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Fall Schumacher: Die traurige Fusion von Journalismus und Voyeurismus


Medien-Analyse
Die traurige Fusion von Journalismus und Voyeurismus

Von t-online
31.12.2013Lesedauer: 2 Min.
Reges Medieninteresse bei der Pressekonferenz zum Gesundheitszustand Schumachers.Vergrößern des BildesReges Medieninteresse bei der Pressekonferenz zum Gesundheitszustand Schumachers. (Quelle: Reuters-bilder)
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Eine Analyse von Lukas Lehmann

Eben reicht's! Normalerweise ist es nicht meine Art, meine Meinung ungefragt kund zu tun. Doch die jüngsten journalistischen Entwicklungen im Fall Michael Schumacher lassen mir keine Wahl, eine deutliche Kritik an der Medienwelt zu üben.

Michael Schumacher ringt mit dem Tod. In diesen schweren Stunden weilen seine Familie und wenige ausgesuchte Personen bei ihm. Nun bestätigte Schumachers Pressesprecherin Sabine Kehm, dass ein Journalist versucht hat, als Priester getarnt an sein Krankenbett zu gelangen und in diesen Kreis einzudringen. Alles nur, um die Sensations... Pardon, Informationsgeilheit der Masse zu befriedigen und letzten Endes Profit aus der Kalamität Dritter zu schlagen.

Kamerateam will auf Schumachers Etage

Das ist selbstverständlich nur die Spitze des Eisbergs. Bereits gestern wurde publik, dass ein Kamerateam versucht hat, die Etage, auf der Schumacher behandelt wird, zu betreten. Die Liste der dreisten Versuche, exklusive Einblicke zu erhaschen, könnte vermutlich endlos fortgeführt werden.

Ich kann nachvollziehen, dass an einer Person, die in ihrem Sport eine Ära geprägt hat und die sieben Mal den Weltmeister-Titel gewinnen konnte, ein öffentliches Interesse besteht. Dass die meisten Menschen auch der Blick in das Privatleben solcher Personen reizt, ist mir bewusst. Nachvollziehen kann ich es nicht, aber das steht auf einem anderen Blatt. Was hier geschieht, geht jedoch so eindeutig zu weit, dass ich vor dem Monitor ungläubig den Kopf schütteln muss – ohne, dass mich dabei irgendjemand beobachten könnte.

Selbst Enkes Tod hat nur wenig Signalwirkung

Es ist ziemlich genau vier Jahre her, dass in der Folge von Robert Enkes Selbstmord lautstark ein Umdenken gefordert wurde. Pietät war ein Stichwort und es bedeutet soviel wie ehrfüchtiger Respekt oder taktvolle Rücksichtsnahme. Müßig zu erwähnen, wie viel davon übrig geblieben ist.

Nicht immer ist die Dramatik so groß wie bei dem Überlebenskampf, den Michael Schumacher gerade führt. Auch im Kleinen gibt es einen Trend, der – beflügelt durch den Boom sozialer Netzwerke – äußerst bedenklich ist. Und das ist die permanente Verfolgung und Ablichtung Prominenter, deren Privatsphäre zum Teil nicht mal mehr in den eigenen vier Wänden existiert.

Story vor Wahrheit

Ein an eine große deutsche Zeitung verkauftes, wackeliges Handybild einer Privatperson zeigte den damals für den Hamburger SV aktiven Profi-Fußballer Dennis Aogo bei der Ankunft am Flughafen von Mallorca. Da dies während zweier trainingsfreier Tage geschah, die nach einer 1:5-Klatsche gegen Hoffenheim erteilt wurden, kochte das Ganze hoch. Aogo wurde suspendiert. Dass er triftige Gründe für seine Reise hatte – Nebensache. Welche Konsequenzen die Affäre für Aogos Karriere hat – unwichtig. Hauptsache, die Story verkauft sich.

Die besorgniserregende Konvergenz (oder sollte ich Kongruenz sagen?) von Journalismus und Voyeurismus wird viel diskutiert. Und doch nicht aufgehalten. Ich gebe mich nicht der Illusion hin, dass diese Zeilen irgendjemanden bekehren. Aber ehe der nächste Journalist sich als Arzt verkleidet, tue ich lieber meine Meinung kund.

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