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Coronavirus – Studie zu Langzeitfolgen: Wer besonders anfällig ist


Fünf entscheidende Symptome
Wer besonders anfällig für Long-Covid ist

t-online, Christiane Braunsdorf

Aktualisiert am 21.09.2021Lesedauer: 4 Min.
Long Covid: Auch nach einer Corona-Erkrankung treten noch oft schwere Symptome auf.Vergrößern des BildesLong Covid: Auch nach einer Corona-Erkrankung treten noch oft schwere Symptome auf. (Quelle: GoodLifeStudio/getty-images-bilder)
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Forscher sind dem Phänomen Long-Covid auf der Spur. Immer mehr Patienten berichten über langanhaltende Beschwerden nach ihrer Corona-Infektion. Die Art der Symptome und ihre Dauer sind dabei sehr unterschiedlich.

Das Coronavirus bleibt in vielen Aspekten weiterhin ein Rätsel für die Wissenschaft. Zunehmend rückt das sogenannte Long-Covid in den Fokus: Patienten klagen noch lange nach ihrer Infektion über teils erhebliche Beschwerden. Studien zeigen dabei sehr unterschiedliche Verläufe und erste Erklärungen der Mediziner.

Zahlreiche Beschwerden

Zwischen zehn und 20 Prozent der Corona-Infizierten trifft das Phänomen Long-Covid. Genaue Zahlen gibt es derzeit nicht, da die Krankheit nicht meldepflichtig ist. Die Symptome sind vielfältig: Erschöpfung und geringe Belastbarkeit ("Fatigue-Syndrom"), Muskelschmerzen, Atemnot, Depressionen und Angstzustände zählen dazu. Aber auch neurologische Probleme (z.B. Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen), Geschmacks- und Geruchsveränderungen, Seh- und Höreinschränkungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Beeinträchtigungen des Magen-Darm-Trakts gehören dazu.

Fünf Symptome entscheidend für Long-Covid

Wissenschaftler erforschen nun vor allem einen Aspekt: Lässt sich vorhersagen, welche Beschwerden während einer akuten Infektion darauf hindeuten, dass sich Langzeitfolgen entwickeln könnten? Dazu untersuchte ein internationales Forscherteam die Daten von über 4.000 Infizierten, die ihre Symptome in einer App protokollierten. Bei etwa 13 Prozent traten Beschwerden über mindestens 28 Tage auf, bei etwas über zwei Prozent über zwölf Wochen und länger.

Risikogruppen dafür scheinen neben Frauen auch ältere Patienten sowie Patienten mit Übergewicht (höherer Body-Mass-Index) zu sein. Und die Forscher fanden auch heraus: Tauchten im Verlauf der ersten Krankheitswoche fünf klassische Symptome auf, war die Wahrscheinlichkeit eine Long-Covid-Erkrankung zu entwickeln, wesentlich erhöht.

Die fünf Symptome sind:

  • Fatigue (Erschöpfung),
  • Kopfschmerz,
  • Atemlosigkeit,
  • Heiserkeit und
  • Muskelschmerz

Dabei gilt: Je mehr dieser Beschwerden zusammen auftreten, desto wahrscheinlicher sind Spätfolgen. Kommen zu diesen fünf sogar noch weitere Symptome hinzu (z.B. Fieber oder Geruchsverlust), erhöht sich das Risiko von Langzeitfolgen weiter.

Autoimmunerkrankung als Erklärung?

Was genau Long-Covid auslöst, ist bislang unklar. Vermutet wird eine Autoimmunreaktion des Körpers, die durch das Virus hervorgerufen wird. Dabei greift der Körper eigene Zellen oder eigenes Gewebe an.

Eine zweite (internationale) Studie machte eine spezielle Risikogruppe dafür aus: Besonders betroffen von Long-Covid-Symptomen sind Frauen im Alter von unter 50 Jahren. Im Vergleich zu gleichaltrigen Männern war die Wahrscheinlichkeit zur Entwicklung dieser Beschwerden bei ihnen bis zu fünfmal höher.

Risikogruppe junge Frauen

Diese Beobachtung bestätigt auch Dr. Jördis Frommhold, Chefärztin der Median Klinik in Heiligendamm, die Long-Covid-Patienten behandelt. "Long-Covid trifft unserer Erfahrung nach tatsächlich eher Frauen, meist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Sie kommen überwiegend nach leichten oder moderaten Verläufen zu uns", erklärt Dr. Frommhold im Gespräch mit t-online.

Männer neigten allgemein zu schwereren Verläufen. "Dahinter wird eine genetische Ursache vermutet. Es scheint, dass Männer immunologisch tatsächlich schlechter ausgestattet sind. Die Natur hat es so eingerichtet, dass Frauen im Alter zwischen 20 und 40 da widerstandsfähiger sind. Der Grund ist einleuchtend: Sie sollen in dieser Zeit Kinder gebären können."

Warum besonders Frauen unter Long-Covid leiden, dazu hat Frommhold eine Theorie: "Mildere Krankheitsverläufe führen einfacher zu Autoimmunerkrankungen. Das lässt sich leicht erklären: Bei einem schweren Verlauf bietet der Körper alles auf, um sich gegen die vom Virus verursachten Schäden zu wehren. Bei leichten bis milderen Verläufen schwelen die Entzündungsreaktionen zwar im Körper, werden aber nicht konsequent niedergekämpft. Die Folge: Die Prozesse können chronisch werden. In unserer Klinik behandeln wir auch immer noch Menschen, die in der ersten Welle im März letzten Jahres erkrankt sind."

Vergesslichkeit und neurologische Ausfälle

Frommhold stellt vor allem gravierende neurologische Ausfälle bei ihren Patienten fest. "Sie können sich nichts mehr merken, lesen Texte, verstehen sie aber nicht. Sie vergessen ihre eigenen Handlungen, Termine oder Orte. In ihren Gehirnen lassen sich aber nur unspezifische Veränderungen finden."

Dr. Jördis Frommhold
Dr. Jördis Frommhold (Quelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Bernd Wüstneck)

Dr. Jördis Frommhold ist Chefärztin der Abteilung für Atemwegserkrankungen und Allergien in der Median Klinik Heiligendamm, wo sie zudem als Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie sowie Notfallmedizin arbeitet. Kürzlich wurde sie zur "Frau des Jahres" in Mecklenburg-Vorpommern ernannt.

Für die Patienten bedeutet dies häufig psychischen Stress. "Belastend ist es für die Patienten vor allem, weil sie nicht wissen, wann dieser Zustand endet und ob er jemals endet. Und wir können ihnen das auch nicht sagen, weil einfach niemand dieses neue Virus kennt. Sich damit abfinden zu müssen, dass das Leben jetzt nicht mehr ist wie vorher, ist ungeheuer belastend."

Milder Verlauf mit schweren Folgen

Dass nach einer Corona-Infektion oft nichts mehr ist wie zuvor, bestätigt auch eine Studie von US-Wissenschaftlern. In ihr wurden die Krankenakten von 73.000 US-Veteranen untersucht. Dank eines milden Verlaufs musste auch hier keiner der Corona-Infizierten im Krankenhaus behandelt werden.

Trotzdem traten im ersten halben Jahr nach der Erholung von den akuten Symptomen bei den Patienten häufig vielfältige andere Beschwerden auf. Diagnostiziert wurden unter anderem Atemwegserkrankungen, Bluthochdruck, Schlafstörungen, neurologische Erkrankungen, Rückenprobleme, Brustschmerzen und noch mehr als 30 andere Krankheitsanzeichen.

Sogar ein erhöhtes Sterberisiko war nachweisbar. Zwischen einem bis sechs Monate nach der Infektion war es um bis zu 60 Prozent erhöht. Die Vergleichsgruppe bestand aus fast fünf Millionen US-Veteranen ohne Corona-Infektion. Das Resultat der Forscher: Die Folgen einer Ansteckung mit Covid-19 sind schwerwiegender als die einer Grippeinfektion.

Auch nach Klinikaufenthalt nicht gesund

Und auch Menschen mit schweren Krankheitsverläufen gesunden oft nur langsam. Häufig sind Reha-Maßnahmen nötig und viele Patienten finden trotz dieser nur schwer in ihr altes Leben zurück.


Britische Wissenschaftler analysierten die Krankheitsverläufe von 1.077 Patienten, die stationär behandelt werden mussten. Nur 29 Prozent fühlten sich fünf Monate nach ihrer Entlassung aus der Klinik vollständig erholt. 68 Prozent der Studienteilnehmer arbeiteten vor ihrer Erkrankung in Vollzeit. Nur 18 Prozent waren danach in der Lage, wieder ganz in ihren Job zurückzukehren. 19 Prozent mussten anders arbeiten als zuvor.

Noch ist Long-Covid weitgehend unerforscht. Dennoch hoffen die Ärzte mit immer neuen Erkenntnissen, die Corona-Behandlung von Anfang an so optimieren zu können, dass das Risiko für Spätfolgen gesenkt werden kann.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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