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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Friseurin klärt auf im Video bei t-online auf So viel Trinkgeld wird im Salon erwartet
Was ist, wenn ein Kunde fettige Haare hat und wie schlecht verdienen Friseure wirklich? Teresa Hofmeister alias Reza Hair arbeitet seit fast 20 Jahren als Friseurin und Hairstylistin. Vor der t-online-Kamera stellt sie sich Ihren Fragen.
Reza wollte eigentlich nie Friseurin werden, ist in diesem Job heute aber sehr erfolgreich. 2016 machte sie sich selbstständig, 2018 folgte der eigene Salon. Mittlerweile leitet sie ein 14-köpfiges Team und betreibt auch ein Perücken-Atelier. Nebenbei ist sie auf der ganzen Welt unterwegs und stylt Prominente – alles andere als ein Nine-to-five-Job.
"Haare schneiden kann jeder", "die Bezahlung ist schlecht", "Friseure sind nicht die Schlausten": Der Beruf ist von vielen Klischees geprägt. Doch was hat es damit auf sich?
Für das t-online-Format "Frag mich" beantwortet die Friseurin die Fragen unserer Leserinnen und Leser. Wie oft gibt es Reklamationen? Haben Kunden schon mal mit rechtlichen Schritten gedroht? Warum gibt es bei Friseuren so große Preisunterschiede?
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“Das heißt, entweder wird da ganz viel Schwarzgeld verdient oder die Leute werden eben irgendwie nicht ordentlich bezahlt.”
“Mein Name ist Reza, das ist ein Spitzname für Theresa, das ist mein echter Name. Ich bin Friseurin schon mein ganzes Leben eigentlich, seit ich 15 bin. Ich wollte nie Friseurin werden, ich wollte immer ins Büro und das liegt mir sogar eigentlich eher als kreative Arbeit. (...) Ich bin irgendwie durch ein Mädchen aus meiner Kindheit da so reingeraten und bin ihr bis heute dankbar dafür, dass sie mir diesen Beruf nahegelegt hat.”
Welche Klischees über deinen Beruf nerven dich am meisten?
“Jeder, der aus dem Dorf kommt, kennt das vielleicht. Mein Vater, der alleinerziehend war, hat immer gesagt, dann wird vielleicht aus dir nichts oder du wirst nie so viel verdienen. (...) Ich glaube, dieser Beruf bietet noch viel mehr. Es muss einem klar sein, dass man mehr daraus machen will. Von nichts kommt halt nichts, ganz klar.”
Wie oft kommt es vor, dass Leute mitten im Schnitt ihre Meinung ändern?
“Unser Ersttermin ist immer ein reines Beratungsgespräch und wir bleiben uns da auch ganz klar treu. Auch ein Vibe-Check, dass auch der Kunde sagen kann: ‘Hey, ich glaube, ich habe mich verstanden und richtig aufgehoben gefühlt.’ Und deswegen haben wir das eigentlich fast gar nicht mehr – auch Reklamationsquoten und so, wenn wir uns vorher eine Stunde Zeit nehmen, mit den Leuten intensiv zu sprechen. Die können danach sagen und sollen sie auch: ‘Hey, das passt nicht so gut, auch der Friseur. Ehrlichkeit ist unser wichtigster Punkt.”
Wie reagierst du, wenn sich ein Kunde eine Frisur oder eine Farbe wünscht, die ihm eher weniger stehen würde?
“Ich finde, das ist mein Körper und meine Regeln, genauso wie bei meinen Kunden auch. Ich kann die darüber aufklären und mit denen darüber sprechen, aber wenn die sagt: ‘Ich habe da Bock drauf und ich fühle das….’ Mir ist nur wichtig, abzuklären, dass jemand nicht einfach etwas überstürzt, was er vielleicht bereuen könnte, dass man sagt: ‘Hey, das und das sind einfach die Dinge, die zu beachten sind, auch vielleicht in der Handhabung oder wie das rauswächst.’ Ja, da auch einfach eben wieder viel, viel sprechen im Vorfeld. Aber Mut zur Hässlichkeit immer, na klar.“
Wie gehst du damit um, wenn Kunden fettige Haare haben?
“Ich habe viel zu tun mit Kunden, die unter Neurodermitis leiden, wo vielleicht dann auch die Kopfhaut fettige Schuppen hat oder trockene Schuppen oder Kombisachen. Da ist ganz viel Schamgefühl auch dahinter und am Ende kann da keiner was dafür. Wichtig ist, dass man die Kunden auch da abholt wie beim Arzt und sagt: ‘Kein Problem, ich habe hier eine Lösung oder kann dir sogar den einen oder anderen Profi da empfehlen, der sich da auskennt.’ Social Media ist da mittlerweile ein Riesenhilfetool, weil man oft nie gelernt hat, woher… Jeder sagt oft was anderes bei solchen Themen, woher so was kommt. Es kann auch Ernährung sein, die falschen Produkte können das sein. Ich gehe da sehr offen mit um. Und wichtig ist, finde ich, dass man über solche Themen spricht und nicht denkt, das ist jetzt ein Tabuthema.”
Hast du Tipps, wie ich meiner Friseurin gut erklären kann, welche Frisur oder Haarfarbe ich mir wünsche?
“Ich finde, da kann AI mega helfen und da wird es bestimmt auch in Zukunft einfache Tools geben, wo man eine Haarfarbe... Viele Friseure nutzen das schon: Wenn ich vielleicht ein Foto von dir mache, dann kann ich das ganz kurz einzeichnen und zeigen: ‘So würdest du aussehen mit roten Haaren.’ Das ist so ein bisschen wie eine Simulation, so animiert. Und ich glaube, das kann auch die Zukunft sein, dass man sich das auch besser selber vorstellen kann. Es gibt Kunden, die kommen mit Beispielfotos und achten bei dem Model, was sie bei Pinterest oder so finden, auf die Gesichtsform, ob das matcht vom Vibe, vom Bodytype etc. Dingsbums. Aber nicht jeder hat so diesen Blick dafür. Bei der einen Person sieht es vielleicht megageil aus, bei der anderen Person eher unvorteilhaft. Und da ist es auch wichtig, dass man einfach auf solche Sachen aufmerksam macht.”
Ich hatte vor zehn Jahren Brustkrebs und nach der Chemo kamen die Haare sehr dünn wieder. Was kann ich tun?
“Was ich da auf jeden Fall mit auf den Weg geben kann, dass man da ganz geduldig mit sich ist und dass man ganz viel von innen heraus tun kann. Ernährung ist das A und O. Und das ist ein Gesamtspiel mit dem, was ich außen drauf gebe, so wie mit allem.
Hattest du es schon mal, dass sich Kunden über das Ergebnis beschwert und vielleicht sogar mit rechtlichen Schritten gedroht haben?
“Ich glaube, das Thema Reklamation ist auch immer ein bisschen ein Tabuthema. Natürlich will niemand darüber reden, wenn irgendjemand unzufrieden ist. Aber es ist etwas, was eigentlich jedem von uns auf irgendeine Art und Weise schon passiert ist, wenn wir in der Dienstleistung oder mit Menschen arbeiten.”
“Ich finde, die Generation heute... vor allem die Deutschen, die neigen natürlich auch schon ganz gerne dazu, dann eher zu meckern oder schlechte Bewertungen ihren Dampf abzulassen. Kennen wir ja auch von Social Media: Schön die Kommentare darunterjagen. Aber ich gehe da sehr offen mit um, suche auch immer den direkten Kontakt. Und in der Regel ist das 99 Prozent auch ein Kommunikationsproblem.”
“Ja, und rechtliche Schritte gab es in dem Fall eigentlich noch nicht.”
Warum gibt es bei Friseuren so große Preisunterschiede? Sind die Unterschiede gerechtfertigt? Kann man mit den Preisen seine Kosten decken?
Genau das ist das Problem. Wenn ich wirklich meine Friseure gut bezahlen will und dem Mindestlohn gerecht werden will oder darüber hinaus, muss ich eigentlich auf einen Stundensatz kommen von 100 Euro in der Stunde. Und da reden wir nicht von ‘Das ist der Luxus-Friseur’, sondern das, finde ich, sollte der Standard sein, dass jeder Friseur einfach gut leben kann, was ein normales Gehalt sein sollte. Wenn wir uns dann in Deutschland die ganzen Friseure angucken, haben die meisten irgendwelche Dumpingpreise, wo ich mir die Frage stelle: Wenn ich alleine meinen Taschenrechner nehme und ich denke, ich bin sehr, sehr ordentlich in meiner Buchhaltung und sehr gut aufgestellt, was meine Finanzlage angeht, kann das nicht aufgehen. Das heißt, entweder wird da ganz viel Schwarzgeld verdient oder die Leute werden eben irgendwie nicht ordentlich bezahlt.”
Wie viel Trinkgeld erwartet man im Salon?
Ich finde, es ist ganz unterschiedlich. Wir sind tatsächlich ein Salon, wo eigentlich alles elektronisch abläuft. Die meisten Kunden zahlen bei uns mit Kreditkarte, mit Karte. Und es ist von… bis… alles dabei. Man merkt schon, wenn wir Kunden haben, die aus Amerika sind, die haben so ihren Standard, die sagen: ‘Ja 20 Prozent, easy’ oder die Australier, die sind auch echt da super, weil die das so eingebrannt haben. Und am Ende des Tages ist es mal so und mal so.”
“Ich kann aber auch verstehen, wenn jemand sagt: ‘Hey, fünf Euro oder zwei Euro. Also ich bin wirklich dankbar für alles und erwarte jetzt nicht, dass man mir immer einen gewissen Prozentsatz gibt oder so, weil das einfach auch viel Geld ist und ich auch selber weiß, wie das in Phasen ist, wo man sich das echt zusammenkratzen muss.”
Die Antworten zu diesen und weiteren Fragen finden Sie hier oder oben im Video.
- Eigenes Interview