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Eurovision Song Contest: Aus Deutschland-Kandidat Isaak wird nichts


Deutschlands ESC-Kandidat
Das wird nichts

MeinungVon Tobias Eßer

Aktualisiert am 18.02.2024Lesedauer: 4 Min.
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Isaak, der deutsche Vertreter beim Eurovision Song Contest: Der Sänger wird es trotz seiner gefälligen Pop-Hymne beim ESC schwer haben. (Quelle: Christoph Soeder/dpa)

Isaak fährt für Deutschland zum Eurovision Song Contest nach Malmö. Mit den vorderen Plätzen wird er nichts zu tun haben – aber das ist nicht seine Schuld.

Nun also Isaak. In einer langatmigen Show am Freitagabend konnte sich der 29-jährige Sänger gegen seine Konkurrentinnen und Konkurrenten durchsetzen und vertritt Deutschland mit seinem Lied "Always On The Run" beim Eurovision Song Contest im schwedischen Malmö.

Am Ende gewann am Freitag der stärkste Song des Abends. Mit dem Kampf um die vorderen Plätze in Malmö wird Isaak trotzdem nichts zu tun haben. Dazu hat man Songs wie sein "Always On The Run" schlichtweg zu oft gehört. Als Isaak sein Lied für Malmö am Freitagabend erstmals im Studio in Berlin-Adlershof sang, wirkte es so, als habe man die offiziellen Lieder großer Fußballturniere in den vergangenen Jahren in einen Topf geworfen, kräftig umgerührt und die Mischung nun als große Hoffnung für Malmö präsentiert.

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Zu oft hat man solche uninspirierten Pop-Hymnen schon gehört. In deutschen Radiostationen laufen sie hundertfach, sodass sich schon beim ersten Hören des leicht elektronisch angehauchten Refrains eine gewisse Abnutzung zeigt. Dass Isaak auch in diesem Jahr ein absolut redundantes Ergebnis erzielen und die Anzeigetafeln der internationalen Jurys oft "Zero Points for Germany" auf die Fernsehbildschirme des Kontinents projizieren werden, ist allerdings mitnichten die Schuld des 29-jährigen Sängers aus Ostwestfalen. Es ist die Schuld des Norddeutschen Rundfunks (NDR), der es wieder einmal nicht geschafft hat, bei der Auswahl des deutschen ESC-Beitrags mutig zu sein.

Zwischen Langeweile und Midlife-Crisis

Wie eingangs schon erwähnt: "Always On The Run" war mit Abstand der beste Song des Abends. Mit ihm konnte sich Isaak gegen die Tochter von Matthias Reim und Michelle durchsetzen, deren Schlagersong "Naiv" zu gerne nach Helene Fischer klingen wollte, dabei allerdings kläglich versagte.

 
 
 
 
 
 
 

Er konnte sich auch gegen Max Mutzke durchsetzen, der vor 20 Jahren (!) bereits am ESC in Istanbul teilnahm und dessen Lied für den deutschen Vorentscheid klang, als habe man die Midlife-Crisis eines alternden Künstlers zu Papier gebracht.

Die anderen Songs des deutschen ESC-Vorentscheides waren so langweilig, dass sie sofort nach der Präsentation durch die Künstlerinnen und Künstler aus dem Gedächtnis verschwanden.

Schuld ist der NDR

Verantwortlich für diese desolate Musikauswahl ist der Norddeutsche Rundfunk, der seit Juli 2023 um Bewerberinnen und Bewerber für den deutschen ESC-Vorentscheid geworben hatte. An Abwechslung mangelte es dem NDR dabei nicht. 693 vollständige Bewerbungen trudelten bis zum Ablauf der verlängerten Frist beim Organisator des Wettbewerbs ein. Daraus wählte eine Jury 32 Songs aus, die in die engere Auswahl rückten.

Bei dieser Jury liegt das entscheidende Problem. Zwar besteht das Auswahlgremium aus verdienten Künstlerinnen und Künstlern, die bereits am ESC teilgenommen haben, sowie aus ehemaligen Jury-Mitgliedern des Eurovision Song Contest – aber ihr gehören eben vor allem arrivierte Mitglieder der Musikindustrie an. Sie hatten ihre fünf Minuten Ruhm und haben es mal wieder nicht geschafft, Kandidatinnen und Kandidaten für den ESC auszusuchen, an die man sich auch noch in Jahren aufgrund ihrer Obskurität oder ihres Talents erinnert.

Lasst das Publikum entscheiden!

Schauen wir nach Schweden: Dort wählen die Zuschauerinnen und Zuschauer bei mehreren Ausgaben des Melodifestivalen den ESC-Vertreter ihres Landes. Dieses Format hat gewisse Vorteile – allen voran, dass Hörerinnen und Hörer nun mal am besten wissen, was ihnen gefällt, und so Vertreterinnen und Vertreter auswählen können, die Potenzial haben, dass man sich an sie erinnert. In diesem Jahr tritt etwa die Metalband Smash Into Pieces an, die mit einer erfrischenden Bühnenshow und einem einprägsamen Song gute Chancen auf den Titel hat.

Auch in Norwegen haben die Zuschauerinnen und Zuschauer des Melodi Grand Prix, wie der dortige ESC-Vorentscheid heißt, mehr Macht bei der Auswahl der Vertreter als die vom Fernsehsender bestimmte Jury. Dort ist das Finale schon vorbei: Die Folk-Metal-Band Gåte wird in Malmö mit ihrer epischen Hymne "Ulveham" antreten und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf einem der vorderen Plätze landen.

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Warum ist das so? Weil die Wahl des ESC-Kandidaten oder der ESC-Kandidatin durch das Publikum bedeutet, dass der Gewinner entweder voll am Puls der Zeit ist oder sogar Trends setzen kann. In Deutschland hatte das Publikum mit Ausnahme eines Kandidaten quasi kein Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl der möglichen ESC-Vertreter.

Das Auswahlverfahren muss sich ändern

Will man beim ESC erfolgreich sein, muss sich das gesamte Auswahlverfahren drastisch verändern. Entweder organisiert man wie in Schweden und Norwegen eine mehrteilige, aufwendig produzierte Auswahlshow, bei der die Zuschauerinnen und Zuschauer bestimmen, wer zur 2025 stattfindenden Ausgabe des Eurovision Song Contest fährt. Oder man gibt zumindest einem Fernsehsender das Heft in die Hand, der durch seine Sendungen zeigt, dass er etwas von Musik am Puls der Zeit versteht.

Der Westdeutsche Rundfunk böte sich an, der mit Cosmo den vermutlich interessantesten Radiosender Deutschlands unterhält und auch eine der fähigsten Redaktionen des Landes hat, wenn es darum geht, junge Newcomer mit brillanten musikalischen Fähigkeiten zu entdecken und ihnen eine Chance auf der großen Fernsehbühne zu geben.

So muss man dem NDR in diesem Jahr leider wieder einmal sagen: Das wird nichts. Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler beim ESC-Vorentscheid war uninspiriert, ja geradezu einschläfernd. Auch Stefan Raab war bei der Auswahl seiner Künstlerinnen und Künstler nicht immer erfolgreich – aber er hat es zumindest geschafft, interessante Persönlichkeiten und memorable Songs auf die größte Musikbühne Europas zu bringen. Das schafft der NDR nicht. Und so wird es auch in diesem Jahr oft heißen: "Zero points for Germany".

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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