So bestimmen Hebammen den genauen Geburtszeitpunkt

Lange vor der Entbindung errechnet der GynΓ€kologe, an welchem Tag ein Baby das Licht der Welt erblickt. Doch oft verspΓ€ten sich Kinder oder kΓΌndigen sich frΓΌher an. Ist es dann so weit, wird ΓΌblicherweise nicht nur das Datum dokumentiert sondern auch die Uhrzeit der Geburt. Eine Hebamme erklΓ€rt, welche Kriterien diesen Moment definieren.
Bei Geburtshelfern gibt es keine InterpretationsspielrΓ€ume, sagt Hebamme Rike Herkel. "Der exakte Geburtszeitpunkt ist dann, wenn das Kind vollstΓ€ndig aus dem Mutterleib ausgetreten ist. Als vollstΓ€ndig 'beendet' gilt eine Geburt aber erst, wenn die Plazenta auch da ist. Doch diese Schlussphase spielt bei der Zeitbestimmung keine Rolle."
Diese Definition ist im BΓΌrgerlichen Gesetzbuch sowie in den Richtlinien des Hebammen-GebΓΌhrenrechts formuliert. Mit ihr ist zugleich der Beginn der RechtsfΓ€higkeit des Menschen verbunden.
Nicht relevant fΓΌr die Festlegung des Entbindungszeitpunktes ist das Durchtrennen der Nabelschnur. "Dieser Vorgang", kommentiert Rike Herkel, "ist kein zwingend notwendiger, medizinischer Eingriff und wird deshalb nicht als Orientierung herangezogen. Denn es kΓΆnnte auch sein, dass die Nabelschnur nicht direkt nach der Geburt, sondern beispielsweise erst nach dem Auspulsieren abgetrennt wird."
Hebammen notieren die Geburtszeit
Dokumentiert wird der entscheidende Augenblick, der spΓ€ter durch den Standesbeamten auch in der Geburtsurkunde vermerkt wird, meist von der Hebamme. Sie ist in der Regel am Ort des Geschehens und begleitet die Entbindung konstant.
"Manchmal kommt es aber auch vor, dass eine Frau unplanmΓ€Γig, allein ohne UnterstΓΌtzung ihr Kind bekommt - zum Beispiel in einem Auto. In einer solchen Situation muss dann mΓΆglichst ein Zeuge den genauen Geburtszeitpunkt bestΓ€tigen." Notfalls mΓΌsse die Mutter selbst versuchen, diese Angaben zu machen.
FΓΌr gewΓΆhnlich dΓΌrfte der Blick auf die Minuten- und Sekundenzeiger gegen Ende einer anstrengenden Entbindung fΓΌr werdende Eltern nebensΓ€chlich sein. "Deshalb ist es gut, wenn professionelle KrΓ€fte vor Ort sind, die trotz Hektik noch auf die Uhr schauen."
Geburtszeit am CTG ablesbar
Was aber, wenn das stressige Ereignis auch die Hebamme so in Schach hΓ€lt, dass sie von ihrer Dokumentationspflicht abgelenkt wird? "Alles genau festzuhalten und zu notieren, gelingt eigentlich immer minutengenau. Wir sind ja darauf trainiert, auch darauf zu achten."
Geht es aber einmal aus besonderen GrΓΌnden wirklich nicht, kΓΆnne man - zumindest bei Entbindungen in Kliniken - die Kardiotokografie,zu Rate ziehen. Diese misst die HerztΓΆne des Kindes und die WehentΓ€tigkeiten der Mutter. Daran lasse sich die Chronologie und somit das Ende der Geburt ablesen.
Dass Eltern diesen Zeitpunkt gerne nach hinten oder vorne verschieben wollten, hat die Hebamme in ihrem Praxisalltag noch nicht erlebt. Den Verlauf einer Entbindung kΓΆnne man sowieso nur schwer beeinflussen. AuΓerdem sei Gesundheitspersonal ohnehin grundsΓ€tzlich zur wahrheitsgemΓ€Γen Dokumentation verpflichtet.
Wenn MΓΌtter und VΓ€ter hierzu ΓΌberhaupt WΓΌnsche Γ€uΓern wΓΌrden, ginge es meist sowieso eher um ein bestimmtes Datum, aber nicht um Minuten oder Sekunden, ergΓ€nzt Herkel. Ein solches 'Feintuning' lieΓe sich - wenn ΓΌberhaupt - nur durch einen geplanten Kaiserschnitt steuern. Den sollt man aber nie ohne sehr guten Grund machen."
Mitternacht zΓ€hlt zum nΓ€chsten Tag
Aufmerksamkeit ist geboten, wenn sich das Baby gegen Mitternacht also zu einem Datumswechsel ankΓΌndigt. Aber auch fΓΌr diese "knifflige" Uhrzeit gibt es eine Regelung, denn 0 Uhr wird stets zum neuen Tag gerechnet. "Dass genau dieses winzige Zeitfenster als Geburtstermin definiert wird, ist ausgesprochen selten", so Rike Herkel. "Bei mir kam jedenfalls noch kein Baby exakt um 0 Uhr zur Welt. Denn registriert die Hebamme wirklich um Mitternacht das Entbindungsende, ist ja eigentlich in diesem Augenblick schon mindestens wieder eine Sekunde vergangen und damit ganz klar der nΓ€chste Tag angebrochen."
Eine besondere Konsequenz kann die mitternΓ€chtliche Geburtsstunde allerdings haben, wenn beispielsweise Mehrlinge das Licht der Welt erblicken. Liegen dann nur wenige Momente zwischen den "Ankunftszeiten" der einzelnen Geschwister, haben sie unter UmstΓ€nden nicht mehr denselben Geburtstag.
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- Die Informationen ersetzen keine Γ€rztliche Beratung und dΓΌrfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.