Datenschutzaktivisten mischen WhatsApp auf
Eine neue iOS-App liest angeblich den Online-Status von WhatsApp-Kontakten aus und analysiert deren Chat-Verhalten. Das Beispiel zeigt, wie sich aus scheinbar harmlosen Daten ein gruseliges Spionagewerkzeug basteln lΓ€sst.
"Ja, wir haben es mΓΆglich gemacht", preisen die Entwickler von "ChatWatch" ihr Programm im App Store von Apple an. Chatwatch ist eine App fΓΌr Stalker β anders kann man es nicht sagen. Mit ihr soll sich der Online-Status von anderen WhatsApp-Nutzern aus der eigenen Kontaktliste ΓΌberwachen und protokollieren lassen. Aus den Daten lieΓe sich zum Beispiel herauslesen, wann die Zielperson ins Bett gegangen ist, wie lange sie geschlafen hat und sogar, mit wem sie WhatsApp-Nachrichten austauschte. Dazu werden die Online-AktivitΓ€ten verschiedener Zielpersonen miteinander abgeglichen. Wenn die Muster auf bestimmte Art und Weise ΓΌbereinstimmen, gab es wahrscheinlich einen Austausch.
Die App nutzt eine bekannte Schwachstelle von WhatsApp β die meisten wΓΌrden sie als ein zentrales Feature des Messengerdienstes bezeichnen: SchlieΓlich zeigt die App den Kontakten jederzeit an, wann ein Nutzer zuletzt online war. Meistens ist das praktisch. Wie man jetzt am Beispiel von Chatwatch sieht, kann die Funktion aber auch gegen den Anwender eingesetzt werden.
Spionagedienste im Monatsabo
Um zwei Kontakte zu ΓΌberwachen zahlt der Nutzer der App 1,99 Euro β pro Woche. Man kann auch Abos fΓΌr fΓΌnf oder zehn Nummern abschlieΓen. Die Stalking-MΓΆglichkeiten sind also zumindest auf wenige Kontakte aus dem Telefonbuch beschrΓ€nkt, die der KΓ€ufer vorher festlegen muss.
Auf der Webseite chatwatch.net wird eine Adresse in Mexiko City im Impressum genannt. Γber den Entwickler Desarrollo del Potencial Organizacional (DPO) ist sonst wenig zu erfahren. ChatWatch ist die einzige App, die bisher von DPO fΓΌr iOS und Android angeboten wird.
Allerdings steht die AbkΓΌrzung DPO auch fΓΌr "Data Protection Officer", also Datenschutzbeauftragter. Den Machern geht es also darum, die WhatsApp-Nutzer fΓΌr Datenschutzbedenken zu sensibilisieren. TatsΓ€chlich zeigt die App, wie aus scheinbar harmlosen Daten ein Γberwachungstool hergestellt werden kann. Dennoch sollte die App bald aus den Stores verbannt werden, um Missbrauch zu verhindern. WhatsApp kann das Auslesen der Daten ebenfalls Blockieren.
Einer der Entwickler der Spionage-App rechtfertigt sich gegenΓΌber t-online.de so: "Wir wollen uns selbst nicht als ein bestimmter Aktivisten-Typus definieren, aber wir mischen die Leute gerne auf", schreibt Erick Barto in einer Mail. "Wir glauben, dass die Botschaft, die dadurch in die Welt getragen wird, eine wichtige ist." Die App zu entwickeln sei der einzige Weg gewesen, um der Welt zu beweisen, dass ein solches Γberwachungstool funktioniert.
"Es geht nicht nur um die Gefahren durch WhatsApp. Es betrifft jede App, unser ganzes digitales Leben", so Barto. "Man kann durch den digitalen FuΓabdruck viel zu viel ΓΌber jeden herausfinden." Es sei ein Punkt ΓΌberschritten, von dem aus die Nutzer aus "AbhΓ€ngigkeit und Ignoranz" nicht mehr umkehren kΓΆnnten.
Die Einnahmen aus der App sollen an eine gemeinnΓΌtzige Organisation flieΓen, die Anti-Trump-Kampagnen unterstΓΌtzt, schreibt die Seite Lifehacker.com.
Apple will die App prΓΌfen
Ein Apple-Sprecher sagte auf Nachfrage von t-online.de zunΓ€chst, er kenne die App nicht. Er gehe jedoch davon aus, dass sie im Einklang mit den GeschΓ€ftsbedingungen des Apple App Stores stehe, da jedes Programm vor der VerΓΆffentlichung einen PrΓΌfungsprozess durchlaufen mΓΌsse. Sollte die Anwendung gegen die App Store-Richtlinien verstoΓen, kΓΆnne man sie melden. Im Bezug auf ChatWatch sei nun eine interne PrΓΌfung eingeleitet worden.
Γber den Prozess zur App-Freigabe heiΓt es auf der Entwicklerseite von Apple: "Wir prΓΌfen alle eingereichten Apps, um zu festzustellen, ob sie zuverlΓ€ssig sind, wie erwartet funktionieren und frei von anstΓΆΓigem Material sind." Die Apps wΓΌrden nach technischen und inhaltlichen Kriterien sowie nach ihrem Design bewertet. Diese PrΓΌfung hat ChatWatch offenbar bestanden: Die App funktioniert β und wird von den Verantwortlichen hoffentlich bald gestoppt, um Schaden und Missbrauch zu verhindern.