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Wann Sie beim Termin der Entbindung nachhelfen sollten


Abwarten oder Einleiten?
Wann es sinnvoll ist, beim Entbindungstermin nachzuhelfen

t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli

06.06.2017Lesedauer: 4 Min.
Die meisten Kinder kommen in einem Zeitraum von zehn Tagen vor bis zu 14 Tagen nach dem errechneten Termin zur WeltVergrößern des BildesDie meisten Kinder kommen in einem Zeitraum von zehn Tagen vor bis zu 14 Tagen nach dem errechneten Termin zur Welt (Quelle: Steinach/imago-images-bilder)
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Normalerweise regelt der Körper am Ende einer Schwangerschaft den Start der Geburt von allein. Ist das Baby bereit, setzen die Wehen ein. Doch bei manchen werdenden Müttern ist dieser Ablauf gestört oder setzt sehr spät ein. Dann kann eine künstliche Entbindungseinleitung nötig werden.

Der ET ist kein verbindliches Datum

Nur etwa vier Prozent aller Babys werden pünktlich, also nach etwa vierzig Schwangerschaftswochen, geboren. Der große Rest entscheidet sich in einem Zeitraum von zehn Tagen vor dem errechneten Termin bis zu 14 Tage danach, den wohlig warmen Mutterleib zu verlassen.

Eine Abweichung des vom Gynäkologen ermittelten Zeitpunkts hängt nicht selten von der Genauigkeit der Berechnung und der individuellen Zykluslänge der Frau ab. Vor allem das Datum der Befruchtung lässt sich nur selten exakt ermitteln. So ist es eigentlich nichts Besonderes, dass Neugeborene zu Unpünktlichkeit neigen. Der Entbindungstermin (ET) sollte deshalb eher als Orientierungswert und nicht als verbindliche Größe gesehen werden.

Nervige Geduldsprobe nach Woche 40

Viele Frauen reagieren dennoch nervös, wenn sich der Schwangerschaftsendspurt in die Länge zieht. Diese Erfahrung macht auch die Berliner Hebamme Jana Friedrich immer wieder. In ihrem Hebammenblog schreibt die erfahrende Geburtshelferin, die selbst zweifache Mama ist, über solche "Hilfe-ich-bin-drüber-Befindlichkeiten".

"Freudig und etwas ängstlich wartet man darauf, dass am Termin endlich was passiert. Die Verwandten fragen stündlich nach Neuigkeiten. Alles ist vorbereitet. (…) Die Kliniktasche steht mahnend an der Tür. Nur die Wehen sind auch beim angestrengtesten Reinhorchen nicht zu spüren (…), die Geduld ist am Ende. Die Geburtseinleitung scheint plötzlich eine attraktive Möglichkeit zu sein, das Warten zu beenden."

Kein Grund zur Panik – Verspätete Babys werden engmaschig überwacht

Ob es notwendig ist, den Entbindungsbeginn künstlich anzuschieben, hängt immer vom jeweiligen Zustand der Mutter und des ungeborenen Kindes ab. Bei Überschreitung des ETs werden üblicherweise beide zunächst nur überwacht und regelmäßig untersucht. Normalerweise wird eine Schwangere ohnehin rund um den Geburtstermin, spätestens jedoch etwa drei Tage nach dem ermittelten Datum beim Gynäkologen oder in der Klinik einbestellt. Zugrunde gelegt werden bei unauffälligen Befunden dann die Empfehlungen der "geburtsmedizinischen Richtlinien", die bei "ET 41 plus 0, spätestens aber bei 41 plus 3 Tagen" zu einer Einleitung raten. Ab der vollendeten 42. Schwangerschaftswoche sprechen Mediziner von "Übertragung".

Wenn Abwarten keine Option ist

Sinnvoll ist eine künstliche Wehenstimulation vor allem dann, wenn triftige medizinische Gründe vorliegen und die Gesundheit von Mutter und Kind gefährdet ist. Dazu gehören beispielsweise eine Diabetes-Erkrankung, eine Schwangerschaftsvergiftung, ein vorzeitiger Blasensprung, vermindertes Fruchtwasser oder Versorgungsprobleme des Ungeborenen. Eine Geburtseinleitung ist dagegen nicht erlaubt bei Fehllage der Plazenta, einer Infektion der Eihöhle, einem Herpes genitalis, einem Nabelschnurvorfall oder bei Vernarbungen der Gebärmutter nach früheren Operationen.

Schmerzhafter Endorphin-Mangel

Wird eine Entbindung künstlich in Gang gebracht – das geschieht immer unter ärztlicher Überwachung und kann manchmal Tage dauern – bedeutet das für die Kinder meist mehr Stress und für die Mütter eine höhere Schmerzintensität während der Wehen. Der Körper hat nämlich nicht wie bei einer Spontangeburt genug Zeit, ausreichend das schmerzunterdrückende Hormon Endorphin auszuschütten. So ist eine zusätzliche Gabe schmerzstillender Medikamente oft unverzichtbar.

Synthetische Hormone per Wehentropf

Zu den am häufigsten angewendeten Einleitungsverfahren gehören Infusionen mit dem synthetisch hergestellten Wehen-Hormon Oxytocin. Diese Methode, die durch kontinuierliche Steigerung der Dosierung meist schnell zu heftigen Wehen führt, sollte aber nur durchgeführt werden, wenn der Muttermund bereits weich oder schon leicht geöffnet ist. Zudem ist eine dauerhafte CTG-Kontrolle des Kindes unverzichtbar, bis die Wehentätigkeit die gewünschte Regelmäßigkeit zeigt.

Tut weh und braucht Zeit – Die Aktivierung des Weichmachers Prostaglandin

Verbreitet ist auch die Gabe des Gewebshormons Prostaglandin per Tablette oder vaginal per Tampon, Zäpfchen, Pessar oder Gel, das vor allem als Weichmacher auch den Muttermund wirkt. Der Nachteil dieser Einleitungsform: Da der Botenstoff in der Regel nicht sofort greift, muss die Behandlung meist wiederholt werden – solange bis sich der Geburtsvorgang durch die Reifung des Muttermundes selbst in Gang setzt.

Einen ähnlichen Effekt hat die Eipolablösung. Dabei wird die Fruchtblase durch manuelle Einwirkung vom Gebärmutterhals gelöst, sodass natürliche Prostaglandine freigesetzt werden und in vielen Fällen die Geburt innerhalb von 48 Stunden in Gang kommt. Obwohl die Prozedur sehr schmerzhaft und langwierig ist, bietet sie die Chance, dass keine zusätzlichen Wehen fördernden Schritte nötig werden.

Innovative und veraltete Methoden

"Relativ neu", erläutert Hebamme Friedrich, "ist die Einleitung der Geburt mit Dilapan-S. Es handelt sich dabei um ein dünnes Stäbchen, das wie ein Tampon in den Muttermund eingeführt wird. Es zieht dort Flüssigkeit an und quillt entsprechend stark auf." Dadurch öffne sich durch rein mechanische Einwirkung der Muttermund und könne deshalb auch bei Frauen mit einer Verkürzung des Gebärmutterhalses oder bei Frauen, die schon mal eine Kaiserschnitteinleitung oder einen anderen Eingriff an der Gebärmutter hatten, empfohlen werden.

Riskant und veraltet: Fruchtblasensprengung

Die riskanteste und heute kaum noch angewendete Einleitungsvariante ist die gezielte manuelle Eröffnung der Fruchtblase, die sogenannte Fruchtblasensprengung. Denn mit der "Verletzung" der Schutzhülle erhöht sich sowohl die Infektionsgefahr für das Kind als auch der Zeitdruck, einen unumkehrbaren Vorgang so schnell wie möglich zu Ende zu bringen. Bleibt nämlich der gewünschte Wehenbeginn bei steigenden Entzündungswerten aus, droht ein Kaiserschnitt.

Auf die sanfte Tour

Wehen auf die Sprünge zu helfen, funktioniert manchmal auch mit natürlichen, weniger einschneidenden Maßnahmen. Als effektiv können sich dabei beispielsweise Akupunktur, Treppensteigen, Spazierengehen genauso wie entspannende Bäder oder Massagen am Bauch beziehungsweise an den Fußreflexzonen erweisen. Ebenso wirkungsvoll kann Sex sein, denn im Sperma ist Prostaglandin enthalten. Und das Wehenhormon Oxytocin wird verstärkt ausgeschüttet, wenn die Brustwarzen der Schwangeren immer wieder stimuliert werden.

Ruhe bewahren hilft

Liegt keine problematische Indikation vor, rät Hebamme Jana Friedrich betroffenen Müttern bei Verspätung ihres Babys möglichst entspannt zu bleiben und auf die Mechanismen der Natur zu vertrauen. In jedem Fall habe die Schwangere gemäß der Empfehlung der "geburtshilflichen Richtlinien" immer das letzte Wort über die Entscheidung, ob eingeleitet wird oder nicht. Umso wichtiger sei deshalb eine gute Aufklärung der begleitenden Geburtshelfer. "Solange bei den Kontrollen alles in Ordnung ist und (…) du noch auf einen natürlichen Geburtsbeginn warten möchtest, kannst du das tun und damit dein Baby seinen Geburtstag selbst wählen lassen."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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