"Das hat mit meiner Akzeptanz nichts mehr zu tun"

Seit mehr als 30 Jahren steht Matthias Reim mittlerweile auf der BΓΌhne, im Fernsehen ist der Musiker allerdings nur noch selten zu sehen. t-online hat er den Grund verraten.
Vom PlattenmillionΓ€r zur Privatinsolvenz und wieder zurΓΌck: Kaum eine Karriere bestand aus so vielen HΓΆhen und Tiefen wie die von Matthias Reim. Mit "Verdammt, ich lieb' dich" und einer blonden PrachtmΓ€hne stΓΌrmte der damals 32-JΓ€hrige 1990 die Charts. Es folgten Ruhm und Preise, aber auch Fehlinvestitionen und eine Privatinsolvenz. Seit 2010 ist Matthias Reim schuldenfrei.
Mittlerweile zΓ€hlt der Musiker wieder zu den gefragtesten Schlagerstars Deutschlands. Er und sein Song aus den Neunzigern haben inzwischen Kultstatus erreicht. WΓ€hrend seine Kollegen sich nach und nach in die Rente verabschieden, denkt Matthias Reim noch lange nicht ans AufhΓΆren, wie er im Interview mit t-online jetzt verriet.
t-online: Herr Reim, kΓΆnnen Sie "Verdammt, ich lieb dich'" eigentlich noch hΓΆren?
Matthias Reim: Doch, ich liebe den Song, er wurde fΓΌr mich nie alt. Ich liebe den Moment, wenn ich ihn singe. Das ist so ein schΓΆnes GefΓΌhl. Die Blicke in den Augen der Menschen, da gibt es einfach nur Freude, Erinnerung, Begeisterung, gemeinsames Feiern. Als ob ich im Lotto gewinne.
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So einen Song hat nicht jeder.
Es gibt tatsΓ€chlich nicht viele dieser Songs. Und das ist das SchΓΆne. Auch nach 33 Jahren. Es ist so schΓΆn, dass die Menschen nach dem Rockstarerfolg den Weg zurΓΌck zu mir gefunden haben und ich den Weg zu ihnen β und das genieΓe ich bei jedem Konzert.
Davon haben Sie mittlerweile einige gegeben. Am Samstag steht bereits Ihr 1.500. Konzert an.
Ja, am 16. September in der ParkbΓΌhne Wuhlheide in Berlin. Es wird im Prinzip eine Greatest-Hits-Show mit mir und Freunden, die mir etwas bedeuten. Maschine von Puhdys kommt, Karat kommt und vor allem freue ich mich darauf, dass Finch kommt. Da treffen sich einfach Musikstilrichtungen, die alle was miteinander zu tun haben und trotzdem sehr eigen sind.
Und die haben alle sofort zugesagt?
Ja, die haben sich alle gefreut. Die kommen auch gerne. Aber ob sie das auch vor 20 Jahren gemacht hΓ€tten? Das weiΓ ich nicht. Das ist auch die Gnade des Γlterwerdens β und der Legendenstatuts. Das ist ein schΓΆnes GefΓΌhl. Man geht so respektvoll mit mir um. Das war vor 33 Jahren noch anders. Da guckten sie mich an und dachten sich: "Was will der denn mit seinem 'Verdammt, ich lieb' dich'? Wo kommt der denn her?"
Wann hat sich das geΓ€ndert?
Das hat sich erst in den letzten Jahren entwickelt. Ich wurde zum Kultstar. Den Legendenstatus muss man aber auch bedienen β mit QualitΓ€t. Ich muss das bei meinen Konzerten immer wieder beweisen. Ich versuche die Konzerte zu einem Event werden zu lassen, musikalisch in einem tollen Lichtambiente. Das ist das, was ich kann.
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Sie mΓΆchten sich also nicht mal wie Helene Fischer vom Trapez fallen lassen und dabei "Verdammt, ich lieb' dich" singen?
Nein, da sehe ich mich nicht. Ich bin kein Hochleistungssportler. Aber es gibt Menschen, die kΓΆnnen einfach alles. Die Konzerte von Helene Fischer sind mega Entertainment, groΓ und bunt. Ich bin Vollblutmusiker. Ich kann singen, treffe jeden Ton und erzΓ€hle mit meinen Songs Geschichten, die untermale ich auch nicht mit Videoelementen, sondern lass einfach die Worte wirken β und dann kommen Erinnerungen hoch. Das ist die Magie bei meinen Sachen.
Das ist das komplette Gegenteil von dem, was Helene Fischer auf der BΓΌhne macht.
Die Geschichten, die ich erzΓ€hle, sind aus dem Leben und mein Leben war nicht immer nur Party, ganz im Gegenteil. Ich habe Hochs und Tiefs gehabt β und von diesen kann ich erzΓ€hlen. Jeder normale Mensch hat gute Zeiten und schlechte Zeiten. Du kannst krank werden, pleitegehen oder in einer ScheiΓbeziehung stecken. All diese Geschichten kann ich erzΓ€hlen, aber diese Geschichten kann ich nicht tanzen.
Bereuen Sie manchmal, dass Sie mit allen Auf uns Abs so ΓΆffentlich umgegangen sind?
Nee, eigentlich bin ich froh darΓΌber. Ich habe das selbst gar nicht als so schlimm empfunden. Ich konnte darΓΌber reden und singen. Heute macht es mir SpaΓ, ein neues Motorrad zu kaufen, aber mir hat es auch SpaΓ gemacht, eine uralte MΓΆhre zu kaufen, als ich kein Geld hatte. Die habe ich dann selbst mit einem Pinsel angestrichen. Ich habe mich gefreut wie ein SchneekΓΆnig. Du kannst mit 3.000 Euro im Monat genauso glΓΌcklich sein, wie mit 30 oder 300.000.
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Dennoch wird im Schlager oft eine heile Welt simuliert. StΓΆrt Sie das?
Es gibt tatsΓ€chlich eine Schlagermusik, wo es nur um die Bierzeltlaune geht und Sorgen gar nicht erst angesprochen werden. Wenn dann diese Musik gespielt wird, wird diese heile Welt fΓΌr ein paar Stunden vorgegaukelt, aber ich halte das auch fΓΌr vΓΆllig legitim.
In der "heilen Welt" spielen jetzt auch Ihre Kinder eine Rolle. Sie sind inzwischen ΓΆfter im Fernsehen zu sehen als Sie selbst. Wie kommt das?
Ja, mir macht Fernsehen lange nicht so viel SpaΓ wie Konzerte. Wenn ich mich zwischen einem Konzert und einer Abendshow entscheiden mΓΌsste, wΓΌrde ich immer das Konzert nehmen. Bei Florian Silbereisen oder Giovanni Zarrella ist es schΓΆn, da wird man mal gesehen, aber das hat mit meiner Akzeptanz und mit meiner Karriere nichts mehr zu tun.
Sie schicken Ihre Kinder von Show zu Show?
Wenn sie mich fragen, empfehle ich es ihnen. Ja, genau so, wie ich das gemacht habe. Ich war in Hunderten von Fernsehsendungen, Radioshows, auf anderen Events. Ich habe alles gemacht, um an mich zu erinnern. Das musste ich damals tun, heute muss ich das nicht mehr.
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Aber man hΓΆrt Sie trotzdem gerne.
Ja, aber ich mΓΆchte kein "Adabei" sein. "Ach, der Matthias, der war auch dabei." Das mΓΆchte ich nicht.
Kluger Schachzug.
Ich glaube auch. FΓΌr mich muss es wertvoll sein zu kommen. Ich kann nicht wertvoll sein, wenn ich stΓ€ndig da bin. Ich werde natΓΌrlich ΓΆfter angefragt. Nur um im Fernsehen zu sein, ist fΓΌr mich nicht mehr sinnvoll.
Denken Sie manchmal ans AufhΓΆren?
Nein. Ich mΓΆchte auf dieses GlΓΌcksgefΓΌhl auf der BΓΌhne nicht verzichten. Das ist wie ein Rausch, wie eine Droge. Es macht mir einfach zu viel SpaΓ. Meine Songs und meine Programme sind fantastisch geworden. Ich bin jetzt so weit, dass ich sagen kann, dass ich stolz auf meine Konzerte bin. Da hΓΆre ich doch nicht auf. Ganz im Gegenteil. Aber natΓΌrlich gibt es Zeiten, wo ich denke, dass ich vielleicht mal weniger Konzerte spiele, um mal wieder Zeit fΓΌr mich, meinen Sport, meine Familie zu haben.
Sie wΓΌrden also nicht von jetzt auf gleich verschwinden?
Nein, ich hΓΆre nicht auf. Ich denke auch nicht ΓΌber eine Abschiedstournee nach. Ganz im Gegenteil. Vielleicht denke ich mir aber auch: "Ach Leute, lasst gut sein." Das kann sein, aber das weiΓ ich noch nicht. Ich kann mir vorstellen, dass ich mit 85 Jahren mit dem Rollator auf die BΓΌhne rolle β oder auch nicht.
Dann haben wir ja noch 20 Jahre β¦
Ja, die haben wir noch.
- Interview mit Matthias Reim
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