunde Schwimmer antrat. 2004 sei er der beste Schwimmer in Syrien gewesen, so der Flüchtling.

Ausbildung zählt in Deutschland nicht

2006 machte er dann aus seinem Hobby seinen Beruf. Er absolvierte in Syrien eine Ausbildung zum Bademeister und übte seinen Beruf ab 2008 auch im Libanon aus. Wegen des Krieges in Syrien floh der heute 36-Jährige dann nach Deutschland und landete in Nürnberg.

Für ihn war klar, dass er auch hier in seinem Traumjob arbeiten will. Doch die Bürokratie machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Auch weil er seine Dokumente über die Ausbildung nicht mit nach Deutschland bringen konnte, musste sich Bayrakdar mit Saisonjobs als Beckenaufsicht in den Nürnberger Freibädern durchschlagen.

"Meine Arbeitsverträge waren immer befristet und ich konnte nicht langfristig planen. Ich habe mir immer gewünscht, eine feste Anstellung mit sicherem Einkommen zu haben, um gut und unabhängig zu leben und auch planen zu können", sagt der Syrer.

Mehr als fünf Operationen am Bein

Wenig später lernte er die Jobbegleiterin Martina Kohler von den beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) kennen. Gemeinsam arbeiteten die beiden daran, dass Bayrakdar doch noch Bademeister in Deutschland werden konnte. Kohler empfahl ihm, die Externenprüfung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe zu absolvieren.

Während der Vorbereitungen auf die Prüfung unterzog sich Bayrakdar mehr als fünf schweren Operationen an seinem beeinträchtigten Bein. "Ich habe zwischen den Operationen, mit Schmerzen, unter Medikation und mit Metallteilen in meinem Bein, für die Abschlussprüfung trainiert", erinnert er sich. Obwohl er wegen der Operationen noch Schwierigkeiten beim Gehen hatte, bestand er den praktischen Teil der Prüfung direkt im ersten Anlauf.

Für die schriftliche Prüfung musste er laut dem bfz zahlreiche deutsche Fachbegriffe erlernen. Der Syrer ließ sich auch davon nicht von seinem Ziel abbringen und bestand den schriftlichen Teil schließlich in einer Wiederholungsprüfung.

Flüchtling will mit seiner Geschichte Mut machen

Bayrakdars Bemühungen wurden schließlich belohnt, auch aufgrund der Unterstützung seiner Jobbegleiterin Kohler: Seit Anfang 2023 arbeitet er als Fachangestellter für Bäderbetriebe bei der Stadt Nürnberg – unbefristet und in Festanstellung. "Ich habe meine Wünsche erfüllt und meine Ziele erreicht", sagt der Syrer.

"Wir haben ganz viele wunderbare Geschichten. Diese war dennoch außergewöhnlich. Es war wie ein auseinandergebrochener Spiegel, den man zusammenbasteln muss", sagt Jobbegleiterin Martina Kohler im Gespräch mit t-online.

Sie erklärt, dass es in diesem Fall besonders schwierig gewesen sei, einen Vorbereitungskurs für die anstehende Prüfung zu organisieren und zu finanzieren. Schließlich musste sie die Behörden davon überzeugen, dass Bayrakdar mit seiner Behinderung und trotz der anstehenden Operationen eines Tages als Bademeister arbeiten könne. Umso mehr freut sie sich, dass er nun tatsächlich in seinem Traumjob arbeitet.

Vom Flüchtling mit Behinderung hin zum festangestellten Bademeister – Bayrakdar selbst ist es wichtig, über seine Geschichte zu sprechen, denn er will andere dadurch motivieren. "Es ist mein großer Wunsch, dass meine Geschichte Menschen, die aufgeben wollen oder denken, es nicht zu schaffen, Mut macht", sagt er.

Verwendete Quellen
  • Telefonische Anfrage bei Jobbegleiterin Martina Kohler vom bfz
  • Pressemitteilung des bfz Nürnberg vom 16. Juni 2023
  • An die Pressemitteilung angehängte Schilderungen seiner Lebensgeschichte, verfasst von Faysal Barakdar
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website