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Das "N-Wort" ist nicht nostalgisch, sondern rassistisch


Äußerungen von Boris Palmer
Dieses Wort ist nicht nostalgisch, sondern rassistisch

MeinungVon Shonai Halfbrodt

02.05.2023Lesedauer: 2 Min.
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Boris Palmer (Archiv): Der Oberbürgermeister von Tübingen hat am Freitag erneut das "N-Wort" genutzt und dafür zu Recht viel Kritik geerntet. (Quelle: IMAGO/Ulmer)

Sie haben Boris Palmers rassistische Äußerung mitbekommen – und verstehen den Wirbel um das sogenannte N-Wort nicht? Dann sollten Sie unbedingt weiterlesen.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer hat in der Vergangenheit immer wieder mit umstrittenen Äußerungen für Aufsehen gesorgt. Zuletzt am vergangenen Wochenende: Vor einer Veranstaltung der Universität Frankfurt nutzte Palmer im Streit mit Studierenden das Wort "Neger" und sagte es einem schwarzen Redner ins Gesicht. Das war eine bewusste Grenzüberschreitung. Mit ihr hat er sich ins gesellschaftliche Abseits geredet und wurde heftig dafür kritisiert. Zu Recht.

Denn das Wort ist bereits seit dem 18. Jahrhundert nicht nur negativ belastet, sondern schlicht rassistisch. Es wurde im Zusammenhang mit dem Aufkommen der fragwürdigen und unwissenschaftlichen Rassenlehre verwendet. Diese versuchte unter anderem nachzuweisen, dass Menschen mit dunkler Hautfarbe anders, ja gar minderwertig im Vergleich zu Weißen seien. Damit sollte die Vormachtstellung der weißen Europäer gegenüber den kolonialisierten und versklavten Menschen anderer Kulturen und Hautfarben bewiesen werden.

Das sei doch lange her und spiele bei der Verwendung des Wortes heute keine Rolle mehr, meinen manche. Sie vergessen, dass noch vor nicht allzu vielen Jahren auf Kindergeburtstagen "Negerküsse" gereicht wurden oder Kinder sich mit Ausdrücken wie "Neger, Neger, Schornsteinfeger" oder "Ich bin doch nicht dein Neger" neckten. Mit dem Begriff wurden Vorurteile bedient, wie etwa jenes, dass Schwarze andere zu bedienen hätten, was auf die Versklavung zurückgeht. Das Wort wurde also abwertend benutzt und war auch so gemeint.

Wer das Wort heute benutzt, kann sich nicht damit herausreden, es nur nostalgisch zu verwenden. Das sogenannte N-Wort ist eine rassistische Beleidigung dunkelhäutiger Menschen. Und genauso empfinde ich es auch, denn ich bin selbst eine "Person of Color" – ein Mensch mit dunkler Hautfarbe.

Wer mich mit dem "N-Wort" bezeichnet, verletzt mich zutiefst. Die Bezeichnung erniedrigt mich, indem sie mich als etwas Schlechtes dastehen lässt. Doch geht es nach Boris Palmer, müsste ich in solch einem Moment erst einmal schauen, in welchem Kontext das Wort mir gegenüber verwendet wurde.

Was für eine Absurdität, dass in einem Augenblick der tiefsten Kränkung noch reflektiert werden soll, "wie genau das denn jetzt gemeint" war. Palmer nutzt den Begriff eigenen Angaben zufolge, weil er sich nicht an Sprachvorschriften halten will. Aber es geht hier nicht um Sprachvorschriften und Kontext. Es geht um Beleidigung. Er hat bewusst unsensibel das Wort verwendet. Was er damit in dem Mann, mit dem er sprach, ausgelöst hat und auch in mir, ahnt er wohl nicht einmal.

Verwendete Quellen
  • Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus
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