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So funktionieren die Archive der Autohersteller


Großes Gedächtnis
So funktionieren die Archive der Autohersteller

Von dpa-tmn
Aktualisiert am 21.08.2020Lesedauer: 4 Min.
Archive der Autohersteller: Porsche will alles mit Dokumenten und Objekten für künftige Generationen nachvollziehbar machen.Vergrößern des BildesArchive der Autohersteller: Porsche will alles mit Dokumenten und Objekten für künftige Generationen nachvollziehbar machen. (Quelle: Porsche AG/dpa-tmn-bilder)
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Jedes größere Autounternehmen betreibt ein Archiv. Es ist mittlerweile weit mehr als das Gedächtnis der Unternehmen. Was wird da eigentlich alles aufbewahrt und was machen die Archivare?

Lange Reihen von Aktenordnern mit vergilbtem Papier. Dazu Hängeregisterschränke voll Informationen. Archive von Herstellern bewahren deren Dokumente, Fotos und Filmmaterial auf. "Ein Archiv ist das Gedächtnis eines Unternehmens und ein wichtiger Bestandteil im Verwaltungsprozess", sagt Ulrike Gutzmann, verantwortlich für das Konzernarchiv von Volkswagen. Es bewahre das Wichtige und lege es bei Bedarf vor. "Damit sichert es die Handlungsfähigkeit des Unternehmens für die Zukunft."

Der Anspruch sei, Informationen und Dokumente aus Vergangenheit und Gegenwart zu bewahren und nutzbar zu machen. Die Unterlagen werden in der Regel in ihrem Entstehungszusammenhang abgegeben. Dieser bleibt gewahrt, denn er dient dazu, die Aussagefähigkeit eines Dokuments einzuschätzen und ist damit eine wichtige Information.

Neun laufende Regalkilometer und über 1,3 Millionen Einträge

Das VW-Konzernarchiv wurde 1997 gegründet. Es ist zuständig für die Historie des Konzerns sowie der Marken VW und VW Nutzfahrzeuge. Neun Mitarbeiter kümmern sich darum. Fast täglich nutzen Wissenschaftler oder Journalisten Unterlagen vor Ort. Hinzu kommen pro Jahr bis zu 4.000 Anfragen. Das Archiv arbeitet eng mit internen Abteilungen zusammen, die historische Dokumente und Informationen für unterschiedliche Zwecke benötigen, etwa Marketing und Kommunikation, aber auch Design und Rechtswesen.

VW kann auf neun laufende Regalkilometer Akten zurückgreifen. In einer speziellen Software sind über 1,3 Millionen Einträge enthalten. Die ältesten Unterlagen stammen aus den 1930er Jahren, die jüngsten sind Publikationen aus dem laufenden Jahr.

Sammeln, sammeln, sammeln – aber nicht blind

Bei Porsche gab es bereits ab 1940 eine lose Sammlung von historischen Unterlagen des Konstrukteurs Ferdinand Porsche, noch vor der eigentlichen Gründung des heutigen Unternehmens. Seit 1982 arbeitet das Archiv, das die wichtigen technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situationen des Unternehmens festhält. "Unsere Geschichte trägt zum Markenbewusstsein bei. Tradition ist die Innovation aus der Vergangenheit", sagt Archivleiter Frank Jung. So sei auch der Technik-Transfer von der Rennstrecke in die Serie bei Porsche kein Spruch. "Wir können das alles schriftlich belegen."

Derzeit sammeln neun Mitarbeiter Broschüren, Kataloge, Produktionszahlen, Strategiepapiere, Entwurfsskizzen und Entwicklungsunterlagen aus den Fachabteilungen, die diese für die aktuelle Arbeit nicht mehr benötigen. "In der Regel beginnt unser Geschäft erst zehn Jahre, nachdem ein Modell nicht mehr im Markt ist", sagt Jung. "Die Kunst ist es dabei, nicht blind zu horten, sondern zu entscheiden, was historisch relevant ist." Das sei deshalb wichtig, damit künftige Generationen ein unverfälschtes Bild von Unternehmensentscheidungen und Vorgängen nachzeichnen können. Nicht nur in drei Jahren, sondern noch in 300 Jahren.

Bisher kamen 2,5 Kilometer Aktenregale zusammen. Das älteste Dokument stammt von 1887 und ist ein Foto der Familie Porsche. Eine besonders wertvolle Archivalie ist die erste Zeichnung des Porsche-Wappens von 1952. Etwa 6.000 Anfragen pro Jahr erreichen das Archiv, viele aus internen Abteilungen und dem Museum, die meisten aber von Journalisten und Autoren. Anfragen zum eigenen Auto, wie etwa zum damaligen Auslieferungszustand, werden heute über die Porsche Classic Zentren beantwortet.

Bis zu 10.000 Anfragen ans BMW-Archiv

Bei BMW stammt der erste Hinweis auf ein historisches Archiv aus den frühen 1940er-Jahren. Anfangs waren das Registraturen und ein Archiv für technische Dokumente, teilweise sammelten Mitarbeiter auch Fotos und Prospekte. Zum 50. Firmenjubiläum 1966 entstand eine Festschrift mit vielen Infos und Daten, die anschließend sortiert und abgelegt wurden. Beim Bau des Museums 1973 entwickelte sich daraus ein Archiv. Mit Gründung der Sparte Mobile Tradition 1994 wurden verschiedene Sammlungen zusammengelegt und das Archiv ausgebaut. Heute umfasst es etwa 41.000 Druckschriften, 2,5 Regalkilometer mit Akten und wird von zehn Mitarbeitern gepflegt.

"Bei uns finden sich alle Unterlagen, die im Unternehmen für den aktuellen Geschäftsverkehr nicht mehr gebraucht werden und die aus historischer Sicht von Bedeutung sein können", sagt Archivleiter Fred Jakobs. Für ihn ist wichtig, dass BMW glaubwürdig in den Aussagen ist und das auch belegen kann. Bis zu 10.000 Anfragen erhält man pro Jahr. Viele Unterlagen wie Betriebsanleitungen, Ersatzteillisten, Prospekte und Werkstatthandbücher liegen mittlerweile digital vor und können online abgerufen werden. Kunden oder Historiker können auch selbst vor Ort im Archiv recherchieren.

Geburtsurkunde des Autos gehört zum Weltdokumentenerbe

All das zu sammeln und zu bewahren, was für die Dokumentation des Unternehmens und seiner Produkte von Bedeutung ist: Darin sieht Gerhard Heidbrink vom Mercedes-Archiv seine Aufgabe. Gerade als ältestem Automobilhersteller der Welt falle Mercedes eine besondere Bedeutung zu. Ein Konvolut an Dokumenten zur Benz-Patentschrift von 1886 schaffte es 2011 ins Weltdokumentenerbe der UNESCO. Die Patentschrift von 1886 gilt als Geburtsurkunde des Automobils.

Was ist wichtig und was nicht?

"Mit unserem Archiv können wir fast jedes Detail unserer langen Tradition belegen, daraus neue Themen für die Kommunikation generieren", sagt Heidbrink. Die Schwierigkeit liege darin, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden, es zu bekommen, jahrzehntelang zu bewahren und so zu verzeichnen, dass es auch Nachfolger finden. Das Archiv, offiziell 1936 gegründet, gilt als eines der ersten Automobilarchive eines Herstellers. Dazu zählen 16 Regalkilometer Akten, worum sich rund 25 Mitarbeiter kümmern.

Neben der Beantwortung von internen Anfragen, Presse- und Kundenanfragen unterstützen die Archivare auch regelmäßig Wissenschaftler, Autoren und Doktoranden aus aller Welt. Die häufig angefragte Fahrzeugdatenkarte mit allen Infos zum Auto bei der Auslieferung stellt man seit einiger Zeit digital bereit – über die Mercedes-Benz-Partner.

Der Blick richtet sich nicht nur zurück

Obwohl es seit Jahren eine Archivierungsrichtlinie gibt, nach der Unterlagen, die nicht mehr fürs Tagesgeschäft benötigt werden, dem Archiv zur Prüfung vorgelegt werden sollen, müssen die Archivmitarbeiter auch immer wieder selbst aktiv nachforschen. Denn der größte Feind des Archivs sind Unterlagen, die einfach weggeworfen oder Daten, die gelöscht werden. Dazu stehen sie vor der Herausforderung, wie digitale Langzeitarchive künftig aufgebaut werden, damit Webseiten, Social Media und Datenbanken auch noch in 30 Jahren lesbar sind. Für die interessierte Nachwelt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa-tmn
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