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Benefit of the doubt: Das ist die Bedeutung des Sprichworts


Altes Sprichwort
"Benefit of the doubt": Bedeutung und Anwendung

Von t-online, sbl

27.06.2025 - 12:36 UhrLesedauer: 3 Min.
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Mittelterliche Rechtssprechung: Möglicherweise leitet sich der Ausdruck "Benefit of the doubt" aus dieser Zeit ab ab. (Quelle: IMAGO / Ralph Peters)
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Der englische Ausdruck "Benefit of the doubt" begegnet einem auch in Deutschland häufig. Doch was steckt dahinter und wann wird er verwendet?

Ob Missverständnisse oder vorschnelle Urteile – es ist oft schwierig, anderen Menschen gerecht zu werden. Manchmal fehlen wichtige Informationen über eine Situation oder die Beweggründe einer Person. Genau hier kommt das Sprichwort "Benefit of the doubt" ins Spiel, das sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld auch in Deutschland regelmäßig verwendet wird.

Wörtliche Bedeutung und Definition des Ausdrucks

Wörtlich lässt sich "Benefit of the doubt" mit "Vorteil des Zweifels" übersetzen. Gemeint ist damit: Eine Person bekommt trotz möglicher Zweifel einen Vertrauensvorschuss. In der deutschen Sprache findet sich keine direkte Entsprechung – inhaltlich am nächsten kommt "Im Zweifel für den Angeklagten" oder "Jemandem glauben, solange nichts Gegenteiliges bewiesen ist".

Im Kern beschreibt der Ausdruck die Bereitschaft, einer Person in einer unklaren oder zweideutigen Situation wohlwollend zu begegnen. Anstatt automatisch das Schlechteste anzunehmen, entscheidet man sich bewusst dafür, der betreffenden Person zu vertrauen oder deren Handlungen positiv zu interpretieren.

Der Ursprung des Begriffs

Wann der Begriff genau das erste Mal verwendet wurde, ist nicht bekannt. Der Ausdruck "Benefit of the doubt" kann in unterschiedlichen Kontexten entstanden sein. Eine Erklärung ist, dass es biblischen Ursprungs ist. Möglicherweise entstammt es auch der mittelalterlichen Rechtssprechung.

Möglicher biblischer Ursprung

Manche sehen den Ursprung dieser Haltung in der Bibel, konkret in Matthäus 7,1–5, wo Jesus dazu aufruft, andere nicht zu verurteilen, um selbst nicht gerichtet zu werden: "Urteilt nicht über andere, damit Gott euch nicht verurteilt."

Dieser Gedanke beinhaltet, anderen zunächst mit Nachsicht und Vertrauen zu begegnen, statt vorschnell zu urteilen – also im Zweifel das Gute im Menschen zu sehen. Auch wenn die Bibel den Begriff nicht direkt verwendet, lässt sich daraus ein ethischer Impuls zum "Zweifelsvorteil" ableiten.

Möglicher rechtlicher Ursprung im Mittelalter

Der Begriff lässt sich auch bis ins mittelalterliche Rechtssystem zurückverfolgen. So wurden etwa in bestimmten Gerichtsverfahren keine eindeutigen Beweise verlangt – stattdessen mussten Angeklagte auf ihre Ehre schwören, dass sie unschuldig seien.

Ohne eindeutige Beweise oder glaubwürdige Zeugen wurde ihnen Glauben geschenkt. Dieses Vorgehen, das uns heute unzureichend erscheinen mag, bedeutete damals tatsächlich einen gewissen "Vorteil des Zweifels", da eine Verurteilung ohne handfeste Beweise nicht erfolgen konnte.

Angelsächsisches Recht und das Frankpledge-System

Im angelsächsischen England entwickelte sich vom Früh- bis ins Hochmittelalter ein System namens "Frankpledge". Dabei übernahmen Gruppen von zehn Familien gegenseitig Verantwortung für das Verhalten ihrer Mitglieder. Wenn eine Person ein Verbrechen beging, konnte die gesamte Gruppe zur Rechenschaft gezogen werden.

Um dieses System aufrechtzuerhalten, war Vertrauen essenziell. Mitglieder mussten einander im Zweifelsfall vertrauen – sie gaben sich also buchstäblich den Vorteil des Zweifels, solange keine klaren Beweise vorlagen.

Irish Treason Trials

Irland befand sich wie viele andere Länder sehr lange unter britischer Herrschaft. Durch die Französische Revolution ermutigt schlossen sich 1791 Iren unterschiedlicher Konfessionen zusammen und gründeten das Irische Parlament. In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu rebellischen Aufständen. 1798 wurden die Rebellen schließlich bezwungen und ihnen wurde der Prozess gemacht.

Die Phrase "Benefit of the doubt" soll als feststehender Rechtsbegriff so in den Prozessen von 1798 genutzt worden sein. Der Richter musste sich also sicher sein, dass der Angeklagte schuldig war, sonst konnte er ihn nicht verurteilen.

Heute wird es im Alltag benutzt, wenn zum Beispiel jemandem Glauben geschenkt wird, obwohl nicht sicher ist, ob er die Wahrheit sagt – aus einer Haltung des Vertrauens oder der Fairness heraus.

In welchem Kontext wird der Ausdruck verwendet?

"Benefit of the doubt" findet vor allem im zwischenmenschlichen Umgang Anwendung – sei es in Freundschaften, im Berufsleben oder auch in rechtlichen Situationen. Wer etwa zu spät kommt, aber beteuert, im Stau gestanden zu haben, dem kann man den "Benefit of the doubt" gewähren: Man glaubt ihm – auch ohne Beweise.

In der Arbeitswelt kann das bedeuten, dass man Mitarbeitenden keine Absicht unterstellt, wenn etwas schiefgeht. In Beziehungen wiederum stärkt eine solche Haltung das Vertrauen und den respektvollen Umgang miteinander.

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Welche soziale und kulturelle Bedeutung hat der Begriff?

"Benefit of the doubt" fördert ein konstruktives Miteinander und kann zwischenmenschliche Spannungen reduzieren. Es zeigt emotionale Reife und die Fähigkeit, auch in unklaren Situationen besonnen zu reagieren. Gleichzeitig sollte diese Haltung jedoch nicht zur naiven Gutgläubigkeit werden – ein gesundes Maß an Vorsicht bleibt angebracht.

Was "Benefit of the doubt" über uns verrät

Die Popularität von "Benefit of the doubt" verweist auf ein Ideal: Menschen wünschen sich, dass andere ihnen mit Vertrauen begegnen – besonders in unsicheren Situationen. Eine Gesellschaft, in der der Ausdruck oft verwendet wird, zeigt, dass sie Wert auf Nachsicht, Offenheit und Empathie legt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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