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Nationalmannschaft: Deutschland muss die Heimreise antreten – ist Flick jetzt gescheitert?


DFB-Team ist raus
Flicks bitteres Eingeständnis

  • Noah Platschko
MeinungVon Noah Platschko

Aktualisiert am 02.12.2022Lesedauer: 4 Min.
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Hansi Flick: Der Bundestrainer muss die Heimreise antreten. (Quelle: IMAGO/ULMER)

Es war wild, es ging hin und her. Am Ende stand das Aus. Für Hansi Flick eine der bittersten Niederlagen seiner Karriere. Wie geht es nun weiter?

Kai Havertz kniete sekundenlang auf dem grünen Rasen des al-Bayt-Stadions, Antonio Rüdiger wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß vom Gesicht, Serge Gnabry trottete an die Seitenlinie und griff zur Trinkflasche.

Die Partie gegen Costa Rica war wenige Sekunden zuvor abgepfiffen worden. Deutschland hatte mit 4:2 gewonnen. Doch der Sieg war bedeutungslos, die Spieler wussten Bescheid. Spanien hatte gegen Japan verloren – und Deutschland muss die Heimreise antreten.

Die Spieler wirkten nach Spielende geschockt, Joshua Kimmich sprach gar vom "schlimmsten Tag seiner Karriere" und der "Angst, in ein Loch zu fallen". Und auch der Bundestrainer war sichtlich angefasst auf der Pressekonferenz unmittelbar nach dem Spiel. "Wie sich alle vorstellen können, ist die Enttäuschung riesengroß."

Vor ziemlich genau 16 Monaten hatte Flick seinen Job angetreten. Nach 15 Jahren Löw. Nun erlebt er die bittersten Stunden seiner Amtszeit. Deutschland ist gescheitert – und damit auch sein Trainer?

Deutschlands Comeback dank schwachen Costa Ricanern

Zumindest vorerst. Denn das WM-Aus geht einher mit dem bitteren Eingeständnis, dass Flick in 16 Monaten keine Mannschaft geformt hat, die wettbewerbsfähig genug ist, um den Titel mitzuspielen. Zu wenige Spieler waren in der Lage, Verantwortung zu übernehmen in Situationen, in denen es darauf ankam. Zwar drehte Deutschland die Partie gegen Costa Rica, das hatte aber mehr mit der Abwehrschwäche des Gegners denn mit der eigenen Offensivklasse zu tun.

Bereits 2018 schied die deutsche Mannschaft, damals noch unter Joachim Löw, in der Vorrunde aus. Ein schon damals historisch blamables Abschneiden. Die Schmach von Doha ist nun der vorläufige Beweis dafür, dass Deutschland im Konzert der Großen nicht mehr die erste Geige spielt. Nicht mal die zweite. Das DFB-Team ist aktuell im weltweiten Mittelmaß angekommen.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Viele Fragen nach dem frühen Scheitern lassen sich in 20 desolaten Schlussminuten gegen Japan erklären. Dass man sich gegen die "Samurai Blue" zum Auftakt trotz vieler hochkarätiger Chancen aufs 2:0 noch zwei Gegentore fing und das Spiel verlor, war am Ende der entscheidende Knackpunkt. Von dieser Pleite erholte sich das DFB-Team, auch aufgrund der Ergebnisse der Konkurrenz, nicht mehr.

Eine problematische Ambivalenz

Auch dass man gegen Costa Rica zwischenzeitlich zurücklag, zeigt, wie instabil diese Mannschaft und vor allem ihre Abwehr ist. Zu passiv, zu ungeordnet, zu anfällig. Doch zeigte sie danach auch das, was man ihr so oft vorgeworfen hatte. Sie kam zurück und drehte die Partie noch zu einem 4:2-Sieg – eine Ambivalenz, die problematisch ist.

Es wirkt fast so, als würden die Spieler nur dann liefern, wenn sie unbedingt müssen. Warum legte man nach furiosen ersten 10 Minuten gegen Costa Rica, in denen man auch in Führung ging, nicht nach? Die Mannschaft verfiel in einen altbekannten Passivitätsmodus, aus dem sie erst nach dem Rückstand erwachte.

"In der ersten Halbzeit haben wir versäumt, ein klares Ergebnis zu erzielen. Wenn du ein zweites, drittes oder viertes Tor machst, machst du Druck auf das andere Spiel. Das haben wir durch Nachlässigkeiten und individuelle Fehler nicht geschafft. Das sind Dinge, die mich sauer gemacht haben", analysierte Flick kritisch auf der Pressekonferenz. "In der Halbzeit war ich richtig sauer, und das habe ich der Mannschaft auch mitgeteilt. Wenn man was Positives rausziehen kann, dann, dass wir zurückgekommen sind."

Man habe am Ende seine Pflicht erfüllt, so Flick. Zufrieden sei er mit dem Spiel aber nicht gewesen. Angesprochen auf eigene Fehler, hielt er sich bedeckt. "Das ist mit Sicherheit eine Sache, die wir intern besprechen bei unserer Analyse. Ich bin immer einer, der sehr kritisch ist, und das wird auch in die Analyse mit einfließen."

Heim-EM steht vor der Tür

Für eine tiefgreifende Analyse hat der Bundestrainer, der wohl weitermachen darf und will, nun gut eineinhalb Jahre Zeit. Dann findet in Deutschland die Heim-EM statt. Das Turnier in Katar hat gezeigt, dass das DFB-Team Spieler braucht, die unter Drucksituationen die Spannung hochhalten können und da sind, wenn es ankommt. Im aktuellen Kader scheinen zu wenige solcher Spieler zu stehen.

Flick wird sich fragen müssen, ob andere Profis, die er daheimgelassen hat, diesem Kader die notwendige mentale Konzentrationsstärke gegeben hätten. Aber das ist reine Spekulation. Niemand weiß, wie Deutschland mit Mats Hummels oder Maxi Arnold aufgetreten wäre.

Das Tragische ist: Gegen Spanien hat die Mannschaft beeindruckend unter Beweis gestellt, dass sie es kann. Dass sie es auch immer will, ist nun die zentrale Aufgabe von Hansi Flick. Gut 18 Monate bleiben ihm, ein stabileres Gerüst zu formen. Eine Abwehr, die hoch steht, aber dennoch nicht dermaßen konteranfällig agiert. Die Effizienz beim Torabschluss erhöhen. All das wird keine leichte Aufgabe.

Bis zur EM 2024 wird Deutschland nur Testspiele absolvieren, ohne richtigen Wettbewerbscharakter. Das nächste Pflichtspiel des DFB-Teams wird also das Eröffnungsspiel der Euro 2024 in München sein. Dass Deutschland dann um den Titel mitspielen kann und wird, muss das erklärte Ziel Flicks sein. Sonst ist er nicht vorerst, sondern endgültig gescheitert.

Die WM in Katar hat begonnen. t-online ist mit vor Ort und berichtet über das brisanteste Turnier der Fußballgeschichte. Mit dem WM-Push verpassen Sie keine News mehr. Hier können Sie ihn abonnieren.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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