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Erziehung: Wie Eltern "Machtkämpfe" mit ihrem Kind vermeiden


Terrorzwerge
Wie Eltern "Machtkämpfe" mit ihrem Kind vermeiden

t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli

Aktualisiert am 30.01.2015Lesedauer: 4 Min.
Bei einem Machtkampf zwischen Eltern und Kindern gibt es keine Gewinner.Vergrößern des BildesBei einem Machtkampf zwischen Eltern und Kindern gibt es keine Gewinner. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Für Eltern sind Machtkämpfe mit ihrem Nachwuchs oft eine Gratwanderung: Einerseits wollen sie ihrem Kind nicht zu autoritär ihren Willen aufzwingen, andererseits funktioniert das Zusammenleben aber eben nur mit gewissen Regeln, an die sich alle halten sollten. Doch was ist zu tun, wenn die kleinen "Dickschädel" partout nicht so wollen, wie Mama und Papa es sich vorstellen? Eine Expertin gibt Tipps, wie in stressigen Situationen nervige und fruchtlose Auseinandersetzungen so weit wie möglich vermieden werden können.

Tränenüberströmt und schreiend steht der zweijährige Tim seit einer gefühlten Ewigkeit vor dem Schrank, wo seine Mama die Süßigkeiten-Box aufbewahrt. "Ich will Schoko", brüllt er immer wieder in der Endlosschleife, schmeißt sich schließlich trotzig auf den Boden und will sich gar nicht mehr beruhigen. Die meisten Eltern kennen wahrscheinlich solche lautstarken Stressmomente mit ihren Sprösslingen und sind dann nicht nur genervt, sondern auch einigermaßen ratlos, wenn es darum geht, wie ein solcher "Machtkampf" zu lösen ist, ohne gleich nachzugeben.

Regeln mit liebevoller Zuwendung vermitteln

Für Diplompädagogin Gabriele Gebhardt sollten solche Konflikte eigentlich gar nicht als Machtkämpfe ausgefochten werden. Gegenüber der Elternredaktion von t-online.de sagt sie: "Dieser Ausdruck ist eigentlich nicht passend. Denn Machtkämpfe setzen immer voraus, dass eine von zwei Parteien am Ende siegt. Doch in der Erziehung geht es nicht darum, zu gewinnen oder zu verlieren oder gar darum, den Willen des Kindes zu brechen. Es geht vielmehr darum, seinem Nachwuchs mit liebevoller Zuwendung, aber konsequent bestimmte Regeln zu vermitteln."

Egozentrisch und impulsiv in der Trotzphase

Wie schwierig es jedoch sein kann, dieses pädagogische Credo in der Praxis umzusetzen, erfahren Eltern meist zum ersten Mal in der sogenannten Autonomiephase ihres Kindes, in der sich auch gerade Schokoliebhaber Tim befindet. In dieser Zeit, die sich zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr entwickelt, versuchen die Kleinen zum ersten Mal Grenzen auszutesten. Sie reagieren dabei meist ausgesprochen impulsiv und bockig, denn sie können ihre Gefühle noch nicht steuern.

"Viele Eltern fühlen sich durch solche Ausbrüche zunächst ziemlich verunsichert", erklärt Expertin Gebhardt. "Doch sie müssen sich bewusst machen, dass ihre Kinder nicht absichtlich so agieren, um sie zu ärgern. Die Kleinen haben nämlich in dieser sensiblen Altersstufe noch keine Empathie und verhalten sich deshalb egozentrisch, wollen ihren Willen durchsetzen. Solche Wutanfälle müssen erfahren werden, denn sie sind wichtige Entwicklungsschritte zu einem gesunden Selbstbewusstsein." Erst in den darauffolgenden Jahren lernten Kinder, sich in andere hineinzuversetzen und so auch auf die Befindlichkeiten etwa ihrer Eltern einzugehen.

Negative Zuwendung durch Schimpfen

Aber wie sollen Väter und Mütter im konkreten Fall mit den "rebellierenden Ego-Minis" umgehen und wie können die Wogen dann geglättet werden? Dazu müsse es eigentlich gar nicht unbedingt kommen, wenn die Eltern in der jeweiligen Situation berücksichtigten, dass Verbote meist den Konflikt noch mehr hochschaukelten, weiß Gebhardt: "Denn durch Schimpfen erfahren die Kinder negative Zuwendung mit der Folge, dass sie mit ihrem 'Spiel' weitermachen. So fördert man genau das, was man eigentlich vermeiden wollte."

Reizarme Situationen schaffen und "Nein" nur sparsam einsetzen

Deshalb ist es am besten, wenn Eltern versuchen, mit ihrem "Nein" bewusst sparsam umzugehen, es nur bei wichtigen "Anlässen" benutzen und so von vorneherein reizarme Situationen schaffen. "Wenn genervte Eltern reflexartig ständig 'Nein' sagen, können sie davon ausgehen, dass ihnen dann von ihrem Sprössling ein 'Nein' entgegengesetzt wird", erklärt die Pädagogin. Taktisch besser sei es, das Kind positiv zu bestärken, wie zum Beispiel: "Ja, du bekommst eine Süßigkeit, aber nach dem Essen", oder "Ja, du darfst noch zwei Sandförmchen backen, aber dann gehen wir vom Spielplatz nach Hause."

An Situationen mit Konfliktpotenzial positiv heranzugehen, ist auch bei älteren Kindern wirkungsvoll, wenn etwa der schlecht gelaunte Sprössling von der Schule kommt und seinen Ranzen als Stolperfalle in den Flur schmeißt. "Hier ist es völlig kontraproduktiv, gleich loszubrüllen und beispielsweise den Vorwurf‚ 'Immer lässt du deine Tasche im Weg rumliegen', auszusprechen", erklärt Expertin Gebhardt. "Viel sinnvoller ist es, ohne abwertend zu sein, einfach sachlich und ruhig zu sagen, was einen stört und warum man sich ärgert. Das lässt erst gar keinen Gegenwind aufkommen."

Wichtige Regeln sind nicht verhandelbar

Solche Strategien sind in konkreten Situationen allerdings nur dann sinnvoll, wenn Kinder bestimmte wichtige Regeln gelernt haben. So müsste völlig klar sein, erläutert die Diplompädagogin, dass es nicht verhandelbar ist, etwa abends zu einer bestimmten Uhrzeit schlafen zu gehen. Aber Eltern könnten dem Kind hier die Möglichkeit geben, die Situation mitzugestalten und ihm zum Beispiel vorzuschlagen: "Bevor du gleich schläfst, kannst du dir aussuchen, ob wir zuerst ein Lied singen oder eine Geschichte lesen."

Kooperationsmöglichkeiten geben

Auch beim Arztbesuch müsste sich das Kind darüber bewusst sein, dass eine Impfung mit Spritze nicht zu umgehen ist. Doch es sollte auch hier die Gelegenheit haben, mitzubestimmen, wo es beispielsweise sitzen will oder wer seine Hand halten darf. "Auf diese Weise wird eine positive Atmosphäre geschaffen", kommentiert die Expertin weiter. "Das Kind ist kooperativ, fühlt sich respektiert, weil es etwas bewirken und mitentschieden kann. Eine Auseinandersetzung bleibt so wahrscheinlich aus."

Kinder brauchen also immer einen von den Eltern und vom sozialen Umfeld konsequent vorgelebten Rahmen, in dem sie sich bewegen können. Innerhalb dieses Rahmens des Zusammenlebens, der sich mit zunehmenden Alter erweitert und in jeder Familie in seinen Regeln und Grenzen variiert, sollten sie die Option haben, in Alltagssituationen mit zu entscheiden und sich einzubringen. "Wenn Kinder dieses Prinzip früh lernen und etwa bis zum achten Lebensjahr verinnerlicht haben, entsteht eine stabile Basis, die auch dabei hilft, dass es in der Pubertät weniger Diskussionen und Probleme gibt", weiß Gebhardt.

Kinder wachsen auch an Konflikten

Trotz aller pädagogisch wertvollen Rezepte werden nervige Debatten zwischen den Generationen jedoch nicht ausbleiben. Und das sei auch in Ordnung so, meint Gebhardt: "Kinder wachsen auch an Konflikten, wenn sie so gelebt werden, dass eine Waage, eine Win-Win-Situation entsteht, bei der der Nachwuchs sowohl die eigenen Grenzen als auch die der anderen sieht und respektiert." Speziell Eltern rät sie für stressige Momente mit den Sprösslingen, vor allem Ruhe zu bewahren, nervige Momente einfach auszuhalten und ihnen dabei so weit wie möglich mit einer gehörigen Portion Humor, aber nie mit Ironie zu begegnen.

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